Daten Monaco-Freitag: Ferrari dominiert, aber Red Bull mit Ass im Ärmel!

Nach dem Trainingsfreitag der Formel 1 in Monaco ist Ferrari-Pilot Charles Leclerc der Favorit, doch von Red Bull wird noch einiges kommen: Das sagen die Daten!

(Motorsport-Total.com) - Mit Bestzeit im zweiten Freien Training zum Großen Preis von Monaco macht Ferrari-Pilot Charles Leclerc den Zuschauern Mut auf seinen ersten Heimsieg im Fürstentum. Der Monegasse war dabei im repräsentativeren zweiten Freien Training gleich über eine halbe Sekunde schneller als Max Verstappen im Red Bull, doch wie realistisch ist das? Mit Hilfe unseres Technologiepartners PACETEQ haben wir uns alle Daten des Freitags genau angesehen!

Titel-Bild zur News: Charles Leclerc

Charles Leclerc dominiert in Monaco, doch Red Bull könnte noch ein Ass im Ärmel haben Zoom

Aufgrund der Überholproblematik auf dem engen Stadtkurs sind die sonst so wichtigen Longruns am Ende der Session gar nicht so entscheidend, weshalb wir zunächst auf die Daten der Qualifying-Simulationen schauen. Und da fällt auf: keiner konnte mit Charles Leclerc mithalten.

Der 26-Jährige fuhr im zweiten Training in allen drei Sektoren Bestzeit, doch zusammenbekommen hat er sie nicht. Addiert man seine besten Abschnitte, so würde eine Zeit von 1:11,004 zu Buche stehen, die damit um etwa zweieinhalb Zehntel schneller wäre als seine tatsächliche Bestzeit von 1:11,278. Ferrari scheint also sogar noch Luft nach oben zu haben.

Wie in Imola: Hält Red Bull noch Motorleistung zurück?

Von Red Bull kann man das allerdings auch behaupten. Auf Leclercs Bestzeit fehlten Max Verstappen 0,535 Sekunden, die er gleichmäßig in allen Sektoren verloren hat. Beim Blick auf die Telemetriedaten, mit Hilfe der Datenanalyseseite F1 Tempo, fällt jedoch auf, dass der Niederländer auf den Geraden 0,332 Sekunden auf den Ferrari-Piloten einbüßt.

Das ist insofern ungewöhnlich, da Red Bull im Saisonschnitt knapp nach Haas den besten Topspeed in der Geschwindigkeitsmessung vorweist. Zudem fahren alle Teams in Monaco normalerweise mit dem größtmöglichen Abtriebslevel, sodass der Unterschied eigentlich nicht auf ein unterschiedliches Set-up zurückzuführen sein kann.

Schon vor einer Woche in Imola war der RB20 am Freitag auf den Geraden nicht schnell, um dann am Samstag und Sonntag in dieser Wertung wieder ganz vorne mit dabei zu sein. Gut möglich also, dass Red Bull gegenüber Ferrari noch eine halbe Sekunde in Sachen Motorleistung zurückgehalten hat. Dann wären Verstappen und Leclerc ungefähr auf Augenhöhe.

In den Longruns zum Ende des zweiten Freien Trainings hat sich das gleiche Bild gezeigt. Dort fuhr im Schnitt Carlos Sainz die schnellsten Runden, während Max Verstappen 0,42 Sekunden pro Runde fehlten. Doch in der Geschwindigkeitsmessung vor der Hafenschikane blieb Red Bull mit großem Abstand das langsamste Team, sodass auch mit viel Sprit beide Teams relativ nah beieinander liegen könnten.

Mercedes mit bestem Freitag der Saison, was ist mit McLaren?

