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  • 18.03.2007 10:25

Das große Siegerinterview mit Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönen über seinen ersten Ferrari-Sieg, den er ohne Boxenfunk erringen musste, und seinen einsamen Spaziergang im Melbourner Albert Park

(Motorsport-Total.com) - Eines hat er Michael Schumacher schon voraus: Während der siebenfache Weltmeister 1996 bis zum siebenten Rennen warten musste, um endlich auf Ferrari zu gewinnen, triumphierte Kimi Räikkönen heute in Melbourne gleich in seinem ersten Grand Prix für den Traditionsrennstall - und der Vorgänger war anschließend am Telefon der erste Gratulant...

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

So jubelte Kimi Räikkönen über seinen ersten Grand-Prix-Sieg auf Ferrari

Frage: "Kimi, das sah nach einem Spaziergang im Albert Park für dich aus. Was für ein fantastischer Tag für dich!"
Kimi Räikkönen: "Ja. Das Wochenende war gut, ein Dankeschön ans Team. Das Rennen war nicht so einfach, wie es vielleicht ausgesehen hat. Kurz vor dem Start ging mein Boxenfunk kaputt, also hatte ich das ganze Rennen hindurch keine Verbindung. Es war einigermaßen kompliziert, aber wir hatten vor dem Rennen schon einen Plan, was wir machen würden, daher wusste ich, was ich zu tun hatte. Ideal war es aber nicht. Trotzdem war es ein gutes Rennen für uns. Ich musste nicht allzu hart pushen, sondern nur die Pace kontrollieren und darauf achten, was die anderen machen. Ein exzellenter Auftakt!"#w1#

Silberpfeile waren auch am Start keine Gefahr

Frage: "Die McLaren-Mercedes-Fahrer bekämpften sich am Start, dadurch hattest du in der ersten Runde gleich mal Luft."
Räikkönen: "Ja, aber das machte unterm Strich keinen großen Unterschied. Wir waren ziemlich schnell, also musste ich nicht pushen. Vielleicht hat das in den ersten Runden geholfen, dass ich nicht alles geben musste. Das Auto war den ganzen Tag über perfekt, am Ende musste ich es nur noch nach Hause bringen."

"Wir waren ziemlich schnell, also musste ich nicht pushen." Kimi Räikkönen

Frage: "Du fuhrst die schnellste Runde im Rennen, aber gegen Ende warst du in Kurve drei einmal neben der Linie. Was war da los?"
Räikkönen: "Da blockierte nur ein Rad. Ich war gerade mit irgendwas beschäftigt, war ein bisschen abgelenkt. Das war komplett mein Fehler, denn ich war hinter einem anderen Auto, aber es kostete nicht viel Zeit."

Frage: "Hattest du etwas anderes im Auge? Hattest du viele solche Schrecksekunden?"
Räikkönen: "Nein, aber manchmal, wenn man nicht 100 Prozent gibt, kann so etwas passieren, denn dann macht man schnell irgendetwas, was man nicht machen sollte. Ich war einfach ein bisschen zu spät auf der Bremse und blockierte ein Rad, aber ich hatte ja genug Zeit, also war ich in der Situation nicht hektisch."

Frage: "Am Anfang schien es dir schwer zu fallen, dich vom Feld abzusetzen, aber später ging es dann relativ locker..."
Räikkönen: "Ich habe am Anfang nicht gepusht, weil ich wusste, was im Rennen passieren würde, also war keine Notwendigkeit da, ans Limit zu gehen. Es war nicht schwierig, aber wir mussten aufpassen, dass nichts schief geht. Also war es nicht schlecht, einen kleinen Vorsprung zu haben. Das größte Problem war der Funk. Am Start ging das Gerät kaputt, also hatte ich das ganze Rennen hindurch keinen Funkkontakt zur Box. Zumindest hatten wir wie gesagt einen genauen Plan, das machte es etwas einfacher."

Frage: "Warst du also auf die Boxentafeln angewiesen?"
Räikkönen: "Ja, im Grunde schon - und auf unsere vorher geplante Strategie. Zum Glück hatten wir keine gröberen Probleme oder so, also war es nicht schwierig, aber auch nicht ideal."

Sauer auf ignorante Nachzügler

Frage: "Zwischendurch hast du einmal drei Sekunden verloren. Hattest du da ein Problem?"
Räikkönen: "Da war viel Verkehr und ich steckte länger als eine Runde hinter einem anderen Auto fest. Das war nicht ideal, denn der Kerl machte trotz der blauen Flaggen nicht Platz. Das war in diesem Rennen sowieso ziemlich armselig. Hoffentlich lässt sich das verbessern, denn es ist nicht ideal, wenn du führst und darauf warten musst, dass du vorbeigelassen wirst."

"Es ist nicht ideal, wenn du führst und darauf warten musst, dass du vorbeigelassen wirst." Kimi Räikkönen

Frage: "Wie groß war der Unterschied zwischen den beiden Reifentypen?"
Räikkönen: "Es gab schon einen Unterschied, aber ich musste ja am Ende nicht mehr angreifen, daher ist es schwer zu sagen, wie gravierend es wirklich war. Beide Reifen schienen gut zu funktionieren. Ich war zufrieden."

Frage: "Bist du überrascht, dass es heute so einfach war?"
Räikkönen: "Ehrlich gesagt haben wir damit gerechnet, aber wir waren uns nicht hundertprozentig sicher, was passieren würde. Wir mussten nicht 100 Prozent geben, daher sind wir in einer sehr guten Position, aber das nächste Rennen kann schon wieder ganz anders sein, daher müssen wir pushen und das Paket weiter verbessern."

