• 19.06.2001 11:55

Das anspruchsvolle Asphaltieren von Rennstrecken

Ein Experte erklärt, warum es eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe ist, eine Rennstrecke zu asphaltieren

(Motorsport-Total.com/dpa) - Wenn am Wochenende die Formel 1 wieder über den Nürburgring jagt, verlassen sich Michael Schumacher und seine Kollegen in den Kurven auch auf einen hochwertigen griffigen Asphalt. Nicht überall ist solch ein Belag selbstverständlich. 1998 wurde der Motorrad-Grand-Prix in Rio de Janeiro kurzfristig nach Argentinien verlegt, weil loser Splitt die Fahrer in Brasilien gefährdet hätte. Die brasilianische Küstenstadt musste für den Veranstalter Regress in Höhe von mehreren Millionen Dollar zahlen.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

Die Konstruktion einer Rennstrecke ist eine knifflige Angelegenheit

Daraufhin beauftragte sie den rheinland-pfälzischen Ingenieurgeologen Rainer Hart, die Sanierung ihrer Rennstrecke zu überwachen. Dieser bezeichnet sich und seine Mitarbeiter "beim Asphaltbau von Rennstrecken als weltweit einzige Fremdüberwacher für den gesamten Prozess von der Rohstoffgewinnung bis zum letzten Walzengang". Im Gegensatz zu firmengebundenen Asphaltspezialisten könne er als freier Sachverständiger von keinem Unternehmen zurückgepfiffen werden, wenn für dieses bei Pannen plötzlich viel Geld auf dem Spiel stehe, erklärt Hart.

Der 43-Jährige leitet ein "chemisch technisches Laboratorium" mit rund 25 Beschäftigten in Melsbach im Westerwald. Meist hat er es mit Prüfungen und Beratungen im deutschen Hoch-, Straßen- und Deponiebau zu tun. Doch auch auf dem Nürburgring, dem Sachsenring und etlichen Rennstrecken im nahen und fernen Ausland ist der Fachmann Stammgast. Dabei arbeitet er stets mit einem Aachener Planungs- und Architekturbüro zusammen.

"Das Problem ist, dass wir uns in anderen Ländern immer mit den Möglichkeiten vor Ort arrangieren müssen", erklärt Hart. Rund 20 000 Tonnen Asphalt seien für den Bau einer viereinhalb Kilometer langen und mindestens zehn Meter breiten Formel-1-Strecke nötig. "Die können Sie nicht einfach mitbringen."

Laien wundern sich, wie viele Fehler beim Bau einer Rennstrecke begangen werden können. Stimmt das Mischungsverhältnis der verschiedenen Asphaltbestandteile nicht oder ist sein Luftvolumen falsch ermittelt, lassen die Fahrbahnschäden nicht lange auf sich warten. Wird der heiße Asphalt nicht ständig mit einer Temperatur von etwa 150 Grad geliefert und verarbeitet, weil sich ein Lastwagen- oder Walzenfahrer vorzeitig eine Pause gönnt, können Stufen entstehen. Auch minderwertiges Gestein, defekte Mischanlagen, Lastwagen mit tropfendem Öl oder Diesel und schlecht geschultes Personal beeinträchtigen laut Hart häufig die Asphaltqualität.

Der Ingenieurgeologe ist nach eigener Aussage der Erste, der beim Rennstreckenbau zunächst ein Testfeld anlegen lässt, "um die Bauweise mit dem zur Verfügung stehenden Gestein, dem speziellen Asphaltrezept und dem einheimischen Personal erst einmal zu proben". Zudem verlangt Hart das Bereitstellen von Ersatzlastwagen und -maschinen, damit der flüssige Asphalt bei Pannen nicht erkaltet.

Zwei bis drei Monate veranschlagt er für seine Kontrollen bei jedem Rennstreckenbau. Reich werde er dabei nicht: Die Bezahlung im fernen Ausland sei "auf Grund unvorhersehbarer Ereignisse und einer katastrophalen Zahlungsmoral häufig ungünstig", sagt der Fachmann. Doch hätten seine Erfahrungen zu einer "hohen persönlichen und beruflichen Bereicherung beigetragen". Wenn die Formel 1 dann sicher durch die Kurven braust, erfüllt das den Sachverständigen mit Zufriedenheit. Mit den Brüdern Michael und Ralf Schumacher fiebert er am Bildschirm jedoch "eher selten" mit. "Ich habe keinen Fernseher."