• 21.05.2008 12:18

Cregan: Monaco hinter den Kulissen

In einem interessanten Interview erklärt Toyota-Cheflogistiker Richard Cregan, mit welchen Anforderungen es die Teams zu tun haben

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Richard, welche logistischen Herausforderungen stellen sich in Monaco?"
Richard Cregan: "Das Problem, das sich jedes Jahr wieder stellt, sind der Verkehr und die Grundnatur von Monaco. Der Platz ist hier wirklich knapp, sodass wir Kompromisse machen müssen, wie zum Beispiel den LKW mit Ersatzteilen im Fahrerlager mit den Motorhomes zu haben, relativ weit von den Autos."

Titel-Bild zur News: Richard Cregan

Für Richard Cregan ist Monaco eine ganz besondere Herausforderung

"Normalerweise hat man die gesamte Ausrüstung entweder in der Garage oder unmittelbar daneben. Entsprechend ist Monaco eine größere Herausforderung in Bezug darauf, rechtzeitig die richtigen Teile am richtigen Ort zu haben. Es bleibt schwierig, egal wie die Organisatoren sich auch bemühen, aber das ist eben auch ein Teil dessen, was Monaco so besonders macht."#w1#

Monaco: Bruchbude im Vergleich zu neuen Strecken

Frage: "Sind die Schwierigkeiten nicht durch einige der neuen Austragungsstätten besonders deutlich geworden?"
Cregan: "Ja. Wenn man in ein neues Fahrerlager kommt, etwa in Istanbul, ist alles hervorragend und fantastisch. Das wird in Monaco aber nie der Fall sein. Man freut sich immer auf die Herausforderung, nach Monaco zu gehen. Wenn dann alles steht, ist es einzigartig und das ist eins von den erfreulichen Dingen, die das Arbeiten in der Formel 1 mit sich bringt. Ich hoffe, dass wir nie darauf verzichten müssen."

Frage: "Hat sich die Situation über die Jahre gebessert?"
Cregan: "Organisatorisch sind die größten Verbesserungen der letzten Jahre die neuen Garagen und die Boxengasse gewesen. Das hat enorm viel ausgemacht, weil man die Situation jetzt unter Kontrolle halten kann. In der Vergangenheit wurden die Autos auf dem Parkplatz unter dem Palast präpariert und das war im Prinzip wie ein mit Ausrüstungen verstellter Rallye-Servicepark! Die Lösung, die wir jetzt haben, ist so gut wie sie angesichts der Beschränkungen realistisch gesehen sein kann."

"Das war im Prinzip wie ein mit Ausrüstungen verstellter Rallye-Servicepark!" Richard Cregan

"Eine große Veränderung für uns in diesem Jahr ist, dass es keinen Ersatzwagen mehr gibt, sodass wir effektiv mehr Platz haben werden. Noch vor einigen Jahren hatten wir normalerweise zwei T-Cars, sodass die Zahl der Wagen in der Garage von vier auf zwei zurückgegangen ist."

Frage: "Ist dies das einzige Rennen, in dem die Techniker nicht auf der Boxenwand sitzen?"
Cregan: "Ja. Sie sind im Gebäude über der Boxengarage - und da oben ist auch unser Stand mit der normalen Boxenwand. Wir haben versucht, sie hinter der Garage zu verstauen, wir brauchten den Platz aber für die Reifen. Es ist in vielerlei Hinsicht praktischer, alle Ingenieure in demselben Raum zu haben, weil dadurch die Kommunikation einfacher ist. Demgegenüber wird es für den Renningenieur aber schwieriger, weil er ständig Treppen rauf und runter rennen muss. Es ist machbar, wir bekommen es hin."

Frage: "Wie kommt ihr damit zurecht, Leute an zwei Orten zu haben - in der Garage und im Fahrerlager?"
Cregan: "Es liegt eine beträchtliche Entfernung zwischen den beiden Zonen und man kann sich nicht immer frei zwischen ihnen bewegen, weil der Zutritt zu den Garagen beschränkt ist, wenn Autos auf der Strecke sind. Eines der Probleme, die wir immer haben, ist, dass das örtliche Mobiltelefonnetz enorm belastet ist, wenn alle dort ankommen. Es funktioniert also nicht immer so perfekt und man muss sich eine eigene Funkkommunikation einrichten. Wir haben extra einen IT-Mann dabei, weil man die Erweiterung der Funkanlage in den Griff bekommen muss."

Teams kommen mit zusätzlichem Personal

"Zusätzlich braucht man einen oder zwei Leute unten in der Fahrerlagerzone, weil dort im Prinzip sämtliche Teile sind, und wenn man etwas benötigt, dann bringen sie es rauf und runter. Es braucht eben zusätzliche Leute, wenn alles richtig laufen soll."

Frage: "Ist es nicht ein seltsames Gefühl, dass in Monaco am Freitag nicht gefahren wird?"
Cregan: "Es ist in gewisser Weise gut, aber mir persönlich gefällt es, wie ein Rennwochenende abläuft. In Monaco ist es so, dass man sich am Montag, Dienstag und Mittwoch vorbereitet und am Donnerstag dann die Autos fährt. Dann hat man einen freien Tag und alle schlaffen ab. Für den Samstag muss man sie also wieder auf Touren bringen und den Adrenalinfluss stimulieren."

"Dann hat man einen freien Tag und alle schlaffen ab." Richard Cregan

Frage: "Wie oft warst du schon in Monaco dabei? Und was hat dir dort imponiert?"
Cregan: "Dieses Jahr ist es das siebente Mal, und jedes Mal, wenn man dorthin geht, staunt man wieder, was sie können und wie sie es handhaben. Ich glaube, in Monaco bekommen die Marshalls einen Wagen schneller von der Strecke als auf irgendeinem anderen Circuit. Sie sind wirklich am Ball, der Betrieb läuft wie geschmiert."

Frage: "Fallen dir zu Monaco irgendwelche Anekdoten ein?"
Cregan: "Im letzten Jahr hatten wir vor dem Start einer Session einen Wasserrohrbruch im Obergeschoss und - wie sich das gehört - lief das ganze Wasser an den falschen Ort. Von der Decke ergoss sich ein Wasserschwall auf die elektrischen Verteilerkästen und Gestelle in der Garage und wir mussten die Autos mit einem Laptop steuern. Abgesehen davon, dass den Leuten Handys und Funkgeräte in den Hafen fallen, ist ansonsten aber nichts so Schlimmes passiert!"

Frage: "Hast du auch mit Verhandlungen mit dem Hafenmeister zu tun?"
Cregan: "Mit dem Hafenmeister habe ich mitunter zu tun, für Sponsoren und Kunden, die ihre Boote anlanden wollen. Dabei geht es nicht einmal um Geld, sondern darum, welche Plätze verfügbar sind und wer schon da ist. Da gibt es allerhand zu verhandeln. Es geht auch darum, was sie mit den Booten vorhaben. Der Hafenmeister will wissen, ob Partys gefeiert oder Prominente hereingebracht werden - je mehr Partys, desto besser. Er will aufregende Feste und den Glitzer sehen."

Frage: "Für dich ist es also insgesamt eher ein Vergnügen als ein logistischer Albtraum?"
Cregan: "Ich liebe den Ort. Ich nehme lieber das Beste aus jedem Grand Prix mit als mich mit Negativem aufzuhalten. Wenn wir in späteren Jahren einmal zurückblicken, werden wir meinen, dass wir die Gelegenheit hatten, in Monaco Rennen zu fahren und dafür bezahlt wurden, dort Spaß am Motorsport zu haben. Mehr könnte man doch nicht verlangen!"

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