• 14.05.2006 17:18

Das Interview zum Rennen mit Michael Schumacher

Michael Schumacher erklärt, warum er von Giancarlo Fisichella nicht aufgehalten wurde und in Barcelona nie eine echte Chance auf den Sieg hatte

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Michael, nach zwei Siegen in Folge ist das die erste Niederlage gegen Fernando Alonso in drei Rennen. Wie enttäuscht bist du?"
Michael Schumacher: "Ich bin in der Hinsicht natürlich enttäuscht, weil ich mir mehr erwartet hatte, nachdem die Trainingssitzungen im Vorfeld klar und deutlich gezeigt haben, dass wir uns hier große Chancen auf den Sieg ausrechnen dürfen."

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher musste sich heute in Spanien mit Platz zwei zufrieden geben

Frage: "Deine Taktik ist heute nicht ganz aufgegangen. Warum?"
Schumacher: "Tja, der liebe Gott bin ich nicht! Darauf kann ich jetzt noch keine Antwort geben. Die Taktik war schon perfekt, wenn wir schnell genug gewesen wären, aber das waren wir nicht. Jetzt müssen wir herausfinden, warum wir es nicht waren."#w1#

Ferrari war im Rennen nur phasenweise schnell

Frage: "Du warst das ganze Wochenende über dominant, aber im Rennen sah es heute anders aus. Wie kann man das einem Laien erklären?"
Schumacher: "Das kann ich leider im Moment selbst noch nicht. Ich muss die Gründe erst herausfinden. Es gab auch zwei Punkte im Rennen, wo es wieder einigermaßen ging. Wir müssen mal schauen, was da heute so abgelaufen ist. Ich weiß nur eines: Beim Testen waren wir auch prinzipiell sehr schnell unterwegs, aber dann gab es auf einmal eine andere Windsituation - und damit ist unsere Performance eingebrochen. Es mag vielleicht an unterschiedlichen Bedingungen liegen. Ob das heute der Fall war, müssen wir jetzt checken."

"Ich war überrascht über unsere schlechten Rundenzeiten." Michael Schumacher

Frage: "Hat dich die starke Vorstellung von Fernando Alonso überrascht?"
Schumacher: "Ich war überrascht über unsere schlechten Rundenzeiten, die bei weitem nicht das gehalten haben, was wir im Vorfeld zeigen konnten."

Frage: "Wann merkt man denn als Rennfahrer, dass man keine Chance mehr hat?"
Schumacher: "Das war ziemlich früh klar. Nach dem ersten Stint hat man ja Kalkulationen. Da konnten wir uns ungefähr ausrechnen, wie viel Vorsprung er herausfahren könnte, um noch im Plan zu bleiben. Wir waren heute sehr früh hinter unserem Plan."

Frage: "Am Start hattest du viel mehr Benzin als die Renaults an Bord..."
Schumacher: "Wenn man die Startbenzinmenge bereinigt, dann wäre es leicht gewesen, gestern auf Pole Position zu fahren, aber unsere Strategie war eben nicht so. Am Nürburgring hat es funktioniert - und wahrscheinlich auch hier, wenn wir schnell genug gewesen wären. Der Speed war nicht da, also konnten wir auch mit der Strategie nichts mehr anrichten."

Fisichella war keine rollende Schikane

"Ob Giancarlo jetzt da gewesen wäre oder nicht, ich hätte nicht viel schneller fahren können." Michael Schumacher

Frage: "Giancarlo Fisichella war im ersten Stint langsamer als hinterher. Kam dir das irgendwie spanisch vor?"
Schumacher: "Ich habe die Zeiten nicht analysiert, muss ich ehrlich gestehen, aber Fakt ist: Ob Giancarlo jetzt da gewesen wäre oder nicht, ich hätte nicht viel schneller fahren können. Im Vergleich zu Fernando waren wir einfach zu langsam. Giancarlo war manchmal sogar schneller als ich. So wie sich das Wochenende entwickelt hat, waren wir am Anfang sehr schnell, aber heute nicht mehr. Wir waren einfach nicht schnell genug."