Im Verfolgerfeld konnte Mercedes mit Platz zwei für Lewis Hamilton (+0,188) im zweiten Freien Training ein Ausrufezeichen setzen. Ganz überraschend kam die starke Mercedes-Pace aber nicht, da sich bereits in Bahrain zu Saisonbeginn gezeigt hat, dass der W15 in den langsamen Kurven gut zu funktionieren scheint. Seitdem gab es aber nur noch Strecken mit überwiegend schnellen und mittelschnellen Kurven.

Doch für Mercedes lief am Monaco Freitag nicht alles glatt. In den Longruns hatte man nämlich arge Probleme mit dem Graining der Reifen, sodass beiden Fahrer komplett chancenlos gegen die Pace der Ferraris an der Spitze blieben. Durchschnittlich fehlten Lewis Hamilton und George Russell über eine Sekunde pro Runde.

Das Mercedes-Kundenteam, McLaren, hat sich nach den starken Wochenenden in Miami und Imola aber noch schwerer getan. Auf den Geraden ist man leicht schneller als Ferrari, doch insbesondere in den Scheitelpunkten und Traktionsphasen verliert der MCL38. Scheinbar ist nicht genug mechanischer Grip vorhanden. Auf der Qualifying-Simulation fehlten auf Ferrari 0,675 Sekunden, im Longrun betrug der Rückstand 0,44 Sekunden pro Runde.

Mittelfeld: Aston-Pace schmeichelhaft, Racing Bulls vor großer Überraschung

Schaut man auf die Zeitentabelle, dann scheint Aston Martin ziemlich weit oben in der Hackordnung zu liegen, doch der Schein könnte trügen. Zum einen ist das Team aus Silverstone in der Topspeed-Wertung weit oben, was die Vermutung zulässt, dass man den Mercedes-Motor schon weit aufgedreht hat, zudem könnte auch schon relativ wenig Sprit im AMR24 drin gewesen sein.

Ein Indikator dafür sind die Longruns am Ende der Session, wo sich die Teams in Sachen Spritmenge üblicherweise deutlich näher sind als bei den Qualifyingläufen zu Beginn. Dort war aber kein Team langsamer als Aston Martin. Im Schnitt fehlten Fernando Alonso in seiner Rennsimulation 1,73 Sekunden pro Runde auf Ferrari und auch das Reifenmanagement sah nicht gut aus. Das könnte allerdings auch die gute Pace auf eine Runde erklären, da man die Reifen schnell ins Temperaturfenster bekommt.


Für das Qualifying am Samstag sollte man auf jeden Fall Racing Bulls auf dem Zettel haben. Yuki Tsunoda (+1,071) und Daniel Ricciardo (+1,299) setzten zwar nur die elft-, beziehungsweise sechzehntschnellste Zeit, doch das machten sie auf den Medium-Reifen. Racing-Bulls-CEO Peter Bayer sagte bereits während der Session bei Sky, dass der Sprung von Medium auf Soft noch einmal eine halbe Sekunde wert sein könnte, was Tsunoda auf Platz fünf spülen würde.

In der Vergangenheit hat sich zudem immer wieder gezeigt, dass die Autos aus Faenza in langsamen Kurven ihre größte Stärke haben. Schon vor einigen Jahren konnte Pierre Gasly in Monaco und Baku immer wieder Top-Resultate erzielen, was auch für 2024 ein gutes Omen sein sollte.

Was geht für Alpine, Haas, Williams und Sauber?

Im hinteren Mittelfeld hätte man nach dem Monaco-Podestplatz von Esteban Ocon im Vorjahr mit Alpine rechnen können, doch am Freitag hat das französische Werksteam noch nicht mit Fabelzeiten auf sich aufmerksam gemacht. Ocon wurde 14. (+1,276), Gasly 17. (+1,472), doch immerhin war der Longrun von Ocon sehr konkurrenzfähig. Dem Franzosen fehlten nur 0,54 Sekunden pro Runde auf Carlos Sainz.

