• 24.05.2024 21:46

  • von F.Hackbarth, Co-Autoren: J.Noble, R.Vording

Norris freut sich über Druck auf Red Bull: "Es ist an der Zeit"

McLaren heizt Red Bull zusehends ein - wenngleich in Monaco Ferrari der Favorit scheint, freut sich Lando Norris über die Entwicklung: WM damit weit offen?

(Motorsport-Total.com) - Endlich wieder Spannung in der Formel 1: Miami war kein Selbstläufer für Max Verstappen, Imola trotz des Sieges auch nicht - und nach dem Trainingstag in Monaco sieht es so aus, als müsste sich der Niederländer auch im Fürstentum gewaltig strecken, soll es für die so wichtige Pole am Samstag oder den Sieg am Sonntag reichen.

Titel-Bild zur News: McLaren ist am Wochenende in Monaco im speziellen Senna-Look unterwegs

McLaren ist am Wochenende in Monaco im speziellen Senna-Look unterwegs Zoom

Lando Norris, in den vergangenen Wochen so etwas wie Verstappens Herausforderer Nummer eins, findet mit Blick auf den WM-Spitzenreiter: "Es ist an der Zeit, dass ihn mal jemand unter Druck setzt und er seine Nerven wieder spürt, denn ich bin sicher, das hatte er lange nicht."

Allein, in Monaco kommt der größte Druck am Freitag nicht zwingend von McLaren, sondern eher von Ferraris Charles Leclerc. Die Pace des Lokalmatadors nötigt auch Norris Respekt ab. "Es war ein vernünftiger erster Tag, aber gegenüber Charles und dem Ferrari fehlt uns definitiv bisschen was, vielleicht auch gegen Mercedes - die Mercedes sehen auch sehr schnell aus", so die erste Einschätzung des Briten.

Was Norris insgesamt aber positiv stimmt: "Alle sind enger beisammen, weil es einfach ein kurzer Kurs ist, auch etwas abnormal. Wir sind vorne dabei, müssen aber noch was finden. Ich denke, es wird schwierig morgen, aber wir sind im Kampf." Zu den Plätzen vier und fünf reicht es für Norris am Freitag, Teamkollege Piastri wird zum Auftakt Zweiter, in Session zwei aber nur Zwölfter.

"Erster oder Achter": Alles möglich im Qualifying

Das Ergebnis klingt jedoch dramatischer als es ist, denn der Australier zieht als einziger Top-Pilot bei seinem schnellsten Run keine roten Reifen auf. "Wir sind schon im ersten Training mit weichen Reifen gefahren und man bekommt nur eine bestimmte Anzahl pro Wochenende, um zu versuchen das Quali morgen vorzubereiten", sagt Piastri.

"Außerdem dachten wir zu der Zeit, dass es eine große Wahrscheinlichkeit für Regen im zweiten Training gibt, deswegen wollten wir früh ein paar Runs auf den weichen Reifen hinkriegen", verrät der McLaren-Pilot und glaubt: "Wenn man das bedenkt, war es ein anständiger Tag. Ferrari sieht schnell aus, Red Bull gut, Mercedes sieht bis dato dieses Wochenende auch viel stärker aus. Es ist sehr eng an der Spitze, aber es war insgesamt ein guter Tag."

Zeigen Lando Norris und McLaren der Konkurrenz in Monaco die Rücklichter?

Zeigen Lando Norris und McLaren der Konkurrenz in Monaco die Rücklichter? Zoom

Obwohl Piastri das ein oder andere Mal verdammt nah am Limit und den Mauern ist: "Es ist schon cool hier, definitiv. Ich bin zufrieden damit, wie ich heute gefahren bin, die paar kleinen Berührungen an der Mauer mal außen vor gelassen", grinst er nach den Sessions und gibt an, von nun an nur noch "mit den Wänden flirten" zu wollen, anstatt diese zu berühren.

