• 24.11.2011 22:35

  • von Dieter Rencken

Button: "Würde gerne auf dem Treppchen stehen"

McLaren-Fahrer Jenson Button spricht über den Großen Preis von Brasilien, Polizeischutz vor Ort und seine Aussichten auf den zweiten Platz in der WM

(Motorsport-Total.com) - Jenson Button kehrt an diesem Wochenende an den Ort seines bisher größten Triumphs zurück, denn 2009 sicherte sich der britische Rennfahrer in Sao Paulo den Titelgewinn in der Formel 1. Auf einen Sieg in Interlagos wartet Button allerdings nach wie vor. Ob er beim Saisonfinale 2011 ganz nach vorne fahren kann, weiß der McLaren-Pilot vor dem Trainingsauftakt allerdings noch nicht zu sagen. Im Interview zieht Button auf jeden Fall aber schon einmal ein sehr positives Fazit zum Rennjahr.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button würde nur zu gerne auch in Brasilien einmal einen Sieg einfahren

Frage: Jenson, du hast sicherlich viele gute Erinnerungen an diese Strecke. Hier holtest du deinen ersten Formel-1-Punkt und fixiertest auch deinen WM-Titel..."
Jenson Button: "Ja, ich habe viele positive Erinnerungen an diesen Kurs. Es ist großartig, wieder hier zu sein. Die Erinnerung, die für mich heraussticht, ist natürlich von 2009."

"Der erste Punkt ist auch von Bedeutung, doch der Gewinn der Weltmeisterschaft ist noch um so vieles wichtiger. Dass ich den Titel ein Rennen vor Schluss einfahren konnte, war die perfekte Art und Weise. Es war aber kein einfaches Wochenende für uns."

"Wir hatten ein schreckliches Qualifying, aber ein tolles und kämpferisches Rennen. Das machte viel Spaß. Ich habe also einige besondere Erinnerungen. Ich hoffe, dass auch der vor uns liegende Grand Prix wieder etwas Spezielles wird. Ich stand hier bereits einmal auf dem Podest. Ich würde gerne wieder auf dem Treppchen stehen."

Frage: "2009 musstest du von Rang 14 ins Rennen gehen..."
Button: "Ja. Wenn ich mich nicht irre, konnte ich mich in den vergangenen sechs Jahren nicht besser als auf Platz 14 für dieses Rennen qualifizieren. Ich hoffe, dieses Mal ein bisschen besser abzuschneiden."

"Ich hoffe, dieses Mal ein bisschen besser abzuschneiden." Jenson Button

Frage: "Wem spielt dieser Kurs in die Karten? Könnte McLaren die Oberhand behalten oder deutet es wieder einmal auf Red Bull hin?"
Button: "Ich weiß es wirklich nicht. Red Bull war bisher überall stark. Ich rechne also damit, dass sie auch dieses Mal wieder schnell sein werden."

"Selbst wenn sie im Training nicht gut aussehen sollten, werden sie im Qualifying und im Rennen sicherlich stark sein. Ferrari hat in den vergangenen Rennen etwas zugelegt und sie scheinen hier in Brasilien immer konkurrenzfähig zu sein. Fernando und speziell Felipe, als Lokalmatador, werden hier sicherlich wettbewerbsfähig sein."

"Wir müssen einfach hoffen, ebenfalls in dieser Region mitzuspielen. Seit dem jüngsten Rennen gab es keine großen Veränderungen, sondern lediglich Setuparbeiten und Simulator-Übungen. Das Auto fühlt sich im Simulator auf dieser Strecke sehr gut an. Hoffentlich haben wir in der Realität ein ähnliches Gefühl."

"Ferrari hat in den vergangenen Rennen etwas zugelegt." Jenson Button

Frage: "Du möchtest sicherlich noch einmal auf dem Treppchen stehen..."
Button: "Ja, wobei ich in diesem Jahr schon öfter auf dem Podest stand als 2009. Ein weiteres Top-3-Ergebnis wäre sicherlich klasse. Wenn du dich aber in der glücklichen Lage befindest, immer dergleichen erreichen zu können, dann willst du nicht nur einen Podestplatz erzielen, sondern das Rennen gewinnen. Schauen wir einmal. Hier in Brasilien kann man auf jeden Fall gut überholen."

