Denkmal Schumacher leidet unter chinesischem Fiasko
Nach der größten Blamage seiner Formel-1-Karriere hat Michael Schumacher keine Lust mehr - 2006 will er wieder voll durchstarten
(Motorsport-Total.com/sid) - Er joggte fast so lange wie er fuhr, und seine beiden kuriosen Unfälle ließen den siebenfachen Weltmeister Michael Schumacher wie einen Formel-1-Anfänger aussehen: "Vielleicht bringt das verrückte Ende unsere misslungene Saison auf den Punkt", sagte der Champion, ehe er sich nach dem WM-Finale in Schanghai so schnell wie möglich aus dem Staub machte. "Ich will einfach nur noch nach Hause."

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Ein letztes Mal Erklärungsbedarf, dann geht es für "Schumi" ab in den Urlaub...
Schon auf dem Weg zur Startaufstellung begann das Desaster, als Schumacher ohne Vorwarnung plötzlich nach links zog und der Minardi-Cosworth des Niederländers Christijan Albers mit hohen Tempo in das Heck des Ferrari krachte: "Ich wollte meine Reifen anwärmen, plötzlich hat es einen Schlag getan, und da kam jemand angeflogen", sagte Schumacher und meinte zerknirscht: "Ich gehe davon aus, dass ich eine Mitschuld hatte." Die FIA sah ihn als einzig Schuldigen und verwarnte den Kerpener offiziell.#w1#
Sein schrottreifer Ferrari qualmte, und der 36-Jährige joggte zum ersten Mal zurück in die Box. Dort wurde flugs der Ersatzwagen bereit gemacht, doch statt von Startplatz sechs musste der Kerpener aus der Boxengasse losfahren. So dümpelte er im Hinterfeld zwischen den langsamen Minardi-Cosworths und Jordan-Toyotas herum. Die Safety-Car-Phase spülte ihn auf Platz zehn, doch dann passierte ihm in Runde 23 das zweite Missgeschick: Bei langsamem Tempo verbremste sich der entthronte Champion, kreiselte über die Piste und blieb im Kiesbett liegen. Der einstmals beste Pilot der Welt wurde erneut zum Fußgänger.
"Die Reifen waren stark abgenutzt, das ist wie auf Eis. Das hat gereicht, um den Dreher einzuleiten", berichtete Schumacher und tröstete sich selbst: "Wahrscheinlich wäre ich sowieso nicht ins Ziel gekommen." Im Fahrerlager wurde über ihn geschmunzelt, aber öffentlich wollte niemand über die lebende Legende spotten: "Ich habe es nicht gesehen", meinte Mercedes-Sportchef Norbert Haug. Und Teamchef Peter Sauber sagte: "Ich habe so viele Kommentare darüber gehört, dass ich lieber nichts dazu sage."
Ferrari-Technikchef Ross Brawn fand die Zwischenfälle "ziemlich seltsam", und will schnellstens daran arbeiten, dass Ferrari nicht nur Lachnummer wird: "Niemand bei uns hat diese Saison genossen." Selbst Schumacher fand es komisch, dass er die Pleitensaison mit nur einem Sieg beim Skandalrennen in Indianapolis mit den Plätzen drei in der Fahrer- und Markenwertung beendete.
Obwohl das Denkmal Schumacher ein wenig bröckelt, will der schnellste Deutsche das Autofahren auch nach seinen traumatischen Erlebnissen nicht vorzeitig aufgeben: "Ich werde Mitte nächsten Jahres mitteilen, ob ich nach 2006 weiterfahre", erklärte er. "Viele haben mich gestern gefragt, wie lange ich brauchen würde, um nach einer solch verkorksten Saison die Lust am Fahren wieder zu finden. Ganz einfach: Nach einer solchen Saison ist die Lust eher noch größer! Dann will man umso mehr angreifen und wieder vorne mitfahren."
Auf seiner Internetseite gab er sich jedenfalls kämpferisch: "Dieses Team ist und bleibt einfach klasse", so der 36-Jährige. "Wie all unsere Jungs an der Strecke oder in der Fabrik das gesamte Jahr hindurch geschuftet haben, davor muss man den Hut ziehen, denn sie haben sich nie entmutigen lassen. Daher bin ich auch zuversichtlich für das nächste Jahr, denn mit dieser Truppe kann man nicht verkehrt liegen. Wir haben eine neue Herausforderung - und wir alle freuen uns auf sie. Ein großes Dankeschön ihnen allen!"

