Das Comeback-Interview: Sutils Achterbahnfahrt 2013

Vom traumhaften Einstand mit Führungsrunden in Melbourne bis zum Formeinbruch von Force India: Adrian Sutil spricht im exklusiven Interview über seine Saison 2013

(Motorsport-Total.com) - Es war ein Comeback wie aus dem Märchen: Als der Rest des Feldes beim Saisonauftakt in Australien zum Boxenstopp kam, erbte Adrian Sutil durch seine alternative Strategie (langer erster Stint auf harten Reifen) in der 14. Runde die Führung. Insgesamt 14 Runden lang lag er an jenem 17. März an der Spitze des Feldes, und selbst Titelverteidiger Sebastian Vettel, der ihm elf Runden lang wie ein Schatten folgte, fand erst in der 22. Runde einen Weg vorbei.

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil

Adrian Sutil blickt mit gemischten Gefühlen auf die bisherige Saison 2013 zurück Zoom

Letztendlich wurde Sutil Siebter, denn natürlich waren die ersten Führungsrunden seiner Karriere durch die alternative Strategie "erkauft". Aber er hatte nach einem Jahr Zwangspause allen bewiesen: Ich kann es noch! Und der Force India war in der ersten Saisonhälfte schnell wie eine Rakete, was Paul di Resta mit sieben Punkteresultaten in acht Rennen bestätigte. Sutil hingegen wurde nach Australien erst einmal auf den Boden der Realität zurückgeholt und schrieb vier (teils sehr unglückliche) Nullrunden an, ehe er in Monaco sensationell Fünfter wurde.

Sensationell deshalb, weil er auf dem Weg zu diesem Spitzenergebnis ausgerechnet in der engen Loews-Haarnadelkurve den ehemaligen Weltmeistern Jenson Button und Fernando Alonso eine Lehrstunde im Überholen erteilte. Trotzdem fällt die Saisonbilanz des 30-Jährigen nicht nur positiv aus, wie er im Interview mit 'Motorsport-Total.com' schildert - auch, weil sein Force India ausgerechnet in jener Phase der Saison nachließ, als auf dem Transfermarkt damit begonnen wurde, die Cockpits für 2014 zu verteilen...

Führung in Australien: Comeback wie im Traum

Frage: "Adrian, wir reden heute nicht nur darüber, was diese Saison passiert ist, sondern vor allem darüber, wie du die verschiedenen Situationen erlebt hast. Wie die Rennen gelaufen sind, das wissen wir ja bereits. Einverstanden?"
Adrian Sutil: "Gern."

Frage: "Dann fangen wir in Australien an. Du kommst nach einem Jahr Zwangspause, in dem du sicher auch gewisse Selbstzweifel hattest, zurück in die Formel 1 und führst plötzlich den ersten Grand Prix an. Was ist dir im Flieger von Australien nach Malaysia durch den Kopf gegangen?"
Sutil: "Es war ein tolles Comeback! Ich hatte die Zusage ja ein bisschen kurzfristig bekommen. Mir ging's eigentlich gut, denn ich hatte auch ohne Formel 1 ein tolles, sehr schönes Jahr."

Adrian Sutil und Chefredakteur Christian Nimmervoll

Adrian Sutil im Interview mit unserem Chefredakteur Christian Nimmervoll Zoom

"Irgendwann dachte ich dann schon, dass ich gerne noch ein paar Jahre fahren würde, weil ich meine Ziele noch nicht erreicht habe. Die Möglichkeit hat sich dann aufgetan. Leider hat es zu lang gedauert, aber es ging dann durch. Ich wusste es schon ein bisschen vor allen anderen, aber trotzdem ist die offizielle Bestätigung natürlich das Wichtigste. Und dann ging alles zack, zack. Ich war sehr entspannt, ..."

