Das große Interview mit Flavio Briatore
Flavio Briatore über die Rückkehr von Fernando Alonso, sein Fahrermanagement, seine geheilte Krebserkrankung, seinen Fußballklub und vieles mehr
(Motorsport-Total.com) - Flavio Briatore ist kein guter Verlierer, aber ein umso besserer Gewinner - und nach einer enttäuschenden Saison 2007 will er mit Heimkehrer Fernando Alonso 2008 wieder zur Spitze aufschließen. Renault hat aus diesem Grund keinen Stein auf dem anderen gelassen. In Paris erklärte der Italiener heute in einem ausführlichen Mediengespräch, warum er so zuversichtlich ist.

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Flavio Briatore gilt als einer der charismatischsten Teamchefs der Formel 1
Frage: "Flavio, machst du dir Sorgen, dass sich deine Fahrer Fernando Alonso und Nelson Piquet Jr. in diesem Jahr bekriegen könnten?"
Flavio Briatore: "Nein! Ich mag es, wenn die Fahrer im Team ein bisschen kämpfen (grinst; Anm. d. Red.)..."#w1#
Keine Regeln für den Umgang im Team
Frage: "Im Ernst: Hast du irgendwelche Regeln ausgegeben?"
Briatore: "Im Moment gibt es kein Problem und ich halte das auch nicht für ein Problem im Team. Wir kennen Fernando sehr gut und sind sehr froh, dass er bei uns zurück ist. Er ist eine tolle Motivation für alle im Team, mich selbst eingeschlossen. Ich will, dass er Spaß am Rennfahren hat, ich will, dass er lächelt, auf seine Kosten kommt und sich ans Programm hält. Das Gleiche gilt für Nelson Piquet."
"Zwischen Teammitgliedern gibt es keinen Konkurrenzkampf. Die Fahrer arbeiten zusammen und wollen das Beste für das Team. Wir dürfen nicht vergessen, dass Fernando viel Erfahrung hat und zweifacher Weltmeister ist. Piquet muss noch viel lernen, ist aber klug und intelligent. Auch er ist unsere Zukunft, denn er ist mit 22 Jahren noch sehr jung und damit in einer fantastischen Position, von Fernando zu lernen. Außerdem: Wenn er schnell ist, kann er Rennen gewinnen! Es gibt also absolut kein Problem. Es ist nur wichtig, dass unsere Fahrer Spaß haben und lächeln und Freude am Rennfahren haben."
Frage: "Hat sich Fernando Alonso in dem einen Jahr, in dem er weg war, verändert?"
Briatore: "Ich glaube, er ist reifer geworden. Das ist ganz normal, denn er hat mehr Erfahrung. Auch vergangenes Jahr war er in einem sehr konkurrenzfähigen Team. Ein Jahr mehr Erfahrung ist ein großes Plus. Er ist sehr fokussiert, motiviert und ich sehe eine Veränderung in seiner Reife und seinem Fokus - er übernimmt mehr Verantwortung. Ich bin sehr froh, dass sich Fernando so positiv entwickelt hat."
Frage: "Hat er dir viel über die vergangene Saison erzählt?"
Briatore: "Nein. Wir müssen nach vorne schauen und über die Formel 1 als Sport reden. Natürlich zwickt es hier und da mal, aber wir müssen an die Zukunft denken. Reden wir über den Sport, reden wir über bessere Rennen! Wir diskutieren über die Budgetobergrenze, aber die Leute interessiert es nicht, wie viel wir ausgeben. Ich denke, die Zuschauer beurteilen uns nach unserer Darbietung. Da muss die Formel 1 besser werden."
Frage: "Findest du, dass Fernando Alonso im vergangenen Jahr zu wenig Respekt gezeigt hat?"
Briatore: "Ich beurteile Fernando nur anhand der Arbeit bei uns. Was bei McLaren passiert ist, geht mich nichts an. Jeder hat eine andere Art und Weise, mit seinen Leuten umzugehen - das gehört zum Leben dazu. Ich will nicht beurteilen, was zwischen Fernando und McLaren vorgefallen ist. Ich will nur das beurteilen, was zwischen Fernando und uns in den vier oder fünf Jahren passiert ist, in denen wir zusammengearbeitet haben. Da hatten wir immer ein fantastisches Verhältnis."
