Chilton: Deal für 2013 noch nicht unterschrieben

Max Chilton steht vor seiner Formel-1-Premiere: Am Freitag bestreitet der Brite das erste Training für Marussia - Verhandlungen über das Stammcockpit für 2013 laufen

(Motorsport-Total.com) - Am Freitag wird Max Chilton erstmals im Rahmen eines offiziellen Formel-1-Trainings auf der Strecke unterwegs sein. Der Brite ist Test- und Ersatzfahrer bei Marussia. Für Aufmerksamkeit sorgte der 21-Jährige in der abgelaufenen GP2-Saison. Auch in der Nachwuchsklasse war er für das Marussia-Team am Start. Siege in Ungarn und bei der Premiere in Singapur krönten ein Jahr mit mehreren Podestplätzen. Am Ende stand Platz vier in der Gesamtwertung zu Buche. Nun steht Chilton vor dem großen Abenteuer Formel 1. Im ersten Freien Training zum Grand Prix von Abu Dhabi wird er im MR01 von Charles Pic Platz nehmen.

Titel-Bild zur News: Max Chilton

Max Chilton hat gute Chancen auf das zweite Marussia-Cockpit für 2013 Zoom

"Ich fühle mich relaxt und ruhig. Ich bin im Auto schon viele Kilometer gefahren. Das macht es morgen sicher einfacher", blickt Chilton auf seine Premiere. "Wir haben zunächst einige Runs geplant, wo die Aerodynamik überprüft wird. Ich setze dabei keine Zeiten. Das wird mir beim Reifenverschleiß am Ende fehlen, aber das Team braucht diese Daten. Ich versuche es so gut wie möglich zu genießen." Chilton kam sehr kurzfristig und spät im Jahr zu seinem ersten Freitagstest.

Fahrer wie Valtteri Bottas (Williams) oder Jules Bianchi (Force India) fuhren regelmäßig am Freitag und sind in ihre Teams stark eingebunden. Anders dagegen bei Chilton. Erst seit die GP2 in Singapur zu Ende gegangen ist, wurde er in seiner Rolle als Nachwuchs- beziehungsweise als Ersatzfahrer in die Meetings aufgenommen. Nun steht er vor seiner ersten Bewährungsprobe. "Ich möchte am Ende das Gefühl haben, dass ich gute Arbeit geleistet habe und das Team zufrieden ist."


Fotos: Großer Preis von Abu Dhabi, Pre-Events


"Manche Leute meinen, dass ich mich beweisen muss, aber ich finde, dass ich das schon in der GP2 getan habe. Ich weiß nicht, ob jemand meinen Test für das Team gesehen hat, denn ich war auf Tempo. Ich muss das aber alles beiseite schieben. Es zählt nur, dass das Team und ich mit der geleisteten Arbeit zufrieden sind." Die Ausfahrt am Freitag ist nicht nur eine Bewährungsprobe, sondern auch eine Bewerbung. Der Test zu diesem späten Zeitpunkt im Jahr kommt nicht von ungefähr, denn im Hintergrund werden die Weichen für 2013 gestellt.

In Abu Dhabi ist Chilton nicht nur GP2 gefahren, sondern hat auch im Vorjahr beim Young-Driver-Test einen Force India bewegt. Er hat also Streckenkenntnis. Der Brite ist einer der Kandidaten, der bei Marussia im nächsten Jahr Teamkollege von Timo Glock werden kann. Das kleine Team wäre einem "Paydriver" nicht abgeneigt, wie Team-Geschäftsführer Andy Webb durchblicken ließ: "Die Direktoren befinden sich in aktiven Gesprächen mit potenziellen neuen Investoren und verfolgen auch andere Einnahmequellen wie zum Beispiel Sponsoren und Fahrer."

Charles Pic

Übernimmt Max Chilton 2013 den Marussia-Boliden von Charles Pic? Zoom

Marussia finanziert seinen Betrieb mit Schulden bei Lloyds Development Capital (LDC), der Private-Equity-Abteilung der britischen Lloyds-Bank. Im Vorjahr stellte LDC dem Team 38,4 Millionen Pfund zur Verfügung, womit die Gesamtverbindlichkeiten auf 77,7 Millionen Pfund (96,4 Millionen Euro) stiegen. LDC investierte 2009 ins Team und verkaufte im November des Folgejahres eine Kontrollmehrheit an Marussia, den russischen Sportwagenhersteller, nach dem der Rennstall benannt ist. Marussia kontrolliert jetzt 70,6 Prozent des Teams.

2011 reduzierten sich die Nettoschulden des Teams auf 76,9 Millionen Pfund, von denen 61 Millionen am Ende dieses Jahres fällig werden. Da Pic seine Millionen im kommenden Jahr aller Voraussicht nach bei Caterham parken wird, sucht Marussia eine Alternative. Wie im Fahrerlager zu hören ist, soll Chilton bis zu 50 Millionen US-Dollar mitbringen, aber man vermutet, dass der Betrag viel geringer ist.

Chilton will den Deal nicht bestätigen

Was sagt der Brite selbst über seine Chancen auf ein Formel-1-Cockpit? "Natürlich reden wir mit ihnen. Ich bin ein Rennfahrer und will ein Renncockpit haben. Es gibt noch einige freie Plätze, aber sie warten auf andere Fahrer und wollen sehen, was diese tun können. Ich liebe diese Chance und hoffentlich wird es bald passieren", windet er sich heraus. "Wir haben mit mehreren Teams gesprochen und mussten die Möglichkeiten abwägen."

"Im Moment liegt unsere Konzentration auf einem Cockpit und hoffentlich klappt es", spricht Chilton Marussia an, wo er aller Wahrscheinlichkeit nach im kommenden Jahr fahren wird. Er selbst stellt aber klar: "Noch ist nichts unter Dach und Fach. Ich denke, wenn ich ein Cockpit in einem Mittelfeldteam bekommen würde, dann wäre es für das erste Jahr nicht optimal, denn man will ein solides erstes Jahr absolvieren. Wenn ich irgendwo einen Sitzplatz bekommen könnte, dann wäre es gut. Dann will ich mich nach oben arbeiten."

Das Freitagstraining in Abu Dhabi wird wahrscheinlich sein einziges in diesem Jahr sein. "Wir haben darüber noch nicht gesprochen. Erst vor einer Woche wurde über Abu Dhabi entschieden." Die USA ist für alle Teams Neuland, weshalb die Stammfahrer gesetzt sind. "Das Team muss dort viele Daten sammeln. Charles ist glaube ich noch nie in Brasilien gefahren, aber wenn ich hier gute Arbeit abliefere, dann bekomme ich vielleicht eine Chance", hofft Chilton. Er hält aber auch fest: "Selbst wenn das nicht klappt, ist es kein Weltuntergang."

Deshalb macht er sich keinen zu großen Stress vor seiner Formel-1-Premiere. Die 90 Trainingsminuten werden nicht über seine künftige Karriere entscheiden. "Nein, das denke ich nicht. Ich möchte natürlich gute Arbeit abliefern. In einem Formel-1-Team kann man anhand einer Session nicht beurteilen, ob ich bereit bin oder nicht. Sie beurteilen mehr meine Arbeit beim Test. Hoffentlich ändert sich daran nichts."