Frage: "Vor dem Australien-Wochenende schon?"
Sutil: "Vor dem Wochenende war ich entspannt, denn ich hatte letztendlich nichts zu verlieren. Ich war wieder dabei, wusste aber, dass ich auch ohne Formel 1 ein tolles Leben habe. Ich fand's schön, wieder Rennen zu fahren - deswegen mache ich diesen Sport ja, weil mir das Autorennfahren Spaß macht. Es war alles sehr schwierig: erstes Qualifying im Regen, dann wurde es abgesagt, Sonntags-Qualifying. Ich wurde gleich wieder voll getestet, und das alles mit nur ein paar Kilometern in Barcelona. Und dann das Rennen: Nach ein paar Runden führst du endlich einen Grand Prix an!"

Frage: "Was ja vorher noch nie der Fall war."
Sutil: "Noch nie! Da dachte ich mir auch: 'Ich habe fünf Jahre gekämpft, um das hinzukriegen, und dann mache ich ein Jahr Pause, kein Training - und nach 14 Runden führst du den Grand Prix an!' Das war ein irres Gefühl."

Wenn die Boxentafel den ersten Platz anzeigt

Frage: "Naive Zwischenfrage: Wie kriegt man denn überhaupt mit, dass man einen Grand Prix anführt? Braucht's dafür einen Funkspruch, siehst du das auf der Boxentafel? Wie muss man sich das vorstellen?"
Sutil: "Das habe ich dann auf der Boxentafel gesehen, die mir jede Runde gezeigt wird, ganz klassisch. Aber natürlich krieg' ich auch über den Funk gesagt, wo ich gerade bin - ich war ja auf einer anderen Strategie."

"Natürlich hat jeder gedacht, das ist jetzt eine Sache von ein, zwei Runden, dann kommen die anderen eh und überholen mich. Aber dann hing auch der Herr Vettel plötzlich hinter mir fest und hat gesehen, dass er mich nicht überholen kann! Bis zur 42. Runde war ich dann noch einmal in Führung, ich habe also viele Führungsrunden absolviert."

"Natürlich war meine Strategie andersrum: Ich habe am Ende die weichen Reifen draufgemacht, die ohne Ende zusammengefallen sind. Aber ich konnte immer noch ein tolles Resultat nach Hause fahren. Das war ein toller Grand Prix, den werde ich nicht vergessen - und es war natürlich sehr, sehr schön, auch so einen Grand Prix mal zu fahren: ohne Druck, wenn alles von selbst klappt. Toll, war schön - ein schöner Einstieg, der Lust auf mehr gemacht hat."


Interview: Adrian Sutil im 'aktuellen sportstudio' des 'ZDF'

Frage: "Auch psychologisch ganz wichtig, nach einem Jahr Pause, oder? Klar konnte man davon ausgehen, dass du es nicht völlig verlernt hast, aber wissen kannst du's erst, wenn du wieder im Auto sitzt..."
Sutil: "Ja, klar. Ich wusste ja nicht, wie es ist, ein Jahr Pause zu machen. Ich hatte mich trotzdem weit rausgelehnt und gesagt: 'Ein Jahr macht einen nur stärker, Formel 1 fahren verlernt man nicht.'"

"Ich war davon überzeugt, dass ich eigentlich nur besser sein konnte, und ich glaube, das habe ich auch gezeigt: dass ich auf keinen Fall etwas verloren hatte, sondern mindestens so gut war wie davor. Und das habe ich über die Saison weiterhin bestätigt, denke ich. Schade, dass das Auto am Anfang so gut war und nicht am Ende. Das ist das Einzige, was mir nicht ganz reinpasst, aber so ist die Formel 1."

Vier Rennen ohne Punkte nach toller Rückkehr

Frage: "Dazu kommen wir später noch. Nach Australien wusstet ihr also, dass euer Auto sehr schnell ist, aber trotzdem kamen erstmal vier Rennen ohne Punkte. Hat dich das dann direkt wieder runtergeholt von Wolke sieben?"
Sutil: "Es war ein bisschen bitter, denn ich hatte oftmals eine unglaubliche Race-Pace. Das tut dann irgendwie schon weh, wenn du denkst: 'Was wäre hier möglich gewesen?'"