Alonso hatte Sehnsucht nach Renault
Frage: "Glaubst du, dass er sich heute wünscht, Renault nie verlassen zu haben?"
Alonso: "Ich weiß es nicht. Wenn er zurückkommt, ist das vielleicht der Grund, oder?"
Frage: "Bist du besorgt, dass er euch wieder verlassen könnte?"
Briatore: "Ich mache mir keine Sorgen - in meinem ganzen Leben nicht. Stattdessen sollen sich die anderen lieber wegen mir Sorgen machen! Ich wäre ein Masochist, wenn ich im Wissen in die Saison gehen würde, dass jemand gehen will. Der Fahrer ist wichtig für uns und das Unternehmen, keine Frage, aber man muss auch Respekt zeigen. Das sind junge Kids, denen der Sport Spaß machen muss. Diese Leute lieben den Rennsport."
Frage: "Ist Fernando Alonso vielleicht klar geworden, dass er bei Renault glücklicher sein kann?"
Briatore: "Fernando weiß genau, was in den fünf Jahren bei uns passiert ist. Er ist zu McLaren gegangen, was eine weitere Erfahrung war. Dann ist er zurückgekommen. Ganz einfach. Es gehört zum Leben dazu, auch mal andere Dinge auszuprobieren. Ich war bei Benetton und habe das Team auch verlassen, aber dann bin ich mit Renault zurückgekommen."
Frage: "Hast du ihn im Vorjahr manchmal angesehen und dich gefragt, ob das wirklich noch Fernando Alonso ist?"
Briatore: "An seinen Leistungen gemessen hat er im Vorjahr einen sehr guten Job gemacht. Das Team war gut, aber ob er glücklich war, kann ich nicht sagen - das ist eine ganz andere Geschichte und nicht mein Problem, weil es ein anderes Team war. Ich will das bei McLaren nicht beurteilen, denn es fällt nicht in meine Verantwortung."
Frage: "Eines seiner Probleme war, dass er nicht die unumstrittene Nummer eins war. Wie wird die Situation in diesem Jahr sein?"
Briatore: "Ich möchte nicht über eine Nummer eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs oder sieben sprechen, sondern ich sehe das ganz locker. Beide Fahrer fahren für das Team und arbeiten zusammen, den Rest werden wir sehen. Aber wir starten mit folgender Ausgangslage: Fernando ist ein Weltmeister. Wir haben den Weltmeister zurück, er hat mit uns zwei Titel gewonnen, während Nelsinho der Junge ist, der noch lernen muss."
Klare Fronten zwischen den Fahrern
"Man darf nicht vergessen, dass Nelsinho noch nie ein Rennen gefahren ist, auch wenn er schon oft getestet hat. Die Beziehung zwischen den beiden ist ganz klar, denn sie kommen gut miteinander aus und sie werden von uns gleichermaßen unterstützt. Aber wir wollten Fernando unbedingt zurück und wir werden auch alles für ihn geben."

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Flavio Briatore und sein "verlorener Sohn" Fernando Alonso sind wieder vereint Zoom
Frage: "Wie schwierig war es, ihn zurückzubekommen?"
Briatore: "Schwierig oder nicht - ich hatte einen Vorteil, weil ich ihn gut kenne. Nach der Erfahrung bei McLaren fehlte ihm etwas, um sich gut und involviert zu fühlen. Außerdem reden wir jedes Wochenende. Das Tauziehen war hart, klar, aber am Ende hat er sich für uns entschieden."
Frage: "Wann habt ihr euch das erste Mal ernsthaft über eine Rückkehr unterhalten?"
Briatore: "Schon vor dem ersten Rennen!"
Frage: "Was kannst du über das neue Auto verraten?"