Frage: "Eine Zeit lang warst du recht schnell unterwegs, dann im Mittelteil wurde aber Fernando Alonso wieder stärker. Kann das mit den Reifen zu tun haben?"
Schumacher: "Nein. Man muss ganz einfach sehen, dass wir zu unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Benzinmengen unterwegs waren. Er musste dann früher zur Box, hatte mehr Benzin mit frischen Reifen und weniger Benzin mit alten Reifen. Das verändert das Bild natürlich ständig. Deshalb mag das den Eindruck ergeben, dass es geschwankt hat, aber wir waren in der Gesamtheit zu langsam."

Frage: "Denkt man an zweiter Stelle liegend auch mal daran, dass der Führende vielleicht mit einem Motorschaden ausfallen könnte?"
Schumacher: "Man muss auch in der Hinsicht sportlich bleiben, finde ich, denn wenn er ein Rennen so fährt und ohne Fehler hinbekommt, dann ist es nur fair, wenn er auch gewinnt. Umgekehrt mag ich es ja auch nicht, wenn mir jemand etwas anderes wünschen würde. Da muss man sportlich sein."

Frage: "Spiegelt das Ergebnis von heute das realistische Level der Teams wider?"
Schumacher: "Ich denke mal, dass Ferrari und Renault sicherlich vorne anzusiedeln sind. Je nachdem, wer es richtig trifft, ist dann eben ganz vorne. In den letzten beiden Runden hatten wir sie gut in der Hand, aber hier haben wir es aus der Hand gegeben."

Nur zwei Punkte in der WM-Wertung verloren

"In gewissen Situationen muss man einfach einsehen, was möglich ist und was nicht mehr möglich ist." Michael Schumacher

Frage: "Acht Punkte sind acht Punkte, nicht wahr?"
Schumacher: "Absolut. In gewissen Situationen muss man einfach einsehen, was möglich ist und was nicht mehr möglich ist. Man muss sich auf das Paket verlassen können. Heute waren wir nicht stark genug, aber bis zum Ende der Saison haben wir ja noch ein paar Rennen. In den letzten beiden Rennen fand ich es schade, dass ich mit dem Sieg jeweils nur zwei Punkte aufholen konnte, aber heute bin ich froh, dass ich nur zwei verloren habe. So ist das nun mal. Schauen wir, wie es weitergeht."

Frage: "Nun geht es weiter nach Monaco. Du magst die Strecke dort zwar nicht unbedingt, siehst aber meistens sehr gut aus. Was erwartest du dir von dem Rennen?"
Schumacher: "Ich fahre prinzipiell gerne dort - natürlich immer mit dem Gedanken der Sicherheit im Hinterkopf. Es macht schon Spaß, in Monaco zu fahren. Am Nürburgring waren wir noch absolut vorne, auch am Samstag waren wir absolut konkurrenzfähig, nur heute nicht mehr. Insofern ist es ein bisschen schwierig, da Prognosen zu wagen."

Frage: "Monaco gilt als Fahrerstrecke. Kannst du dort das heutige Resultat korrigieren?"
Schumacher: "Auch Barcelona ist in gewisser Hinsicht eine Fahrerstrecke. Man muss sich natürlich auf sein Auto verlassen können und ist davon abhängig. In Monaco ist das prozentual vielleicht etwas weniger der Fall, das mag sein. Im Moment kann ich mir noch keinen Reim drauf machen, wie die Situation in Monaco aussehen wird. Eines muss man natürlich auch sehen: Wir waren hier vor dem Rennen sehr zuversichtlich, weil wir das ganze Wochenende dominiert haben, extrem schnelle Stints gefahren haben - auch mit viel Sprit -, und trotzdem war ich heute eine Sekunde langsamer als am Freitag oder Samstag. Die Ursachen dafür müssen wir noch analysieren."