• 24.07.2005 16:57

Das Interview zum Rennen mit Michael Schumacher

Nach Platz fünf in Hockenheim schrieb Michael Schumacher den WM-Titel endgültig ab, dafür bedankte er sich aber bei seinen treuen Fans

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Michael, warum wurde es heute wieder nur der fünfte Platz?"
Schumacher: "Es war ziemlich offensichtlich, dass die Reifen am Anfang sehr gut funktioniert haben, aber mit zunehmender Distanz bauten sie immer mehr ab. Die Konkurrenz ist konstant geblieben und im Verhältnis ist es dann natürlich schwierig für uns geworden. Jenson Button konnte mich ganz normal auf der Strecke überholen, da konnte ich nicht viel dagegen tun, Juan-Pablo Montoya hätte seine Strategie sowieso vor mich gebracht, und bei Giancarlo Fisichella war es leider etwas ganz Ungewöhnliches, was wir überhaupt noch nie hatten: Mitten auf der Geraden gab es plötzlich Benzinzufuhrprobleme, der Motor fing an zu stottern - und da war er auch schon durch."

Titel-Bild zur News: Giancarlo Fisichella und Michael Schumacher

Machtlos: Fisichella musste Michael Schumacher einfach überholen lassen...

Frage: "Wären die Reifen von Rubens Barrichello heute besser gewesen?"
Schumacher: "Nein, das wäre sicher nicht die Lösung gewesen."#w1#

Den WM-Titel muss Schumacher zu den Akten legen

Frage: "Fernando Alonso sieht jetzt in der Fahrer-WM schon sehr gut aus, nicht wahr?"
Schumacher: "Ich habe die Punkte jetzt nicht im Kopf, denke aber nicht, dass man mich in diesem Kampf noch erwähnen sollte. Was Kimi Räikkönen angeht, habe ich die Punkte jetzt leider nicht im Kopf."

Frage: "Herrscht bei Ferrari jetzt Ratlosigkeit, nachdem auch das neue Aerodynamikpaket nicht zu funktionieren scheint?"
Schumacher: "Wir müssen schneller werden, egal wie. Das ist ganz klar."

Frage: "Wo liegt denn nun das Problem?"
Schumacher: "Das Hauptproblem liegt sicherlich im Reifenbereich, aber ich habe immer gesagt, es liegt nicht nur im Reifenbereich. Wir können sicherlich am Auto noch zulegen. Das haben wir mit der Zeit auch immer wieder gezeigt. Wir haben am Auto zugelegt, aber die Konkurrenz natürlich auch. Das Hauptproblem ist mit Sicherheit der Grip, den wir von den Reifen bekommen. Der ist einfach nicht genug."

Frage: "Man hatte den Eindruck, dass die Motorleistung auf den Geraden erstklassig war. Siehst du das auch so?"
Schumacher: "Der Topspeed ist sicher im Rahmen der Konkurrenz, das ist schon richtig, aber das ist kein entscheidender Punkt. Man muss ganz klar das Auto schnell um die Kurven bekommen, um den Abstand zum Vordermann zu halten. Nur dann bringt das was."

Platz drei wäre im besten Fall möglich gewesen

Frage: "Du wurdest dieses Wochenende sehr oft mit dem Satz 'Die Hoffnung stirbt zuletzt' zitiert. Wie angeschlagen ist denn die Hoffnung nach dem heutigen Tag?"
Schumacher: "Die ist nicht mehr angeschlagen als sie das nicht ohnehin schon in Silverstone oder Magny-Cours war. Unsere Hoffnungen und Erwartungen waren aber sicherlich weitaus mehr als das, was wir erreichen konnten. Heute war es sicher den Erwartungen entsprechend. Wenn das Problem nicht so arg aufgetreten wäre, wäre vielleicht auch ein dritter Platz drin gewesen, aber die Reifen waren halt zu schwierig zu dem Zeitpunkt, als ich mit Jenson kämpfen musste. Leider Gottes war dann auch noch ein bisschen Verkehr in meiner Runde zur Box, sonst hätte ich Button noch einmal überholen können. Das heißt aber nicht, dass er mich dann nicht wieder zurücküberholt hätte."