Briatore: "Der R27 hatte zahlreiche Schwächen, die nicht besonders schwierig zu lokalisieren waren. Er war einfach zu langsam. Ich bin kein Techniker, aber wir arbeiten an diesem Auto viel härter. Seit 2007 hat sich viel geändert, aber nur das erste Rennen kann zeigen, ob wir unsere Hausaufgaben gut gemacht haben. Alle arbeiten hart. Für mich ist das Wichtigste, was im ersten Rennen passieren wird. Bei den Präsentationen sagen alle, dass ihr Auto fantastisch ist, wunderbar. Ich weiß es bei diesem Auto nicht. Wir haben in Valencia viele Kilometer zurückgelegt und wir wissen, dass nichts fundamental falsch ist, aber wir werden erst ab morgen in Barcelona an der Performance arbeiten."
Frage: "Kann Nelson Piquet Jr. in seinem Rookiejahr genauso gut abschneiden wie Lewis Hamilton, wenn das Auto dafür gut genug sein sollte?"
Briatore: "Wenn das Auto konkurrenzfähig ist, dann hoffe ich, dass beide Fahrer permanent vorne stehen. Nelson hat in der GP2 gegen Hamilton nicht schlecht ausgesehen. Hamilton hatte damals das bessere Auto, weil sein Team besser war, aber am Saisonbeginn war Nelson sehr, sehr konkurrenzfähig."
Frage: "Könnte es ein Vorteil sein, dass Fernando Alonso nach allem, was im Vorjahr passiert ist, besonders motiviert ist, McLaren-Mercedes zu schlagen?"
Briatore: "Wenn du ein Auto baust, dann tun das die Ingenieure. Manche Fahrer schöpfen dann 80 Prozent des Potenzials aus, manche 90 - aber bei Fernando weißt du, dass du immer 100 bekommst. Mit ihm lernt man die Grenzen des Autos kennen, was sehr wichtig ist. Es geht aber nicht nur um das Limit, sondern auch um die Richtung. Fernando versteht das Auto hervorragend. Nelson hat ungefähr 30.000 Kilometer getestet. Diese Kombination ist fantastisch - und Fernando bringt jede Menge Motivation ins Team. Die Ingenieure wissen bei ihm, ob sie gut gearbeitet haben, und das ist fundamental wichtig."
2007 war das Auto unfahrbar
Frage: "Was wäre im Vorjahr mit Fernando Alonso im Cockpit möglich gewesen?"
Briatore: "Das Auto war ziemlich unfahrbar, vor allem zu Beginn, und das wissen wir. Das war nicht Fisichellas oder Heikkis (Kovalainen; Anm. d. Red.) Fehler. Es war ein schwieriges Auto, aber ich weiß nicht, wie gut es mit Fernandos Input gewesen wäre. Als er das 2007er-Auto getestet hat, war er jedenfalls verdammt schnell."
Frage: "Du hast im Vorjahr gesagt, dass man einem zweifachen Weltmeister einen Status als Nummer eins versprechen muss. Hast du ihm dieses Versprechen gegeben?"
Briatore: "Ihr redet über die Nummer eins und die Nummer zwei, als hätte es sich jemand auf das T-Shirt geschrieben..."
Frage: "Wollte Fernando Alonso nach seiner Erfahrung mit McLaren-Mercedes keine Garantie in diese Richtung?"
Briatore: "Ich glaube nicht. Ich will aber ehrlich gesagt nicht schon wieder über McLaren reden."
Frage: "Aber damit so etwas nicht noch einmal vorkommt..."
Briatore: "In der Formel 1 hat man schnell einmal ein Problem. Man muss das erkennen, bevor es soweit ist, denn sonst ist es zu spät. Aber darüber müssen wir wirklich nicht mehr diskutieren, denn Fernando weiß, dass wir als Team funktionieren, und Nelsinho weiß das auch. Ich denke, es ist alles ganz klar."
Frage: "Man muss das also nicht vertraglich regeln?"
Briatore: "Es ist ein geschriebener Vertrag, ja."
Frage: "Ist es nun einfacher als früher, mit Fernando Alonso zu kommunizieren?
Briatore: "Fernando ist sehr professionell, nicht irgendein Geistesgestörter! Er ist ein sehr guter Teamplayer, wenn er nur von seinem Umfeld unterstützt wird."