Die große Trumpfkarte von Haas ist der Qualifyingspezialist Nico Hülkenberg, doch der Deutsche setzte im zweiten Training sogar eine langsamere Zeit (+1,291) als sein Teamkollege Kevin Magnussen (+1,195). Die Longruns des amerikanischen Team waren auch eher mittelmäßig, was zur historisch eher schlechten Haas-Pace in Monaco passt.

Alexander Albon im Williams schaffte es hingegen in die Top 10 (+0,979), doch es ist davon auszugehen, dass das Team aus Grove angesichts der Medium-Zeiten von Racing Bulls zurückfallen wird. Das Auto ist noch etwa 15 Kilogramm zu schwer, was in den langsamen Kurven schmerzt, wo man ein wendiges Fahrzeug braucht. Hinzu kamen riesige Graining-Probleme mit den Reifen in den Longruns, ähnlich wie bei Mercedes, weshalb man eher nicht mit Punkten rechnen sollte.

Wie Racing Bulls hat auch Sauber keine Zeit im zweiten Training auf den Soft-Reifen gesetzt, was die Plätze 19 (+1,779) und 20 (+2,495) für Valtteri Bottas und Guanyu Zhou erklärt. Im direkten Vergleich zum italienischen Team ist dadurch aber klar zu sehen, wie viel Pace Sauber dennoch fehlt. Der Longrun von Bottas war auf einem soliden Niveau mit Alpine, Teamkollege Zhou fehlt hingegen noch komplett das Vertrauen, sowohl auf eine, als auch auf mehreren Runden.

Wegen Überholproblematik: Kuriose Strategien am Sonntag zu erwarten

Zwar hatten einige Teams in den Longruns Probleme mit den Reifen, da vor allem das Graining auf dem glatten Asphalt zur Schwierigkeit wird, dennoch hat sich der Reifenverschleiß historisch als sehr gering im Fürstentum gezeigt. Hochsimuliert wäre laut den Daten von PACETEQ die Einstoppstrategie Medium-Hard der schnellste Weg ins Ziel, doch alle anderen Einstoppvarianten sollten auch möglich sein.

Für die Piloten am vorderen Ende der Startaufstellung wird es Sinn machen, auf dem Medium zu starten, um sich strategische Optionen offen zu halten. Man kann davon ausgehen, dass der führende Fahrer das Feld künstlich einbremsen wird, damit sich nach hinten keine Undercut-Szenarien ergeben. Von den ersten Plätzen mit dem Soft zu starten wäre daher ein großes Risiko, da man aufgrund des Reifenabbaus relativ früh zur Box müsste, es aber kein freies Fenster gibt.

Im hinteren Feld könnte es dafür zu kuriosen Strategien kommen, da Streckenposition und freie Fahrt absolut essenziell sind. Wie schon im Vorjahr gesehen könnte man auf dem Soft starten, in Runde eins zur Box für den harten Reifen kommen, und ein Undercut gegen das komplette Feld fahren. Der harte Reifen kann 77 Runden überstehen.

Das Gegenteil ist auch möglich: Start auf den harten Reifen, ewig auf der Strecke draußen bleiben und den Overcut fahren. Sollten sich durch die ganzen Undercuts im hinteren Feld Staus ergeben, könnte der Overcut der goldene Schachzug werden. Ein spätes Safety-Car oder eine rote Flagge wäre die Kirsche auf der Torte. In acht der den letzten zehn Monaco-Rennen gab es entweder ein virtuelles oder volles Safety-Car.

So oder so: das Rennen am Sonntag wird ganz im Zeichen der Überholproblematik stehen, was taktische Spielereien ermöglicht. Mit durchschnittlich 9,5 Überholmanövern pro Rennen in den letzten zehn Veranstaltungen, ist das Überholen auf keiner Strecke schwer wie in Monaco. Eine ausführliche Analyse des Monaco-Freitags gibt es übrigens auch auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de mit Host Kevin Scheuren, Chefredakteur Christian Nimmervoll und Datenexperte Kevin Hermann.