• 23.03.2006 11:41

  • von Adrian Meier

Das Leben als dritter Mann in der Formel 1

Die Testfahrer verrichten ihre Arbeit meist relativ unbeobachtet, allesamt wollen sie sich jedoch mit guten Leistungen für höhere Aufgaben empfehlen

(Motorsport-Total.com) - Während alle zwei Wochen die Formel-1-Stammpiloten im Mittelpunkt des Interesses stehen, hängt deren Erfolg auch von der Unterstützung durch die jeweiligen dritten Fahrer der Teams ab. Diese spulen während der Saison oftmals bei Testfahrten mehr Kilometer ab als die Einsatzpiloten, einige der Testfahrer dürfen sich zusätzlich noch an den Grand-Prix-Freitagen, wenn die Aufmerksamkeit größer ist als bei Testfahrten, mit guter Arbeit in Szene setzen.

Titel-Bild zur News: Heikki Kovalainen

Heikki Kovalainen fühlt sich derzeit in seiner Rolle als Testfahrer wohl

Indes reisen auch die Testfahrer, die am Freitag kein drittes Auto bewegen dürfen, mit zu jedem Grand Prix, um parat zu stehen, falls einer der Stammpiloten ausfallen sollte. Die Ersatzmänner hoffen dabei natürlich allesamt darauf, sich mit guter Arbeit auszeichnen zu können, um möglichst bald ein Renn-Cockpit angeboten zu bekommen. Meist handelt es sich bei den Testfahrern um junge Nachwuchstalente, die von den Teams so an die Formel 1 herangeführt werden, aber auch Routiniers sind aufgrund ihrer großen Erfahrung sehr gefragte Testfahrer.#w1#

Hoffnungsvolle Talente

Auch in dieser Saison haben die Teams wieder eine ganze Reihe an jungen Piloten unter Vertrag, die auf ihre große Chance warten. Beim momentanen WM-Spitzenreiter Renault beispielsweise erfüllt Heikki Kovalainen diese Aufgabe. Der Finne ist mit seiner jetzigen Situation sehr glücklich, da er überhaupt ein Formel-1-Auto bewegen dürfe. Jedoch habe auch er - wie wohl jeder andere Rennfahrer auch - das Ziel, ein Renncockpit zu ergattern, erklärte er gegenüber 'formula1.com'.

Seine Chancen stehen dabei nicht schlecht, schließlich ist bekannt, dass Fernando Alonso am Jahresende das Team verlassen wird, und Kovalainen gilt als einer der heißesten Kandidaten für den frei werdenden Platz. Jedoch will der 24-Jährige nicht nur als Ersatz verstanden werden, er glaubt, dass er auch ohne den Weggang des amtierenden Weltmeisters ein Cockpit ergattern würde. Dabei stünden die Chancen sehr gut, dass dies schon 2007 der Fall sein wird.

Weg in die Formel 1 oft nur mit Sponsoren möglich

"Meine Meinung war schon immer, dass mich ein Team wegen meines Fahrkönnens verpflichten wollen sollte." Heikki Kovalainen

Indes sei er sehr froh, dass er dank des Nachwuchsfahrer-Programms von Renault in den vergangenen Jahren nicht auf Sponsorengelder angewiesen war. "Meine Meinung war schon immer, dass mich ein Team wegen meines Fahrkönnens verpflichten wollen sollte, und nicht wegen Geld, das ich womöglich mitbringen könnte", spielt Kovalainen auf das Schicksal vieler hoffnungsvoller Talente an, die trotz guter Leistungen aufgrund mangelnder Sponsorenunterstützung nie den Aufstieg in die Königsklasse des Motorsports schaffen.

Neben Kovalainen, der aufgrund der Platzierung Renaults in der Konstrukteursmeisterschaft des vergangenen Jahres keine Freitagstrainings bestreiten darf, ist Robert Doornbos ein weiterer Fahrer aus der zweiten Reihe. Der Holländer, der 2005 bei Minardi bereits Rennluft schnuppern durfte, kann ein Liedchen davon singen, was es heißt, Geld für den großen Traum Formel 1 auftreiben zu müssen. Trotz guter Ergebnisse in Nachwuchskategorien sei diese Suche nach Sponsoren nicht immer leicht gewesen, meint Doornbos.

Lernen und viel Erfahrung sammeln

Nun ist er jedoch sehr erfreut, Teil eines aufstrebenden Top-Teams zu sein. "Ich bin glücklich mit meiner derzeitigen Situation und dem, was ich bisher erreicht habe, aber ich versuche, alles zusammenzubekommen, um zukünftig ein erfolgreicher Formel-1-Pilot zu werden", erklärt der 24-Jährige. Seinen Testfahrerposten betrachtet er ebenfalls nur als Durchgangsstation. Dabei wolle er viel Erfahrung sammeln, und damit den Grundstock für ein Renncockpit legen. Wenn sich dann die Chance ergeben sollte, wolle er einfach alles geben, so wie er das jetzt auch schon tut.

"2006 ist ein Lernjahr für mich, und mein Ziel ist es, für 2007 ein Renncockpit zu bekommen." Neel Jani

Beim BMW Sauber F1 Team füllt der junge Pole Robert Kubica den Testfahrerposten aus, und genauso wie seine Kollegen auch, ist der erst 21-Jährige darüber sehr glücklich. Dabei möchte auch er möglichst viel lernen und Erfahrungen sammeln, und sieht anschließend gute Aufstiegsmöglichkeiten. Ähnlich äußert sich auch Neel Jani, der dritte Mann bei Toro Rosso: "Ich bin glücklich mit dem, was ich bisher erreicht habe", meint der junge Schweizer. "2006 ist ein Lernjahr für mich, und mein Ziel ist es, für 2007 ein Renncockpit zu bekommen", formuliert er das gleiche Ziel wie seine Kollegen.

Hoffnung auf Aufstiegschancen schon für 2007

Bei MF1 Racing stehen mit Markus Winkelhock und Giorgio Mondini gleich zwei Talente unter Vertrag, die sich die Testaufgaben bisher untereinander aufteilen - auch Adrian Sutil wird später hinzustoßen. Winkelhock durfte beim ersten Rennen in Bahrain am Freitag das dritte Auto bewegen, in Malaysia dann kam diese Aufgabe dem Schweizer Mondini zu. Beide berichten übereinstimmend, dass sie mit ihren ersten Einsätzen überaus zufrieden seien und viel gelernt hätten.

"Hoffentlich kann ich nächstes Jahr ein Cockpit bekommen." Markus Winkelhock

Ihre Aussichten für 2006 sehen sie jedoch realistisch: "Es wird vermutlich keine Gelegenheit für mich geben, dieses Jahr Rennen in der Formel 1 zu bestreiten", meint Winkelhock. "Hoffentlich kann ich nächstes Jahr ein Cockpit bekommen." Und Mondini pflichtet bei: "Wenn die Dinge normal verlaufen, werde ich dieses Jahr keine Rennen fahren. Aber nächstes Jahr sollte das klappen."

Im Wesentlichen sind sich also alle dritten Fahrer einig, dass sie über ihre Chance als Testfahrer sehr glücklich sind, und planen, möglichst viel zu Lernen und Erfahrungen zu sammeln. Doch auch in dem Punkt, dass dies nicht ihre letzte Station in der Formel 1 sein soll, stimmen die Meinungen der Fahrer überein. Wer es jedoch dann letztendlich bis zum Stammpiloten schaffen wird, muss die Zeit zeigen. Da die Plätze in der Königsklasse des Motorsports rar sind, gelingt meist nur wenigen Talenten wirklich der Aufstieg.