"Du siehst dieses Podium schon wieder, die Chance: 'Das war sie heute!' Und aus irgendeinem blöden Grund - Boxenstopp, Reifenschaden - haben wir es nicht hingekriegt. Aber ich war dann doch so überzeugt: 'Die Chance kommt nochmal, das Auto ist so stark - ich habe ja noch das restliche Jahr Zeit, das hinzukriegen.'"

"Als jeder gesagt hat, das ist unmöglich, habe ich es möglich gemacht, zu überholen." Adrian Sutil

Frage: "In Silverstone warst du auch tatsächlich ganz knapp dran."
Sutil: "Ja, in Silverstone war ich knapp dran, aber auch Monaco war ein tolles Rennen, wirklich, wirklich gut. Ich habe lange gewartet und dann am Ende, als es eher ein Sprintrennen war, habe ich attackiert und angegriffen. Als jeder gesagt hat, das ist unmöglich, habe ich es möglich gemacht, zu überholen. Es war ein tolles Rennen."

"Dann die nächste Chance in Silverstone. Das war gut. Ich habe wirklich gedacht: 'Das ist es jetzt, jetzt kommt es, das lass' ich mir nicht mehr nehmen!' Aber die letzten sieben Runden waren schwieriger als je zuvor, die Reifen sind komplett nach unten gegangen. Der Vorteil mit einem neuen Satz Reifen war einfach so riesig groß, dass man die anderen gar nicht mehr halten konnte."

Frage: "Im ersten Moment dachte man ja, dass es richtig sei, nicht mehr an die Box zu kommen..."
Sutil: "Ja, es ist unglaublich, so schnell! Aber die Formel 1 ist unberechenbar. Man muss es bis zum Ende durchkriegen, dann zählt's."

Auf Augenhöhe mit Paul di Resta

Frage: "Kommen wir zu deinem Teamkollegen. Du kanntest Paul di Resta ja davor schon, ihr seid 2011 gemeinsam für Force India gefahren. Hattest du ein Gefühl, wo du gegen ihn stehen würdest? Schließlich konntest du ja nicht wissen, wie er sich seither entwickelt hat. Wie bist du mit dieser Situation umgegangen?"
Sutil: "Ich wusste schon immer, dass er gut ist - er war ja auch im ersten Jahr stark, sehr konstant. Im zweiten Jahr war er auch gut, aber am Ende hatte er ein bisschen Probleme und es ging nicht mehr so vorwärts. Trotzdem hatte er gute Resultate."

"Ich habe schon damit gerechnet, dass er sich weiterentwickelt. Jede Serie, wo er war, hat er eigentlich immer gewonnen. Das ist ein starkes Zeichen. Er ist ein starker Fahrer, aber ich hatte trotzdem keine Sorgen, denn ich möchte mich ja mit den Besten messen. Ich bin ehrlich zu mir selbst: Wenn ich langsamer bin, bin ich langsamer. Dann arbeite ich dran und hoffe, dass ich es hinkriege."

"Wir haben eine sehr gute Mischung im Team. Wir können mit beiden Fahrern in die Punkte fahren und wir sind sehr eng zusammen." Adrian Sutil

"Es ist ein guter Wettkampf mit Paul, macht mir Spaß. Ich glaube, wir haben eine sehr gute Mischung im Team. Wir können mit beiden Fahrern in die Punkte fahren und wir sind sehr eng zusammen - mal der, mal der. Aber es ist ausgeglichen. So soll es sein."