Frage: "Kannst du es überhaupt fassen, dass Ron Dennis einen zweifachen Weltmeister ziehen hat lassen?"
Briatore: "Ich will Ron nicht kritisieren, denn er hat in der Vergangenheit einen sehr guten Job gemacht. Wir sind Konkurrenten, aber ich habe viel Respekt vor ihm. McLaren ist ein sehr wichtiges Team für die Formel 1."
Frage: "Glaubst du, dass Heikki Kovalainen Lewis Hamilton herausfordern wird?"
Briatore: "Ich hoffe es - hoffentlich gibt es noch so einen!"
Lob für Kovalainen
Frage: "Wie stark schätzt du ihn ein?"
Briatore: "Heikki ist sehr gut, sehr stabil. Ich bin schon gespannt, wie er sich gegen Lewis schlagen wird. Natürlich ist Lewis im Moment im Vorteil, weil er das Auto sehr gut kennt, das System und das Team, aber ich glaube, dass das Team auch Heikki unterstützen wird, denn unterm Strich brauchst du zwei konkurrenzfähige Autos. Ich glaube, dass er gute Arbeit leisten wird."
Frage: "Warum hast du Nelson Piquet Jr. anstelle von Heikki Kovalainen unter Vertrag genommen? Was waren die Beweggründe?"
Briatore: "Nun, Nelson ist ein junger Fahrer, aber wenn man jemanden wie Fernando hat, dann muss man einen zweiten Mann finden, der zu ihm passt. Heikki ist in der Formel 1 schon gut, da macht es mehr Sinn, einen Rookie wie Piquet neben Fernando zu haben. Wir mögen Heikki sehr, aber es war eine Entscheidung für die Zukunft."
Frage: "Glaubst du, dass Heikki Kovalainen Fernando Alonso zu sehr herausgefordert hätte, was möglicherweise einen Konflikt heraufbeschworen hätte?"
Briatore: "Nein. Nur weil das im Vorjahr bei McLaren so war, glaubt ihr jetzt, dass es immer so sein muss, aber das sehe ich anders. Im Vorjahr hätte niemand damit gerechnet, dass Hamilton so schnell sein würde. Damit hat alles angefangen, denn niemand hätte geglaubt, dass er genauso schnell sein würde wie Fernando."
Frage: "Welche Ziele möchtest du dieses Jahr mit Renault erreichen?"
Briatore: "Ich möchte, dass wir in jedem Rennen zumindest eine 50-prozentige Chance haben, auf das Podium zu fahren. Man darf nicht vergessen, dass Ferrari, McLaren und BMW vor uns waren. Das Podium sind nur drei Fahrer, also muss man zu den zwei oder drei besten Teams gehören, um das zu schaffen. Das wäre fantastisch für uns. Alles andere kann man nicht sagen."
Frage: "Deine Firma managt sowohl Fernando Alonso wie auch Heikki Kovalainen. Hat es beim Cockpittausch irgendwelche Probleme gegeben?"
Briatore: "Keine Probleme. Die Tatsache, dass McLaren einen unserer Fahrer bekommen hat, bedeutet Kontinuität - und Kontinuität ist alles (grinst; Anm. d. Red.)!"
Vorteil durch frühen Entwicklungsbeginn?
Frage: "Glaubst du, dass es für euch von Vorteil ist, dass ihr nicht im WM-Kampf involviert wart und früher mit der Entwicklung des R28 beginnen konntet?"
Briatore: "Ich hoffe es. Wir versuchen alles, warten wir ab."
Frage: "Kannst du Nelsinho mit seinem Vater Nelson Piquet vergleichen, der früher ja auch für Benetton gefahren ist?"
Briatore: "Beide sind Brasilianer!"

© Renault
Auf dem R28 ruhen alle Hoffnungen des Renault-Teams auf Besserung Zoom
Frage: "Vor ein paar Jahren hast du gesagt, dass du dir vorstellen kannst, Renault einmal zu verlassen. Wie siehst du deine Zukunft im Team jetzt?"