Mit Blick aufs Qualifying sei am Samstag alles möglich: "Ehrlich gesagt, wir können Erster sein oder auch Achter", glaubt Piastri. "Selbst Aston sieht ganz anständig aus, Alonso sieht gut aus. Von Platz eins bis zehn ist alles drin, das weiß man nie. Es war heute zwischen allen sehr, sehr eng." Der McLaren-Pilot findet: "Es ist sehr aufregend, weil es in den Händen des Fahrers liegt. Viele schnelle Autos da draußen, wer also die Runde perfekt erwischt, ist wahrscheinlich am Ende auf der Pole."

Norris: Langsame Kurven eigentlich McLarens Schwäche

Damit das allerdings klappen kann für McLaren, ist laut Teamkollege Norris noch etwas Feintuning nötig: "Was du hier vor allem haben willst, ist Grip in den langsamen Ecken, also die Balance zu verändern, um eine gute Balance zu finden, die da etwas hilft. Und auch Fahrbarkeit: Je besser das Auto über die Bodenwellen ist und je weicher, desto besser kannst du es auch spüren."

Dabei weiß der Brite: "Es ist aber immer ein Tauschgeschäft: Wenn du das zu sehr versuchst, verlierst du insgesamt Performance und umgekehrt. Es ist kompliziert. Wir haben heute einige Dinge versucht, hoffentlich verstehen wir es heute Nacht und können uns für morgen weiter steigern."

Allgemein könnte McLaren in Monaco allerdings etwas limitiert sein, denn Norris hat nicht vergessen: "Die langsamen Passagen sind immer noch unsere größte Schwäche." Der Brite verrät: "Auch in Imola war Kurve sieben zum Beispiel, also die Schikane, unsere schlimmste Kurve", wenngleich er abfedert: "Da reden wir vielleicht über ein halbes Zehntel."

Guter Dinge: Oscar Piastri und Lando Norris rechnen sich im Fürstentum was aus

Guter Dinge: Oscar Piastri und Lando Norris rechnen sich im Fürstentum was aus Zoom

"Aber in Monaco ist das ganze Set-up auf langsam ausgerichtet, sonst nichts. Das könnte uns eventuell nicht so sehr in die Karten spielen wie auf manch anderen Strecken", so Norris, der sich zudem erinnert: "Letztes Jahr war es hier in Monaco auch nicht unser bestes Rennen mit der Performance. Aber wir waren hier auch nicht generell immer schlecht, und wir haben uns seitdem viel verbessert."

Allgemein sei McLaren anno 2024 eine andere Hausnummer, wie sich in den letzten Wochen gezeigt habe: "Ich bin zuversichtlich, dass wir ein gutes Resultat haben können, denn wir waren die letzten Wochen im Kampf gegen Ferrari und Red Bull viel wettbewerbsfähiger", so Norris, der allerdings trotzdem warnt: "Weil es hier so anders ist, kann es ganz schnell in die eine oder auch in die andere Richtung gehen." Vor allem im Qualifying: "Wenn du durch einen Fehler ein oder zwei Zehntel verlierst, kann dir das hier schnell das ganze Wochenende versauen. Man muss also sehr fokussiert bleiben, weil es so eng ist."

Eng war es vor einer Woche auch in Imola, zumindest am Ende des Rennens: Ärger über die knappe Niederlagen gegen Verstappen habe er seitdem aber keinen verspürt, erklärt Norris gegenüber Sky UK auf die Nachfrage, ob er das Rennen im Nachhinein vielleicht anders angegangen sei: "Ich habe alles getan, was ich zu dem Zeitpunkt für richtig hielt. Wenn es so knapp ist, denkt man sich immer: 'Was hätte ich noch bisschen anders machen können'. Aber man kann immer etwas besser oder anders machen. Ich bin sicher, Max hätte sich nochmal Dinge anschauen und dasselbe sagen können."

