• 05.09.2008 12:43

  • von Fabian Hust

Das Bourdais-Dilemma

Bourdais weiß, warum er derzeit so große Probleme hat, kann aber kaum etwas dagegen unternehmen und schielt etwas neidisch auf Vettel

(Motorsport-Total.com) - Das letzte Drittel der Formel-1-Saison 2008 ist angebrochen - und Sébastien Bourdais steht gewaltig unter Druck. Der Franzose muss nun in den kommenden Rennen zeigen, dass er seinen Platz in der "Königsklasse des Motorsport" verdient hat.

Titel-Bild zur News: Sébastien Bourdais

Sébastien Bourdais würde gern einiges am Auto verändert haben

Im bisherigen Verlauf der Saison stand der mehrmalige Champ Car-Meister im Schatten von Teamkollege Sebastian Vettel. Zudem lässt das Team demnächst Sébastien Buemi sowie Takuma Sato testen - mindestens einen neuen Fahrer benötigt der italienische Rennstall für das kommende Jahr, trennt man sich von Bourdais vielleicht sogar zwei.#w1#

"Das bedeutet womöglich, dass sie nicht glauben, dass meine Leistung gut genug war." Sébastien Bourdais

Für ihn stellt es "keine Überraschung dar", dass Anteilseigner Gerhard Berger erklärt hat, dass er seinen Fahrer nun genau beobachtet: "Das bedeutet womöglich, dass sie nicht glauben, dass meine Leistung gut genug war, um mich für kommendes Jahr wieder unter Vertrag zu nehmen", meinte der 29-Jährige im Interview mit 'formula1.com'. "Du musst ein paar Ergebnisse zeigen, wenn du dort bleiben möchtest, wo du bist."

Mit seiner bisherigen Saison könne er "natürlich nicht zufrieden sein". Er habe "einen unglaublichen Start in die Saison gehabt", schließlich fuhr er in Melbourne gleich zwei WM-Punkte ein. Doch danach lief für ihn nichts mehr zusammen, es folgte kein weiterer Zähler.

"Es ist ein viel schnelleres Auto, aber es ist auch sehr schwierig zu fahren." Sébastien Bourdais

Bis Kanada sieht er sich auf einem Niveau mit seinem Teamkollegen: "Dann kam das neue Auto. Es ist ein viel schnelleres Auto, aber es ist auch sehr schwierig zu fahren, wenn man das Maximum aus ihm herausholen möchte", so Bourdais, der zugibt, dass das Auto einige Charaktereigenschaften hat, die nicht zu seinem Fahrstil passen.

So mag er zum Beispiel in langsamen Kurven Übersteuern und in schnellen Untersteuern: "Es gibt nicht viel, was wir tun können. Das Auto ist seit Magny-Cours dasselbe und ich habe massiv zu kämpfen. Es ist nicht so, dass man mir alle 14 Tage in den Hintern tritt, aber weit davon sind wir auch nicht mehr entfernt."

"Das ist womöglich seine Nummer-1-Qualität." Sébastien Bourdais

Und dann wird der in Le Mans geborene Rennfahrer noch selbstkritischer: "Vielleicht ist dies eine meiner Schwächen, nicht in der Lage zu sein, meinen Fahrstil an Autos anzupassen, die ich nicht wirklich mag. Die Konsequenz ist, dass ich eine Menge Leistung auf dem Tisch liegen lasse". Diesbezüglich muss er seinen Teamkollegen loben, der "flexibler" sei und deswegen mit einem schwierig zu fahrenden Auto besser zurechtkommt: "Das ist womöglich seine Nummer-1-Qualität".

Dies treffe vor allem auf das Qualifying zu, während der Unterschied im Rennen zwischen den beiden Teamkollegen nicht mehr so groß sei. So sei er an einem guten Tag um 0,2 Sekunden langsamer als Vettel, an einem schlechten um eine halbe Sekunde: "Und ich denke nicht, dass dies der Realität entspricht. Das habe ich bewiesen."

Über eine mangelnde Unterstützung seines Teams kann er sich nicht beklagen: "Sie waren alle sehr unterstützend. Sie wollen wirklich, dass ich es packe, und - was sehr wichtig ist -, sie denken, dass ich es schaffen kann. Aber schlussendlich lässt mich dies nicht schneller werden."

"Wir als Toro Rosso entscheiden nicht, was als Entwicklung an das Auto kommt." Sébastien Bourdais

Dafür steht ihm die Struktur bei Red Bull im Weg, denn er sei zwar in der Lage, das Problem zu identifizieren, könne es jedoch nicht beheben: "Wir als Toro Rosso entscheiden nicht, was als Entwicklung an das Auto kommt. Das wird von Red Bull Technology entschieden." Und da Toro Rosso in den kommenden Monaten sukzessive unabhängiger werden möchte, hofft Bourdais, dass ihm dies hilft, wenn er denn auch kommendes Jahr für das Team an den Start gehen kann.

Ob er auch kommendes Jahr für Toro Rosso an den Start gehen kann, weiß Bourdais natürlich noch nicht. Er denke nicht darüber nach, fahre einfach so gut wie möglich. Wenn es ihm nicht gelingt, ausreichend gut zu fahren, dann könne er auch nichts dagegen unternehmen, wenn sich das Team gegen ihn entscheidet: "Ich denke, dass ich jedoch eine gute Chance habe, hier bleiben zu können. Aber wir müssen ein paar gute Rennen und Ergebnisse haben und Punkte holen - dies wird im Entscheidungsprozess definitiv helfen."