Frage: "War dein Auto heute fast perfekt?"
Räikkönen: "Nein, natürlich kann es immer noch besser sein, aber es war sehr gut. Das größte Problem waren die Nachzügler, denn es dauert ewig, bis die kapieren, wer du bist. Das Auto an sich lief aber gut, da kann ich nicht klagen."

Frage: "Wann wurde dir klar, dass es dein Rennen ist?"
Räikkönen: "Als ich über die Ziellinie fuhr natürlich, denn es kann immer alles passieren - auch in der letzten Runde noch. Nach gestern war uns schon klar, dass alles okay sein sollte. Es hängt davon ab, ob du einen guten Start hinbekommst und einen guten Speed hast. Wir hatten den Speed und zogen unser Ding durch, daher dachten wir, dass es unser Rennen werden könnte. So ist es dann ja auch gekommen."

Frage: "Hast du die Kollision zwischen Alexander Wurz und David Coulthard auf der Videowall gesehen?"
Räikkönen: "Nein. Ich sah nur ein Bild davon. Dafür hatte ich keine Zeit. Zum Glück musste das Safety-Car nicht raus, denn das wäre ohne Boxenfunk blöd gewesen."

Erster Auftaktsieg für den "Iceman"

Frage: "Es ist dein erster Sieg seit über einem Jahr. Was geht dir jetzt durch den Kopf?"
Räikkönen: "Es ist immer schön, gleich das erste Rennen zu gewinnen. Das ist mir noch nie gelungen. Wir hatten hier schon gute Rennen, aber gewonnen habe ich noch nie. Mit einem neuen Team und so vielen anderen Neuerungen ist das der ideale Start in die neue Saison. Das Auto ist sehr stark. Die Atmosphäre im Team ist perfekt und die Leute hier machen mir das Leben wirklich sehr leicht. Ich genieße das. Besser kann die Saison wie gesagt nicht beginnen. So sollte es weitergehen!"

Kimi Räikkönen

So sah die Konkurrenz den roten Ferrari von Sieger Kimi Räikkönen Zoom

Frage: "Wie ist es, bei der Siegerehrung die finnische und dann die italienische Hymne zu hören?"
Räikkönen: "Das war schön. Es ist lange her, dass ich die finnische gehört habe. Die italienische habe ich oft gehört, aber es war schön, dass sie heute für mich gespielt wurde."

Frage: "Ist dieser Sieg wie jeder andere oder ist er etwas Besonderes, weil es dein erster für Ferrari ist?"
Räikkönen: "Natürlich ist das ein besonderer Moment - mit einem neuen Team das erste Rennen zu gewinnen, das ist ideal. Zumindest wird mich jetzt niemand fragen, wann ich endlich gewinne! Ich bin glücklich, denn besser kann eine neue Saison nicht beginnen. Ich bin in diesem Team wirklich sehr happy, mit den Leuten hier läuft es gut und das Auto ist gut. Mehr könnte ich mir nicht wünschen."

Frage: "Wer war eigentlich vor der Siegerehrung am Telefon?"
Räikkönen: "Ich glaube, es war Michael (Schumacher; Anm. d. Red.), aber die Verbindung war so schlecht, dass ich ihn nicht verstehen konnte."

Frage: "Wie hast du im vergangenen Monat mit Michael Schumacher eigentlich zusammengearbeitet?"
Räikkönen: "Ich habe ihn zweimal gesehen - beim Launch und bei einem Test. Er kam gerade, als ich mich auf den Weg machte. Wir haben also nicht wirklich Zeit miteinander verbracht."

Räikkönen hofft nun auf weitere Siege

Frage: "Ist das heute der gerechte Ausgleich für frühere schlechte Rennen hier?"
Räikkönen: "Das würde ich nicht sagen. Es war einfach ein perfekter Tag für uns - naja, nicht perfekt, denn wir hatten einige Probleme, aber zumindest kosteten die nichts. Man kann sich immer verbessern, aber zumindest haben wir das Wunschresultat erreicht, gleich im ersten Rennen. Das ist ein guter Start in die Saison. So kann es von mir aus weitergehen."

"Das ist ein guter Start in die Saison. So kann es von mir aus weitergehen." Kimi Räikkönen

Frage: "Heute hattest du es leicht, aber wie wird sich die Konkurrenz in den nächsten Rennen entwickeln?"
Räikkönen: "Es ist noch zu früh, um dazu etwas zu sagen. Wir müssen ein paar Rennen abwarten, bis wir einschätzen können, wo wir genau stehen. Für das nächste Rennen bekommen wir ein paar neue Teile - ich bin sicher, dass wir uns steigern können. Hitze könnte uns entgegenkommen. Wir werden einfach unser Bestes geben und abwarten, wo wir damit landen. Jetzt sind wir in einer guten Ausgangsposition, aber wir müssen hart arbeiten und versuchen, so viele Rennen wie möglich zu gewinnen."

Frage: "Malaysia ist eine größere Strecke, es ist heißer dort. Wie schätzt du deine Chancen dort ein?"
Räikkönen: "Ich werde versuchen, in dieser Tonart weiterzumachen, aber es ist eine ganz andere Strecke mit ganz anderem Wetter. Dort ist es meistens schwieriger, das Auto richtig hinzubekommen, weil die Reifen bei heißen Bedingungen wahrscheinlich nicht so gut funktionieren. Wir warten jetzt einmal den Test nächste Woche ab und darauf werden wir dann aufbauen."