Frage: "Das Qualifying-Duell ist mit 8:9 aus deiner Sicht fast ausgeglichen, bei den Punkten steht es 29:48 - aber da spielen natürlich viele Faktoren rein. Würdest du grundsätzlich zustimmen, wenn ich sage, dass ihr beide euch momentan nicht allzu viel schenkt?"
Sutil: "Ja, das schon. Das Qualifying-Ergebnis ist das, was sehr offensichtlich ist. Die Punkte schauen ein bisschen anders aus, aber dafür gibt es ziemlich klare Gründe. In Bahrain habe ich viele Punkte verloren, war der Schnellste im Rennen. Ein Podium hätte 15 Punkte gegeben, ein vierter Platz auch noch zwölf. Dann wären wir schon fast gleichauf."

"Und ich hatte noch einige anderen Rennen, wo ich Punkte verloren habe, zum Beispiel in China, als mir Gutierrez reingerast ist. Da waren überall Möglichkeiten. Wenn man sich da ein bisschen auskennt, wird man das schon richtig feststellen, aber nichtsdestotrotz sind noch zwei Rennen zu fahren. Ich gebe alles, um noch ein paar Punkte zu holen. Es ist immer noch möglich, aber die großen Erlebnisse in den Punkten sind dieses Jahr sehr schwierig."

Vorteil im Regen ist Schnee von gestern

Frage: "Bei einem Regenrennen in Brasilien vielleicht?"
Sutil: "Ja, aber der Regen ist für uns im Moment auch nicht so gut, da haben wir Schwierigkeiten mit den Reifen."

Frage: "Das hat mir dein Manager schon erzählt und finde ich verwunderlich. Früher war Regen ja immer wie maßgeschneidert für dich. Warum hat sich das geändert?"
Sutil: "Wir hatten dieses Jahr extreme Probleme im Regen. Auch in Malaysia: Erster in Q1, in Q2 mit gebrauchten Reifen Fünfter - das hatte ich davor auch noch nie - und dann fängt es an zu regnen. Ich habe gedacht: 'Das gibt es nicht!'"

Adrian Sutil hinter Jenson Button

In Monaco hetzte Adrian Sutil Jenson Button vor sich her und überholte ihn später Zoom

"Wenn das Auto schlecht läuft, wünsche ich mir immer Regen, aber es kommt nichts. Dann läuft's gut, dann kommt der Regen - genau das, was wir nicht brauchen. Da hat es uns auch wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht. In Zusammenhang mit den Reifen wissen wir nicht genau, wie es funktioniert. Besonders damals, als wir mit den Bridgestone-Reifen unterwegs waren, war Regen meistens gut für uns. Man braucht im Regen ja auch ein gutes Auto, sonst ist man nicht schnell."

"Wenn die Reifen funktionieren, ist der Unterschied heute teilweise zwei, drei Sekunden pro Runde. Im Trockenen ist es vielleicht eine halbe Sekunde. Dieser Unterschied ist im Regen also wesentlich größer. Wir haben teilweise gar keinen Grip, aber dann trocknet es ab und auf einmal geht die Karre wie verrückt. Aber wir können nicht genau sagen, warum das so ist. Seitdem die Pirelli-Reifen da sind, ist das so. Ich glaube, der Regenreifen ist fast noch schwieriger zu verstehen als der Trockenreifen."

Frage: "Um kurz ins Technische zu gehen: Ist es dann eine reine Temperaturfrage beim Reifen?"
Sutil: "Muss es eigentlich sein. Wer weiß, was man mit den Reifen vielleicht davor machen muss? Da gibt es verschiedene Wege, diesen Reifen zu behandeln. Jedes Team hat da so seine Geheimnisse, aber wir sind noch nicht richtig dahintergekommen. Wir hatten jetzt auch wenig Regenrennen, was es schwierig macht, etwas zu probieren. Da sehe ich uns noch nicht da, wo wir damals mit den Bridgestone-Reifen waren."