WM-Kampf? Das sagt Norris

Er wolle nicht "übermütig werden, denn das war ich nie", sagt Norris. "Aber wir wollen in Rennen gehen und selbstbewusst gegen Red Bull und Ferrari auftreten, weil wir jetzt mit ihnen im Mix sind", sagt der 24-Jährige zu den unmittelbaren Zielen vor dem Monaco-Grand-Prix. Zwar dürfe man "zu nichts mehr Nein sagen", so Norris, an die WM will er zum aktuellen Zeitpunkt der Saison aber trotzdem nicht denken.

"Wir sind positiv, wir hatten einen sehr guten Lauf an Ergebnissen: Zweiter, Erster, Zweiter", blickt Norris auf die letzten drei Rennen zurück - eigentlich wäre damit in Monaco ja wieder ein Sieg an der Reihe: "Es war nie unsere beste Strecke, aber gleichzeitig kann alles passieren." Letztlich gelte das beim Blick aufs große Bild zwar auch für die Weltmeisterschaft, doch Norris stellt klar: "Ich bin 60 Punkte hinter Max. Es ist noch ein langer Weg, aber ich denke definitiv nicht daran und es ändert auch nicht wirklich etwas."


Aktuell konzentriere man sich bei McLaren darauf "ein gutes Resultat zu kriegen und dann laufen die Dinge von alleine". In den WM-Kampf habe sich sein Rennstall mit den jüngsten Leistungen selbst gebracht, aber Norris ist sich auch bewusst: "Wir haben an den ersten Wochenenden viel verloren, das tut uns jetzt natürlich bisschen weh." Andererseits sei erst ein Drittel der Saison vorbei: "Es gibt noch viele Möglichkeiten für uns, und wir wissen, dass von unserer Seite auch noch paar Dinge kommen in Zukunft."

Weltmeister Max Verstappen bereitet der Aufschwung bei der Konkurrenz schon Sorgen, vor allem im Entwicklungsrennen ortet er Nachteile für sein Team, da die Gegner wie McLaren beispielsweise auch noch deutlich mehr Zeit im Windkanal haben: "Ich bin sicher, das hilft. Wir hätten auch gerne 15 Prozent mehr Windkanalzeit, weil man dann einfach mehr ausprobieren kann. Aber so sind die Regelen, um alles näher zusammenzubringen", sagt Verstappen in Monaco.

Dass das Feld nun enger zusammengerückt sei, daran gibt es für den WM-Leader keinen Zweifel, obwohl auch Red Bull an der Update-Front nachgelegt hat: "Ich denke, es hängt auch von den spezifischen Strecken ab. Die letzten Strecken hatten sehr wenig Reifenverschleiß, das ist definitiv nicht zu unserem Vorteil", glaubt Verstappen und fügt an: "Die meisten Teams haben Schwierigkeiten ihre Reifen am Leben zu halten, vor allem die Hinterreifen."

Wie in Imola: Max Verstappen und Red Bull fahren am Freitag noch hinterher

Wie in Imola: Max Verstappen und Red Bull fahren am Freitag noch hinterher Zoom

Norris stimmt seinem Rivalen insofern zu, dass er den kleinen, aber entscheidenden Nachteil gegenüber Red Bull zuletzt in Imola tatsächlich genau daran festmacht: "Das sind einige der Bereiche, wo wir uns am meisten verbessern müssen, diese Bedingungen, wenn es sehr warm ist und der Verschleiß hinten ein Problem wird", so Norris, der angibt, deswegen im ersten Stint von Imola zu viel auf den Spitzenreiter verloren zu haben.

Im Gegensatz dazu macht Norris bei seinem Team aber auch Stärken aus, über die Red Bull weniger verfüge: "Wir haben wahrscheinlich zusammen mit Ferrari das Team, wo jedes Wochenende beide Autos performen", glaubt Norris. Das sei nicht bei vielen im Grid so, erklärt der Brite und hofft: "Wenn wir das so beibehalten können, dann können wir mit Sicherheit (im WM-Kampf) dabei bleiben."