Was bedeutet der zweite Platz in der WM?

Frage: "Die Atmosphäre in Brasilien ist immer etwas Besonderes..."
Button: "Ja, die Fans sind hier stets sehr leidenschaftlich. Das ist aber auch verständlich. Die Hütte ist hier meist richtig voll. Es gibt nicht viele Grands Prix dieser Art. Da wären Deutschland, Großbritannien, Japan - und nicht allzu viele sonst, bei denen die Tribünen voll sind. Das ist etwas Besonderes."

Frage: "Das Rennen um den zweiten Platz in der Gesamtwertung ist noch offen. Wie wichtig ist dir das?"
Buton: "Nicht so wichtig, denke ich. Es ist natürlich nett, zu wissen, dass du über eine Saison hinweg vor einige sehr guten Fahrern und Teams stehen kannst. Es wäre klasse, vor einem Red Bull zu bleiben, wo Sebastian (Vettel; Anm. d. Red.) die WM doch in einem Red Bull gewonnen hat."

"Es wäre klasse, vor einem Red Bull zu bleiben." Jenson Button

"Fernando war im Ferrari ebenfalls sehr stark. Wenn ich die Chance habe, sie am Jahresende nach Punkten zu schlagen, dann wäre ich logischerweise zufrieden. Doch wie wir alle sagen: Ich würde hier lieber einen Sieg holen, statt WM-Zweiter zu werden. Das würde uns mehr bedeuten. Es wäre trotzdem nett, letztendlich den zweiten Platz innezuhaben."

Frage: "Du hattest 2011 fast eine bessere Saison als in deinem Titeljahr 2009. Vor allem die zweite Hälfte war in diesem Jahr sehr gut..."
Button: "Ich glaube nicht, dass das jemals der Fall sein kann, wenn du nicht die WM gewinnst. Die zweite Saisonhälfte war 2009 sehr hart, doch jetzt haben wir es mit einer ganz anderen Situation zu tun. Die Meisterschaft ist entschieden."

"Wir können an diesem Wochenende viel Spaß haben. Und wenn ich auf 2011 zurückblicke, dann bin ich sehr zufrieden mit dem, was wir erreichen konnten. Wir waren nicht gut genug, um den Titel zu holen, doch wir hatten in meinen Augen ein ziemlich starkes Jahr. Hoffentlich können wir auf die Resultate dieser Saison aufbauen und Red Bull im nächsten Jahr richtig angreifen."

"Wir können an diesem Wochenende viel Spaß haben." Jenson Button

Frage: "Dir fehlt nur noch ein Punkt, dann hast du die Ausbeute erzielt, die Sebastian Vettel 2010 zum Weltmeister machte. Was sagst du dazu?"
Button: "Das bedeutet: Sebastian machte in diesem Jahr einen klasse Job. Er gewann einfach immer wieder einige Rennen und sie waren nur schwer zu schlagen."

"Mein Ziel für die zweite Hälfte des Jahres war, ab Ungarn mehr Punkte zu holen als Sebastian. Das war sehr knifflig, doch ich liege da nur ein paar Zähler hinter ihm zurück. Es bleibt aber mein Ziel, den Sieg in der zweiten Saisonhälfte einzufahren."

Der Teamkollege ist der wichtigste Vergleich

Frage: "Als du 2010 zu McLaren gingst, sprachst du von der Herausforderung, es mit Lewis Hamilton in einem Team aufzunehmen. Du nennst ihn einen der schnellsten Fahrer überhaupt. Was bedeutet es dir da, ihn über eine komplette Saison hinter dir zu lassen?"
Button: "Du denkst wohl, dass ich mittlerweile eine gute Antwort auf diese Frage parat habe. Ich wurde dergleichen schon oft gefragt."