Auto lässt in der wichtigsten Phase der Saison nach

Frage: "Du hast vorhin schon erwähnt, dass es bitter ist, dass das Auto gerade jetzt, in der wichtigsten Transferzeit, nicht mehr so gut funktioniert. Dazwischen hat Pirelli die Reifen umgestellt, was ich jetzt aber gar nicht mehr thematisieren möchte. Aber so, wie Australien ein psychologisches Hoch war, muss das jetzt ein psychologischer Knicks sein, zur wichtigsten Zeit des Jahres - und du kannst noch nicht einmal etwas dafür..."
Sutil: "Ja, genau. Ist auch komisch in der Formel 1: Die ersten Rennen, die vergisst man schon, da weiß keiner mehr davon, aber die letzten Rennen, die zählen."

Frage: "Ist das nicht bitter? So etwas entscheidet letztendlich über den Verlauf von Karrieren."
Sutil: "Es ist bitter, besonders aber auch, weil ich jetzt besser bin als Anfang des Jahres. Ich habe wieder mehr Übung, bin im Qualifying- und Rennmodus voll drin, fühle mich stärker als am Anfang des Jahres. Trotzdem ist es schwierig, auch nur annähernd diese Resultate einzufahren."

Vijay Mallya, Adrian Sutil

Gratulationen vom Teamchef: Adrian Sutil fuhr in Ungarn seinen 100. Grand Prix Zoom

"Aber ich kenne die Formel 1 jetzt schon lange. So ist es halt, es geht hoch und runter. Das ist so abhängig vom Auto, der Fahrer ist eigentlich schon fast nebensächlich. Aber am Ende musst du trotzdem deinen Job machen. Und wenn du keine Fehler machst, ist der Unterschied schon da. Vorne wirst du dann halt Erster statt Dritter, und bei uns hinten bist du Achter statt Elfter. Du musst schon deine Leistungen abrufen, aber natürlich wäre es besser, wenn man jetzt gute Resultate einfahren kann."

"Ich denke trotzdem, dass ich mich für die Insider in diesem Sport nicht mehr beweisen muss. Die Leute wissen, was ich kann und was ich nicht kann. Ich bin jetzt sechs Jahre dabei. Wenn die jetzt noch nicht wissen, was sie an mir haben... Es wird ja jetzt nicht mehr so sein, dass ich mich noch unglaublich steigere. Die Steigerung kommt in den ersten drei Jahren, dann ist der Fahrer ausgebildet. So ist das bei mir. Ich fühle mich wohl, mache wenig Fehler und spule mein Programm ab. Mehr kann ich nicht machen im Moment, das ist meine Fähigkeit."

Frage: "Du hast deinen ersten Freitagstest für dieses Team am Nürburgring 2006 bestritten. Das sind jetzt doch schon einige Jahre. Braucht es da vielleicht mal einen Tapetenwechsel - neue Besen kehren gut - oder fühlst du dich wohl hier und hast nicht das Gefühl, dass gewisse Prozesse einfahren und träge werden?"
Sutil: "Sicherlich ist ein Tapetenwechsel interessant, aber für mich ist wichtig, dass das Team gut ist. Und wenn das Team gut harmoniert, warum es wechseln?"

Force India für 2014 die vielleicht beste Option

"Auch ein Sprichwort besagt: Never change a winning Team. Schumacher war zehn Jahre bei Ferrari. Wir sind jetzt nicht Ferrari, aber auch Force India hat seine Qualitäten - und für mich gibt es im Moment nicht so viele bessere Privatteams. Wir sind mit McLaren ziemlich gut mitgekommen dieses Jahr, auch wenn sie Probleme hatten. Aber trotzdem sind wir teilweise Fünfter gewesen. Hätten wir weiterentwickelt, wären wir glaube ich auch jetzt noch da, aber wir haben die Entwicklung sehr früh eingestellt. Jetzt sind wir auf Platz sechs, was respektabel ist für so ein kleines Team. Sehr effizient!"