Frage: "Bei aller Trostlosigkeit: Es gibt immer noch dein Lieblingsrennen in Spa..."
Schumacher: "Ja, es gibt sicherlich immer noch Spa, aber ich möchte gerne eine Sache loswerden, die mir sehr am Herzen liegt: Das tolle Publikum, das wir dieses Wochenende hatten, war grandios - wie die gefeiert und mitgefiebert haben, war toll. Sorry, dass nicht mehr drin war! Ich habe sicher alles gegeben, aber es war leider nicht genug. Wir werden uns anstrengen, das besser zu machen."

Chancenlosigkeit zehrt am siebenfachen Weltmeister

Frage: "Hast du das Gefühl, dass du mit stumpfen Waffen gegen die Konkurrenz kämpfen musst?"
Schumacher: "Das ist auf einer Seite schon irgendwie herausfordernd, aber auf der anderen Seite wird es natürlich schwierig, wenn man so weit hinten ist, dass man gar keine Chance mehr hat."

Frage: "Wie ist es, wenn die Fans zu einem halten, wenn es einfach nicht läuft?"
Schumacher: "Das ist Bestätigung für das, was wir versuchen ihnen zu bieten. Ich kann mit Stolz sagen, dass ich super Fans habe!"

Frage: "Kriegst du da immer noch eine Gänsehaut?"
Schumacher: "Während der Paraderunde heute Morgen, als wir mit Oldtimern um die Strecke gefahren sind und den Fans vorgestellt wurden, war das schon eine tolle Atmosphäre. Man muss schon sagen, dass es klasse ist, dass alle hier so zahlreich erschienen sind. Riesenkompliment!"

Frage: "Als du zu den Fans gesprochen hast, war es mucksmäuschenstill. Das muss doch ein unglaubliches Gefühl sein, wenn einem 120.000 Menschen zuhören, oder?"
Schumacher: "Ich bin in dem Moment am Reden, da ist das nicht so präsent, aber es ist sehr offensichtlich, dass die Fans richtig mitfiebern und auch mitleiden im Moment, aber wir haben so viele Jahre Freude gehabt, da sind jetzt auch mal Leidensphasen angesagt. Doch das wird sich wieder ändern."

Frage: "Die Regentänze deiner Fans haben nichts gebracht, es ist heute trocken geblieben."
Schumacher: "Ja, das ist richtig. Wir müssen aber auch in trockenen Bedingungen konkurrenzfähig sein, nicht nur im Nassen."

"Die Situation ist, dass wir nicht konkurrenzfähig genug sind"

Frage: "Zwischendurch gab es ja mal Hoffnung, als du Zweiter warst, aber dann sind doch noch Jenson Button, Juan-Pablo Montoya und Giancarlo Fisichella durchgeschlüpft. Wie war das aus deiner Sicht?"
Schumacher: "Gut, Button hat mich auf der Strecke überholt. Das Auto wurde mit zunehmender Distanz immer schwieriger, weil die Reifen nicht mehr den Grip hatten. Anschließend kam Montoya durch die Strategie vorbei, weil er länger draußen bleiben konnte, nachdem wir schon an der Box waren. Bei Fisichella war es ein unglückliches Problem, denn da hatten wir Schwierigkeiten mit der Benzinzufuhr. Der Motor fing die Gerade hinauf ein bisschen zu stottern an, als er mich dann überholt hat. Ob wir jetzt Vierter oder Fünfter sind, macht den Braten aber nicht allzu fett. Die Situation ist, dass wir nicht konkurrenzfähig genug sind."

Frage: "Deine Fans jubeln trotzdem - und, was du heute wieder unter Beweis gestellt hast: Du kämpfst bis zur letzten Kurve! Wie schwer ist dir das heute gefallen?"
Schumacher: "Das fällt mir nicht schwer, da gibt man 100 Prozent - und man versucht, mit den Möglichkeiten, die man hat, das Bestmögliche daraus zu machen. Das habe ich hinbekommen."

Frage: "Jetzt gibt es nur ein paar Tage Pause vor Budapest. Was erwartest du dir dort?"
Schumacher: "Es ist nur eine Woche Abstand. Man muss auf der anderen Seite auch sagen: Es kann immer mal wieder ein Wochenende wie in Imola dazwischenkommen. Warum es in Imola so gut gelaufen ist, wissen wahrscheinlich die Wenigsten - weder die Konkurrenz, noch wir. Das muss man also einfach abwarten. Wir werden unser Bestes geben."