Briatore: "Sie haben mich noch nicht gefeuert (lacht; Anm. d. Red.)! Ganz ehrlich: Ich fühle mich wohl hier. Wir haben erstaunliche Dinge geleistet und ich habe Spaß, was mir sehr wichtig ist. Dieses Jahr sollten wir wieder besonders viel Spaß haben. Ich mag auch euch Journalisten, ich mag das ganze Umfeld - die Formel 1 ist ein fantastischer Job. Natürlich gibt es viele Kontroversen, aber wir alle sind sehr privilegiert - ich, ihr Jungs, alle -, dass wir in diesem Umfeld arbeiten dürfen. Wir müssen nicht mit jedem Freund sein, aber wir haben viel Glück und sollten uns dessen bewusst sein. Im Moment habe ich das Gefühl, dass ich das Team gut manage. Solange das der Fall ist und mich die Leute respektieren, werde ich bleiben."
Frage: "Ist dein Engagement beim Fußballklub Queens Park Rangers eine Ablenkung? Ist das nicht eine störende Doppelbelastung?"
Briatore: "Ganz egal, was du machst, am wichtigsten ist, dass du Leute hast, die die Situation im Griff haben. In der Formel 1 habe ich gute Leute um mich, genau wie im Fußball. Man muss den Klub organisieren, dann kostet es keine Zeit, denn wir haben ja für jede Aufgabe jemanden: einen Finanzdirektor, einen Kommerziellen Direktor, einen Sportdirektor, einen Trainer, Spieler, alles. Die Resultate werden schwanken, das weiß man nie, aber es raubt mir keine Zeit für die Formel 1."
Frage: "Im Vorjahr wurden die Rennen von den Geschehnissen abseits der Strecke überschattet. Bist du besorgt, dass das wieder passieren könnte?"
Briatore: "Ich hoffe nicht, sondern ich hoffe, das es nun reicht und dass wir wieder über Sport reden. Das im Vorjahr war eine neue Erfahrung für alle. Ich möchte etwas sagen: Unser Business ist mit der Sache sehr gut umgegangen, denn das war ein großes Problem, das wir gelöst haben, und jetzt beginnen wir wieder mit einem weißen Blatt Papier. Gemeinsam haben wir den Sport aufgeräumt."
Kontrolle aller Mitarbeiter schwierig
"Ich will niemanden verurteilen. Das hat es im Fußball und im Radsport auch schon gegeben, aber wir haben daraus etwas gelernt. Alle Angestellten zu kontrollieren, ist wahnsinnig schwierig, denn mit mehr als 1.000 Leuten innerhalb der Firma kann man fast nicht alle im Auge behalten. Ich hoffe aber, dass alle etwas dazugelernt haben. Wenn man es positiv sehen will, dann wurde die Sache vom Verband sehr gut gehandhabt."
Frage: "Wie ist dein Verhältnis zu Fernando Alonso jetzt? Ist er noch in deiner Managementfirma?"
Briatore: "Nichts hat sich geändert. Kontinuität, wir wollen immer Kontinuität. Alles ist gleich geblieben."
Frage: "Wäre es frustrierend für ihn, falls euer Auto in dieser Saison seine Erwartungen nicht erfüllen könnte?"
Briatore: "Jetzt warten wir mal die nächsten paar Monate ab. Renault ist 2001 in die Formel 1 eingestiegen, aber abgesehen von 2007 hatten wir immer ein ziemlich gutes Auto. Bei Ferrari war es 2005 ähnlich. Sie haben nur in den USA gewonnen - und auch das nur, weil sie keine Gegner hatten. Wenn wir keinen Gegner gehabt hätten, hätten wir im Vorjahr auch einen Sieg gefeiert! Leider waren da aber noch zehn andere Teams..."
Frage: "Glaubst du, dass der R28 ein großer Fortschritt ist? Seid ihr im Zeitplan?"
Briatore: "Wir sind mit allem im Zeitplan. Ich weiß nicht, wie schnell das Auto ist, denn wir haben ja erst einmal getestet, auch nur wegen der Zuverlässigkeit. Los geht es erst in Barcelona. Im Moment sieht es gut aus. Das Auto ist sicher besser als im Vorjahr, aber das ist auch nicht schwierig. Wie stark wir sein werden, kann ich nicht sagen."