"Deswegen muss ich schon ein wirklich starkes Angebot haben, um das Team zu wechseln. Ich fühle mich wohl hier, aber ich schließe einen Wechsel auch nicht aus. Es kann immer irgendwann plötzlich ein Moment kommen, wo man sagt: 'Jetzt hatte ich genug, jetzt brauch' ich noch was anderes!' Aber ich fühle mich wohl im Moment, und das ist glaube ich das Wichtigste."

Frage: "Ironischerweise scheint Force India ja plötzlich fast der sichere Hafen zu sein, während Lotus und Sauber in extremen finanziellen Nöten sind. Wer hätte das gedacht, dass Force India mal als eines der finanziell solideren Mittelfeldteams gelten wird?"
Sutil: "Genau. Natürlich ist es nicht einfach, mit dem Budget zu überleben, das wir haben, aber wir haben trotzdem zwei starke Teameigentümer, mit Sahara und Vijay (Mallya; Anm. d. Red.), die dahinter stehen und die den Sport mögen, die das auch nicht kurzfristig sehen, sondern eher langfristig denken. Sie stärken das Team."


Fotostrecke: Adrian Sutil: 100 Grands Prix

"Ich glaube, da sind andere Teams wirklich schlimmer dran. Die sind im Moment vielleicht vor uns, weil sie ein starkes Auto haben, aber das ist ein Hoch und Runter und kann nächstes Jahr schon wieder ganz anders ausschauen. Wobei ich bei Force India denke, das hat sich stabilisiert. Das zeigt auch die Leistung: Seitdem wir von ganz hinten gekommen sind, war 2010 das erste Jahr, in dem wir gut im Mittelfeld mitgekämpft haben. Seitdem sind wir da - und manchmal noch weiter vorne."

Frage: "Vijay Mallya hat kürzlich gesagt, dass er die Fahrer wie jedes Jahr erst im Dezember bekannt geben möchte. Bringt dich das auf dem Transfermarkt in eine schwierige Position?"
Sutil: "Muss nicht sein. Ich weiß schon ungefähr, wo es hingeht, ich kenne meine Richtung. Es ist ja auch nicht immer so, dass man aufs Team wartet, das die Entscheidungen trifft. Man muss auch selbst wissen, wo man hingeht."

Entspannte Position auf dem Transfermarkt

"Es gibt auch gewisse Teams, die einen Fahrer haben wollen. Es ist nicht so, dass jeder wartet und hofft, dass das Team eine Zusage gibt. Hier sind viele Fahrer, die mit dem und dem sprechen, und da müssen die Teams dann auch irgendwann reagieren. Das ist ein Pokerspiel."

Frage: "Von außen hat man den Eindruck, dass du dir ganz gemütlich anschaust, was da mit Massa, Maldonado und Hülkenberg gerade passiert. Du wirkst sehr relaxt, finde ich."
Sutil: "Ich bin entspannt. Warum Sorgen machen im Leben (lacht; Anm. d. Red.)? Es geht immer weiter, ich sehe das alles locker. Und wie gesagt: Ich weiß, wo es hingeht, und ich weiß, wie es ist. Aber auch wenn ich es nicht wüsste, wäre ich trotzdem gut drauf."

Adrian Sutil und Jennifer Becks

Wichtiger Rückhalt: Freundin Jennifer Becks ist dieses Jahr bei den Rennen dabei Zoom

Frage: "Wenn du auf 2013 zurückblickst, was waren denn dann die Schlüsselerlebnisse, die bei dir hängen geblieben sind? Und ich meine damit nicht zwingend auf der Rennstrecke, sondern auch abseits davon."
Sutil: "Abseits der Rennstrecke gab's nicht so viel eigentlich. Mein Job ist vom einen Rennen zum anderen."

"Eigentlich war der größte Unterschied eher im letzten Jahr, als ich nicht gefahren bin, denn da konnte ich mal andere Sachen machen, mein Leben war anders. Das bleibt, das werde ich nicht vergessen. War eine schöne Zeit. Dieses Jahr stand der Rennsport natürlich absolut im Vordergrund. Ich hatte die Freundin immer dabei. Das gibt mir Stabilität und hilft mir sehr. So macht mir auch die Reiserei mehr Spaß."