"Du arbeitest sehr eng mit deinem Teamkollegen zusammen, teilst abseits der Rennstrecke einfach alles und versuchst, das Auto schneller zu machen und deine Leistung im Vergleich zu den anderen Teams zu steigern. So sollte es sein."

"Auf der Strecke wollen beide aber einfach nur das Beste aus dem Fahrzeug herausholen. Das bedeutet: Den Stallgefährten zu schlagen, ist unbedingt erforderlich. Es wäre sicherlich ein besonderes Gefühl, wenn wir um den Titel kämpfen würden und sich einer von uns beiden letztendlich durchsetzen könnte."

"Den Stallgefährten zu schlagen, ist unbedingt erforderlich." Jenson Button

"Derzeit befinden wir uns aber nicht in einer solchen Position. Ich bin aber zufrieden mit den Ergebnissen in diesem Jahr. Wir holten das Beste aus dem Auto heraus und hatten eine ordentliche Leistung. Für mich sticht Japan als großartiges Rennen heraus. Es gab aber auch gute Grands Prix, die wir nicht gewinnen konnten. Ich ziehe viel Zufriedenheit aus den Resultaten."

¿pbvin|512|4267||0|1pb¿"Es geht nicht so sehr darum, den Teamkollegen über eine Saison hinweg hinter dir zu lassen. Es können schließlich so viele Dinge geschehen: Probleme mit der Zuverlässigkeit, Zwischenfälle, die vielleicht nicht deine Schuld sind. Wenn du den Titel holst, macht das einen großen Unterschied aus, wie ich schon sagte. Wenn du aber um Platz zwei kämpfst, ist es nicht ganz das Gleiche."

Frage: "Eben dieses Ergebnis - du hast mehr Punkte als dein Teamkollege - rechtfertigt deinen Wechsel zu McLaren, oder nicht?"
Button: "Ich denke, schon mein erster Sieg 2010 rechtfertigte diesen Wechsel. Mittlerweile habe ich fünf Rennen mit diesem Team gewonnen und liege an zweiter Stelle in der Gesamtwertung. Für mich war es eine schwierige Entscheidung, doch wir alle möchten uns verändern und streben nach Herausforderungen. Deswegen kam ich hierher. Ich habe hier viel Spaß und wir freuen uns schon sehr auf 2012."

Frage: "Wie hat sich der verstellbare Heckflügel in diesem Jahr ausgewirkt? Positiv oder negativ? Was denkst du darüber?"
Button: "Ich denke, es war klasse für die Show. Natürlich gibt es bei solchen Dingen auch Schattenseiten und man könnte sagen, dass das Überholen manchmal zu einfach war. Manchmal ist das Überholen aber trotzdem noch sehr schwierig."

"Ich denke, es war klasse für die Show." Jenson Button

"Meiner Meinung nach hat der verstellbare Heckflügel gemeinsam mit KERS und den Pirelli-Reifen zur Verbesserung der Show beigetragen. In diesem Jahr gab es wohl rund 900 Überholvorgänge. Wann hat man diese Anzahl schon einmal gesehen? Ich bin zufrieden und denke, wir alle sollten mit diesen Veränderungen zufrieden sein."

Kanada, Ungarn und Japan als Höhepunkte 2011

Frage: "Sprechen wir noch einmal über die aktuelle Saison: Was war dein Moment des Jahres?"
Button: "Mein Moment des Jahres? Kanada war etwas Besonderes. Solche Rennen kommen in deiner Karriere nicht allzu oft vor. Ungarn war klasse, denn dort siegte ich erstmals überhaupt und gewann auch mein 200. Formel-1-Rennen."

"Japan war ebenfalls etwas Spezielles für mich. Ich habe ja eine besondere Verbindung zu Japan und war dort bei jedem meiner Rennen im Ziel. Es war sehr emotional, dort endlich auch einen Grand Prix zu gewinnen, wo meine Freundin dort doch ihre Wurzeln hat. Dieses Land liegt mir auch am Herzen."

