• 26.03.2009 15:36

Das Überholen: Was bringen KERS und die Slicks?

Sebastian Vettel, Jenson Button, Robert Kubica und Felipe Massa philosophierten auf der Melbourne-PK auch zum Thema Überholen

(Motorsport-Total.com) - Slicks, Frontflügel, Aerodynamik und KERS sind vier Schlagworte an Neuerungen, mit denen sich die Formel-1-Piloten in der Saison 2009 anfreunden müssen. Sebastian Vettel, Jenson Button, Robert Kubica und Felipe Massa sprachen in Melbourne auch darüber, ob das KERS wirklich zu mehr Überholmanövern führen könnte.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa, Jenson Button, Robert Kubica, Sebastian VettelMelbourne, Albert Park Melbourne

Thema auf der Melbourne-PK: Was bringt KERS beim Überholen wirklich?

Frage: "KERS und die Slicks sind zwei der Dinge, die in den Regeln geändert wurden. Was aber sind die Elemente, die euch Fahrer am meisten beeinflusst haben?"#w1#

Sebastian Vettel: "Wie sich der große Frontflügel behaupten kann, werden wir ja am Sonntag in Kurve eins sehen. Abgesehen davon liegt der größte Unterschied für mich in den Slicks und der reduzierten Aerodynamik. Das reine Fahren ist immer noch sehr ähnlich. Wenn man sich das Auto von außen betrachtet, dann ist man schon überrascht, wie wenig sich vom Fahrgefühl her verändert hat."

"Das Auto lenkt immer noch nach links und das ist sehr wichtig. Es gibt etwas weniger Grip und Stabilität, aber daran werden sich alle schnell gewöhnen. Auch über die Slicks haben alle von uns noch Kenntnisse. Bei einigen ist das etwas länger her, bei anderen ist die Erinnerung noch frischer. Auch das ist kein Problem. Sie scheinen jedenfalls im Umgang recht einfach zu sein."

Button ist ein Slick-Fan

"Aerodynamisch haben wir viel Abtrieb verloren, zumindest wir bei Ferrari." Felipe Massa

Jenson Button: "Also ich mag es, wie sich die Slicks im Vergleich zu den Rillenreifen verhalten, vor allem an der Vorderachse. Ich genieße es, diese Reifen zu fahren. Schon als ich sie vergangenes Jahr zum ersten Mal getestet habe, konnte ich feststellen, dass sie meinem Fahrstil entgegen kommen. Ich bin also sehr glücklich über diese Veränderung. Natürlich ist die Aerodynamik unterschiedlich, aber wir haben über die Slicks soviel Grip gewonnen, dass sich das ausgleicht."

Robert Kubica: "Das Griplevel ist ausbalanciert. Natürlich kannst du in einigen mittelschnellen Kurven mehr aus den Slicks herausholen. Dafür bist du in anderen Kurven etwas langsamer, weil du über die Aerodynamik verlierst. Aber alles in allem sind die Rundenzeiten ähnlich."

Felipe Massa: "Im Vergleich zu 2008 sind das schon große Änderungen. KERS, der Frontflügel, aber sicher auch die Reifen. Aerodynamisch haben wir viel Abtrieb verloren, zumindest wir bei Ferrari. Ich weiß nichts über die anderen Teams, aber bei meinem Auto ist das so."

"Vor allem auf alten Reifen merke ich den Unterschied deutlich. Mit neuen Reifen hast du Grip, kannst also aggressiv fahren und das Auto so behandeln, wie vergangenes Jahr. Mit alten Reifen rutscht das Auto mehr. Es ist ein Unterschied und du musst weicher an die Sache herangehen. Zumindest mit meinem Auto."

Vettel glaubt: Überholen bleibt schwierig

"Ich glaube, man muss einfach verstehen, dass es schon in der Formel 3 schwer ist, wegen des Abtriebs ein anderes Auto zu überholen. " Sebastian Vettel

Frage: "Wie stark profitiert man spürbar von KERS? Werden wir mehr Überholmanöver sehen?"

Vettel: "Schwer zu sagen, ich weiß es nicht. Es ist ja erst mein zweites Formel-1-Jahr, aber ich erinnere mich noch gut an den Saisonbeginn 2008, als die Leute glaubten, ohne Traktionskontrolle gäbe es nun viel mehr Dreher und mehr Überholmanöver. Für mich war das schon interessanter als noch die Jahre zuvor."

"Die Autos sind auch mehr gerutscht, aber dennoch war Überholen schwierig. Ich glaube, man muss einfach verstehen, dass es schon in der Formel 3 schwer ist, wegen des Abtriebs ein anderes Auto zu überholen. Und ein Formel-1-Auto generiert noch mehr Abtrieb als ein Formel-3-Auto."

"Klar haben wir einige Schritte in diese Richtung gemacht, aber das müssen wir auf der Strecke erst noch beweisen. Im Winter kann man nur eine halbe Runde hinter dem Vordermann herfahren und sich fragen: 'Bekomme ich ein Gefühl für die Situation oder nicht?' Das müssen wir jetzt im Rennen beweisen"

"Beim Testen ist es ja nicht der Fall, dass du einem Kollegen hinterherfährst und plötzlich gar nichts mehr fühlst. Wenn du schneller bist, dann fährst du vorbei. Natürlich spürst du, dass du überall an Grip einbüsst. Einige Autos eher an der Vorderachse, andere Autos eher hinten. Das hängt vom Auto ab, aber du verlierst Downforce. Wie viel werden die kommenden Rennen beantworten."

Ohne KERS keine Überholchance

"Wenn du kein KERS hast, dein Vordermann hat aber KERS, dann wirst du nicht an ihm vorbeikommen. " Jenson Button

Button: "Auf den beiden Strecken, auf denen wir getestet haben, kann man sowieso kaum Überholen. Barcelona und Jerez sind da sehr schwer. Im ganzen Barcelona-Test bin ich vielleicht zwei Autos hinterhergefahren. Ich habe auch gar nicht erst versucht zu überholen. Man probiert andere Dinge aus."

"Auch im Training wirst du kein Risiko eingehen. In Barcelona hatte ich das Gefühl, etwas näher heranzufahren, aber zum Überholen hat es nicht gereicht. Hoffentlich ist das hier anders, und hoffentlich gibt es in den kommenden Rennen etwas mehr Überholmöglichkeiten."

Kubica: "Ich denke, dass KERS da einen großen Einfluss nehmen kann. Je nachdem, ob du damit fährst oder nicht. Das ist der Schlüssel. Aufgrund der Aerodynamik erwarte ich mir nicht mehr Überholmanöver. Es sei denn, ein paar Autos vor dir fahren ohne KERS und du hast diese Extra-Power. Das könnte die Sache leichter machen, aber sie wird meiner Meinung nach schwer genug bleiben."

Button: "Im Gegenteil. Wenn du kein KERS hast, dein Vordermann hat aber KERS, dann wirst du nicht an ihm vorbeikommen. Das ist der große Nachteil, wenn du ohne KERS fährst."

Massa: "Ich sehe das wie Robert. Wenn du KERS hast, und nur wenige Zehntel hinter dem Mann in Front liegst, dann kann dir KERS eine Hilfe sein. Aber ich weiß nicht, ob das die Situation im Vergleich zum Vorjahr ändern wird. Doch auch wenn es nur fünf oder zehn Prozent bringt, dann ist das in jedem Fall schon ein großer Schritt."