Frage: "Da muss ich jetzt einhaken, denn Sebastian Vettel sagt genau das Gegenteil. Er möchte seine Freundin nicht dabei haben, weil sie ihn vom Wesentlichen ablenken würde. Empfindest du das anders? Stärkt es dich, wenn Jennifer abends im Hotelzimmer bei dir ist?"
Sutil: "Ja. Früher hätte es mich auch ein bisschen durcheinander gebracht, aber es kommt drauf an, wie nahe man mit der Person ist und was es für eine Person ist. Da hat jeder seine inneren Prioritäten. Der eine macht's so, der andere so, den einen stärkt es, den anderen lenkt es ab."

Schöne Erinnerungen an die erste Saisonhälfte

"Für mich ist es gut. Ich habe gesehen, wie es ohne Freundin ist, und es ist besser mit. Ich habe meinen Ruhepol. Ich habe mein Umfeld - und es ist sehr wichtig, dass man auch sein privates Umfeld hat. Wenn sie nicht dabei wäre, würden wir uns sehr wenig sehen. Von daher ist es wichtig, dass da eine Vertrauensperson da ist. Da sehe ich einen Unterschied, denn es macht mir jetzt einfach mehr Spaß, wenn ich unterwegs bin."

"Und sonst bleiben natürlich die guten, schönen Resultate in Erinnerung. Melbourne war sehr schön, aber auch Bahrain. Das war ein ganz starkes Rennen, das Auto war echt unglaublich gut. Es war auch cool, obwohl ich am Ende nur 13. geworden bin, dass ich von so weit hinten an den anderen Autos vorbeigeflogen bin. Da habe ich schon gemerkt, das ist fast Red-Bull-Speed! Und dann habe ich gesehen, wer schnellster Mann im Rennen war. Das war ein tolles Erlebnis. Silverstone natürlich, Monaco."

Adrian Sutil

In Silverstone schien der erste Podestplatz schon zum Greifen nahe zu sein Zoom

Frage: "Immer wieder Monaco!"
Sutil: "Da klappt's immer wieder. Montreal war aber auch gut, auch wenn ich da einen Dreher drin hatte, den ich gut gerettet habe. Mit dem kaputten Flügel lag ich immer noch sensationell im Rennen, und trotz der Durchfahrtstrafe bin ich immer noch Zehnter geworden. Jetzt müssen wir alles richtig machen, um Neunter oder Zehnter zu werden, aber da bin ich mit Durchfahrtstrafe, Dreher und kaputtem Heckflügel immer noch Zehnter geworden. Da sieht man, wie das Auto jetzt doch unterschiedlich ist."

Frage: "Blicken wir noch kurz voraus auf 2014. Was hast du denn schon vom neuen Auto gesehen? Da ändert sich ja einiges."
Sutil: "Ich habe noch nicht so viel gesehen, aber es wird leider hässlich! Das sagen alle. Es wird furchtbar hässlich. Es ist leider so, dass uns die Regeln dazu drängen, die Autos so hässlich zu bauen. Das ist natürlich für einen Designer immer schwierig, aber am Ende zählt die Leistung. Auch bei den Straßenautos sieht man, wie schon die Autos aus den 50er-Jahren waren. Da gab es noch keine Aerodynamik. Aber wir entwickeln uns weiter, das steht im Vordergrund. Man gewöhnt sich dran."

Frage: "Hattest du schon eine Sitzanpassung oder ist es dafür noch zu früh?"
Sutil: "Ist noch ein bisschen früh, aber in so einer Chassis-Attrappe bin ich schon mal drin gesessen. Da schaut man auch früh, dass man da reingeht, um gewisse Bereiche zu optimieren. Je früher, desto besser."