• 01.11.2008 13:30

  • von Fabian Hust

Coulthard: "Ich hatte Tränen in den Augen"

Der Red Bull Racing-Pilot erinnert sich an das Saisonfinale 2004, als er davon ausgehen musste, dass es schon sein letztes Formel-1-Rennen war

(Motorsport-Total.com) - David Coulthard absolviert am Sonntag in Sao Paulo sein letztes Formel-1-Rennen. Am Mittwoch bedankte sich der Schotte bei den Mitgliedern des Red Bull Racing-Teams mit einer Einladung im Restaurant 'The Museum'.

Titel-Bild zur News: David Coulthard

David Coulthard hofft, dass er am Sonntag keine Tränen vergießen wird

Auch das Team bedankte sich für die gemeinsame Zeit mit "DC" und bastelte ein Tretauto für seinen bald das Licht der Welt erblickenden Sohn. Natürlich wurde der kleine Flitzer mit dem Red Bull-Design versehen. Passend dazu gab es einen Rennoverall im Mini-Format mit kleinen feuerfesten Schuhen und einer Mini-Ausgabe des Coulthard-Helms. Als Gag stellte man einen Test-Vertrag für den Sohn für das Jahr 2030 in Aussicht.#w1#

"Da Red Bull mit Sebastian Vettel einen idealen Ersatz hat, erschien es für mich einfach vernünftig, in die Zukunft zu blicken." David Coulthard

Als Coulthard zu Red Bull Racing gewechselt war, hatte sich der Schotte die Hoffnung gemacht, vielleicht mit diesem Team noch Weltmeister zu werden: "Meine Chancen, im Alter von 37 Jahren Rennen zu gewinnen und um die Meisterschaft zu fahren, verringerten sich", muss Coulthard im Mediengespräch eingestehen. "Und da Red Bull mit Sebastian Vettel einen idealen Ersatz hat, erschien es für mich einfach vernünftig, in die Zukunft zu blicken."

Diese Zukunft sieht nach 246 Formel-1-Rennen nach wie vor eine enge Verbundenheit zum Sport vor. Coulthard soll als Berater für das Team tätig sein und wird vermutlich kommendes Jahr für die BBC Formel-1-Rennen kommentieren. Und hin und wieder könnte er sogar bei Testfahrten ins Lenkrad greifen.

David Coulthard

David Coulthard und Karen Minier erwarten ihr erstes Kind Zoom

In den vergangenen Tagen hat Coulthard nicht viel darüber nachgedacht, dass es ein letztes Rennen ist. Seine Verlobte Karen brachte ihn wie immer zum Flughafen, als er sich auf den Weg zu einem PR-Termin nach Argentinien machte. Als er sich zu Beginn der Saison festlegte, am Ende des Jahres den Helm an den Nagel zu hängen, fiel ihm diese Entscheidung leicht.

Erst am Freitag, als er wieder in sein Auto stieg, schossen ihm die ersten Gedanken durch den Kopf, dass es nun sein letztes Wochenende sein wird, das er als aktiver Fahrer unter die Räder nehmen wird. Da konnte er sich auch einen Blick in Richtung Rubens Barrichello nicht verkneifen, der nach wie vor hofft, seine Karriere fortsetzen zu können.

Schon im Jahr 2004 befand sich Coulthard dort, wo sich Rubens Barrichello wohl im Moment befindet. Das McLaren-Mercedes-Team entschied sich dagegen, den Vertrag mit dem langjährigen Fahrer des Teams zu verlängern. Erst im Dezember sicherte ihm ein Vertrag mit Red Bull die Zukunft in der "Königsklasse des Motorsports".

"Als ich 2004 das Fahrerlager verließ, hatte ich nichts in der Hand." David Coulthard

Wenn Coulthard heute auf das Saisonfinale in jenem Jahr zurückblickt, gibt er zu, dass er damals sehr emotional war: "Es war das erste Mal, dass ich meinen letzten Grand Prix fuhr. Als ich 2004 das Fahrerlager verließ, hatte ich nichts in der Hand. Niemand war interessiert. Ich traf mich mit Jean Todt, mit Flavio Briatore, Frank Williams. Aber sie wollten mir alle nur einen Platz als Testfahrer geben."

"Als ich den Jungs auf Wiedersehen sagte, bevor ich mich auf den Weg zum letzten Rennen machte, hatte ich Tränen in den Augen. Und wenn du niemand bist, der eine weinerliche Person ist, dann überraschst du dich damit selbst. Die Jungs bei McLaren schauten damals höflich zur Seite."

Dies habe ihm gezeigt, dass er viele Emotionen in den Rennsport steckt und die Jahre über mit Leidenschaft verbracht hat: "Und auch wenn ich mich nicht als besonders emotionale Person einschätzte, brodelt es doch im Inneren. Ich nehme an, dass es Sonntagabend wieder ähnlich sein dürfte. Ich hoffe nicht, denn es gibt nichts Schlimmeres, als wenn ein erwachsener Mann weint, oder?"

"Ich habe auch nach wie vor den Wunsch, Autos zu testen." David Coulthard

Die Funktion, die Coulthard kommendes Jahr im Team haben wird, ist noch nicht exakt definiert. Aber als ehemaliger Fahrer möchte er sich sehr wohl in das Team einbringen und auch eine Stimme haben: "Ich habe auch nach wie vor den Wunsch, Autos zu testen, denn mir verschafft die Technologie und die Entwicklung einen Kick."

Nachdem er 26 Jahre Rennen gefahren ist, hat er zumindest im Moment nicht vor, noch einmal in irgendeiner Rennserie an den Start zu gehen: "Ich verspüre nicht den Wunsch, einen Vertrag zu unterschreiben, um irgendwo Rennen zu fahren. Ich wollte schon immer auf dem höchsten Niveau Rennen fahren, das war mein klares Ziel. Ich hatte nie wirklich den Traum, sonst wo zu fahren. Ich kann mir aus diesem Grund heute nicht vorstellen, irgendwo anders zu fahren, aber ich möchte auch nicht sagen, dass ich dies nicht tun werde."

David Coulthard

Coulthard: Die Hatz auf Tausendstelsekunden kostet Nerven Zoom

Er könne sich vorstellen, im Sportwagen Rennen zu bestreiten, wo es nicht auf jede Millisekunde ankommt: "In der Formel 1 macht dies auf 3,5 Kilometer gesehen den Unterschied zwischen Siegen und Verlieren aus. Das macht mich verrückt. Es gibt Formen des Rennsports, in denen die Zeit natürlich wichtig ist, aber dort gibt es auch ein Gefühl des Kameradschaftsgeists. Da geht es um Gentlemen-Racing und weniger um konkurrenzfähiges Racing."

Heute ist er froh, dass er als "Junge aus dem Dorf" so viel erleben durfte: "Meine Eltern haben diesbezüglich viel mitgemacht, aber sie wissen immer noch nicht, wie es ist, in der Öffentlichkeit zu stehen oder adlige Personen zu treffen. Ich weiß, dass dies eine großartige Erfahrung war, aber man muss nicht in der Öffentlichkeit stehen, um Spaß zu haben. Man muss nicht eine Menge Geld haben, um Spaß zu haben. Das ist nicht sexy. Es hängt davon ab, ob du gesund bist, gute Freunde und Familie hast."