"Es war sehr emotional, dort endlich auch einen Grand Prix zu gewinnen." Jenson Button

Frage: "Gab es auch einen negativen Höhepunkt in diesem Jahr?"
Button: "Abu Dhabi war vielleicht ein enttäuschender Augenblick. Außerdem waren die beiden Rennen, in denen wir technische Probleme hatten, sehr frustrierend."

"Außerhalb meines persönlichen Abschneidens würde ich die tödlichen Unfälle von Dan Wheldon und Marco Simoncelli nennen. Für den Motorsport war es ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Es gab viele Höhepunkte, aber eben auch einige sehr tragische Tiefpunkte."


Fotos: Jenson Button, Großer Preis von Brasilien


Frage: "Im vergangenen Jahr wurdest du hier in Sao Paulo überfallen. Haben nun alle Fahrer eine Polizeieskorte?"
Button: "Das weiß ich nicht, aber bei mir ist das der Fall. Lewis und ich reisen zusammen. Uns begleiten zwei Fahrzeuge mit bewaffneten Beamten."

Frage: "Kamst du dieses Mal mit gewissen Bedenken nach Brasilien oder war das nach den Ereignissen von 2010 kein Problem für dich?"
Button: "Ich reiste mit der Hoffnung auf ein gutes Rennen hierher. Ich liebe es, hier anzutreten, denn der Kurs lädt geradezu zu Überholvorgängen ein."

"Ich liebe es, hier anzutreten." Jenson Button

"Das macht Spaß. Das Problem vom vergangenen Jahr war nicht besonders angenehm. Durch die Polizeieskorte fühlt man sich aber gleich besser. Ich habe jedenfalls keine Bedenken. Ich liebe die Atmosphäre an dieser Strecke und die leidenschaftlichen Fans."

Button wünscht Barrichello einen Abschied nach Maß

Frage: "Rubens Barrichello könnte an diesem Wochenende sein letztes Rennen bestreiten. Er war fast 20 Jahre in der Formel 1 unterwegs. Ziemlich beeindruckend, oder?"
Button: "Nun, ich hoffe nicht für ihn, dass es sein letztes Rennen ist. Ich würde mir wünschen, dass wir es feiern, wenn es einmal so weit ist. Jetzt scheint er vielmehr auch 2012 fahren zu wollen. Hoffentlich bekommt er ein Cockpit, damit er seine Karriere würdig beschließen kann."

Frage: "Am Sonntag ist der 1. Advent. Wirst auch du eine Kerze anzünden oder dergleichen?"
Button: "Nein, denn ich bin nicht religiös. Am Sonntag geht es für uns einzig und alleine darum, ein Rennen zu fahren - und wir fahren auf Sieg. Es ist der letzte Grand Prix des Jahres und für alle von uns sehr wichtig. Wir wollen auf einem Hoch in die Winterpause gehen."

"Wir wollen auf einem Hoch in die Winterpause gehen." Jenson Button

Frage: "Etwas komplett Anderes: 2012 finden wieder die Olympischen Sommerspiele statt. Sollte die Formel 1 deiner Meinung nach eine olympische Disziplin werden?"
Button: "Nun, das wird nicht passieren. Es ist eben kein Sport, der Länder mit einbezieht. In der Formel 1 fahren wir nicht für unser Heimatland, sondern für sehr internationale Rennställe. Es wird also nicht so weit kommen. Es macht mir aber nichts aus, wenn das zwei Paar Stiefel sind. Die Formel 1 ist an sich ein ganz besonderer Sport."

"Die Olympischen Spiele sind eine tolle Veranstaltung. Sehr schade, dass ich nie selbst daran teilnehmen werde, doch es ist schön, dass die Spiele 2012 in Großbritannien ausgetragen werden. Wir arbeiteten sehr hart darauf hin, die Spiele zu bekommen. Alle leisten bestmögliche Arbeit, um sicherzustellen, eine gute Show für die gesamte Welt auf die Beine zu stellen. Es ist halt ein Weltsport."