Frage: "Du hattest im Vorjahr Krebs. Wie geht es dir jetzt?"
Briatore: "Gut. Es war ein hartes Jahr für mich, denn es war alles ein bisschen zu viel, aber jetzt geht es mir wieder gut. Ich bin entspannt und meine Gesundheit ist in Ordnung. Ich hatte alle Untersuchungen und im Moment passt alles."
Frage: "Hast du die Absicht, Max Mosley als FIA-Präsident nachzufolgen?"
Briatore: "Ich? Max macht den Job gratis, das ist nicht mein Ding. Ich würde daran keinen Spaß haben. Außerdem arbeitet Max sehr hart, also sicher nicht!"
Kein Problem mit Druck
Frage: "Wie sehr steht euer Team nach der Saison 2007 unter Druck?"
Briatore: "In der Formel 1 dreht sich alles nur um Druck. Die Teams, die damit am besten umgehen können, sind am besten. Wir haben uns ehrgeizige Ziele gesetzt, konnten diese aber nicht erfüllen. Dann muss man eben die Probleme lokalisieren und sie lösen. Das haben wir geschafft - und jetzt wollen alle zurück an die Spitze. Unsere Entwicklungsresultate sind positiv, wir denken, dass wir ein gutes Auto haben. Jetzt müssen wir warten, wie wir im Vergleich zu unseren Gegnern aussehen."
Frage: "Ist Renault immer noch ein Topteam?"
Briatore: "Renault und Ferrari sind die einzigen Teams, die seit 2000 Weltmeister geworden sind - das sagt doch alles. Wir hatten 2007 ein schlechtes Jahr, aber Ferrari hatte 2005 eins und McLaren 2006. Das gehört in der Formel 1 dazu. Manchmal nimmt man zu viel Risiko, manchmal zu wenig. Das Wichtigste ist, dass man zurückschlägt."
Frage: "Wie wollt ihr das schaffen?"
Briatore: "Wir sind stark genug, um die Enttäuschungen hinter uns zu lassen. Renault hat für die Zukunft in Enstone investiert, speziell in Form des neuen CFD-Zentrums, das uns die nötige Stabilität gibt, um nach vorne zu kommen. Das neue Auto ist eine Richtungsänderung, es basiert auf einem sehr aggressiven Konzept. Wenn man dazu noch Fernandos Können rechnet, dann ergibt das eine wunderbare Kombination."
Frage: "Du setzt dich seit Jahren für mehr Kosteneffizienz ein. Freut es dich, dass nun auch andere so zu denken beginnen?"
Briatore: "Es hat lange gedauert, aber es scheint, als würden die Leute langsam kapieren, dass die Formel 1 billiger werden muss, wenn sie überlebensfähig bleiben soll. Die Budgetobergrenze ist eine sehr gute Idee, denn so werden die Teams gezwungen, so effizient wie möglich zu arbeiten. Die Formel 1 ist in vielerlei Hinsicht ein Vorreiter - und das kann auch in diesem Bereich so sein. Aber das ist nur die eine Seite des Problems, denn wir müssen auch die Show besser machen. Da haben wir noch viel Arbeit vor uns."
Frage: "Wer werden eure Hauptkonkurrenten sein?"
Briatore: "Das ist im Moment unmöglich zu sagen, aber Ferrari und McLaren werden stark bleiben, weil sie im Vorjahr einen riesigen Vorsprung hatten. BMW müsste sich auch weiter verbessern, wie jede Saison. Andere Teams werden ebenfalls einen Schritt machen - vielleicht Red Bull, vielleicht Williams. Im Moment wissen wir nur, was wir selbst gemacht haben, und damit sind wir zufrieden. 2007 wurden wir mit einem schlechten Auto WM-Dritter, obwohl wir die Entwicklung zur Saisonhälfte eingestellt haben. 2008 haben wir ein gutes Auto - und einen Weltmeister im Cockpit. Es sieht viel versprechend aus!"