Teamkollege Piastri, dessen starke Leistungen Norris dabei mit einschließt, widerspricht seinem Stallgefährten jedoch teilweise - zumindest für ihn persönlich sei der WM-Zug für 2024 schon abgefahren, sagt der Australier: "Ich glaube dieses Jahr nicht dran, ich denke, das wird sehr schwer", sagt er und fügt hinzu: "Ich weiß nicht einmal, wo ich bin, aber auf jeden Fall weit hinten." Tatsächlich hat Piastri als Sechster schon 108 Punkte Rückstand auf Verstappen.

Ist Norris jetzt Verstappens Hauptgegner?

"Bei den Konstrukteuren können wir schon einen Angriff aufstellen, wenn wir beide wöchentlich gute Punkte einfahren. Aber trotzdem: Es war waren jetzt zwei Wochenenden, an denen wir um den Sieg fahren können. Wir müssen erstmal sicherstellen, dass wir das konstant schaffen, dann kommt einem das in der WM entgegen", glaubt Piastri: "Erstmal müssen wir uns also darauf fokussieren, schnell zu sein. Dann sehen wir, welche Ergebnisse wir bekommen."

Ein große Veränderung bei sich selbst habe er in seinem zweiten Formel-1-Jahr bis dato allerdings noch nicht feststellen können. "Etwas komfortabler als vor zwölf Monaten war der Starts ins Jahr, ich bin etwas etablierter, etwas selbstbewusster und habe ein paar mehr Ergebnisse in meiner Tasche." Was zudem hilft: "An mehr Plätze zu kommen, an denen ich schon mal mit einem Formel-1-Auto war. Diese Erfahrung hilft natürlich schon etwas, aber es ändert jetzt auch nicht die Welt."

Oscar Piastri zuletzt mit aufsteigender Form, aber die Resultate fehlen noch

Oscar Piastri zuletzt mit aufsteigender Form, aber die Resultate fehlen noch Zoom

Zumindest an den beiden letzten Wochenenden sei er mit seiner Performance aber sehr zufrieden gewesen, erklärt Piastri: "Mit etwas anderen Umständen hätten die Resultate da sehr anders aussehen können", glaubt der Aussie: "Ich muss also einfach nur so weitermachen und dann muss man sich in die Position bringen, diese Resultate einzufahren und genug tun, damit das Pendel in deine Richtung ausschlägt." So wie es das zuletzt in Richtung Norris tat.

Ist McLarens Miami-Sieger damit jetzt auch Verstappens größter WM-Konkurrent? "In den letzten beiden Rennen, ja", sagt der Niederländer selbst dazu: "Aber in der Formel 1 können sich die Dinge immer so schnell ändern. Am Ende denke ich nicht darüber nach, ich konzentriere mich vor allem auf mich selbst und das Team. Wer der Gegner ist, macht nicht wirklich etwas aus", erklärt Verstappen.

Ob die WM sich aber noch zu einem ausgewachsenen Dreikampf entwickeln wird, und dieses Bild der letzten Wochen real sei, darüber will Verstappen noch nicht urteilen: "Ich will nicht sagen, dass es nicht das reale Bild ist, aber sie sind sehr stark auf einigen Strecken, die nicht gerade unsere stärksten sind", erklärt der Weltmeister in Bezug auf die Papaya-Konkurrenz.

Allgemein glaubt Verstappen: "Ich habe immer das Gefühl, dass wir am Saisonbeginn nicht die Strecken haben, die uns liegen. Suzuka ist nun natürlich nach vorne gerückt, was ein guter Kurs für uns ist, aber die meisten anderen Strecken zu Beginn der Saison sind nicht ideal für uns." Monaco reiht sich da, zumindest nach den ersten Eindrücken vom Freitag, nahtlos ein ...