• 11.04.2013 15:39

  • von Dieter Rencken aufgezeichnet

Button: "Wird hier kniffliger als in Sepang"

McLaren-Star Jenson Button erklärt, wieso China schwieriger wird als Malaysia, warum er besser denn je fährt und weshalb er sich über Vettels Aussagen wundert

(Motorsport-Total.com) - Jenson Button darf wieder hoffen. Nach dem miserablen Saisonstart in Melbourne lief es in Sepang überraschend gut für McLaren. In China präsentiert sich der Brite braungebrannt, frisch rasiert - und frohen Mutes, dass sein Team bald wieder siegfähig sein wird. Im Tischgespräch erklärt er, warum er in Malaysia so richtig Spaß hatte, wieso er so gut wie selten zuvor fährt und wie er über die Stallorder-Debatte denkt, die derzeit die Formel 1 bestimmt.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Neuer Look: Gelingt ohne Bart für Jenson Button der Durchbruch? Zoom

Frage: "Jenson, du hattest die Hoffnung, in Malaysia auf das Podest zu fahren. Das Team hat hart gearbeitet. Welche Erwartungen hast du hier?"
Jenson Button: "Wir waren im Rennen mit unserer Performance ziemlich zufrieden, vor allem im Vergleich zu Melbourne. Da haben wir uns in Malaysia stark verbessert. Wir waren glücklich. Wir sind aber immer noch nicht schnell genug. Die drei Wochen Pause waren gut für uns, um die Daten der vergangenen zwei Rennen genau unter die Lupe zu nehmen. Wir haben hier neue Teile dabei, die hoffentlich unsere Entwicklung - nicht nur hier, sondern auch in Zukunft - vorantreiben."

"Im Rennen fehlten uns drei bis vier Zehntel auf die Schnellsten. Das können wir in den kommenden Rennen aufholen. Wir werden sehen - ich blicke zuversichtlich in die Zukunft. Das Auto war wirklich gut zu fahren, ich habe es in Malaysia wirklich genossen. Das hat mich überrascht. Jetzt hoffe ich auf ein paar gute Verbesserungen, damit wir die Lücke etwas schließen können."

Frage: "Es handelt sich um keine sehr wellige Strecke. China könnte euch also entgegenkommen."
Button: "Ja, es ist recht glatt, aber es gibt ein paar ordentliche Bodenwellen in schnellen Passagen, und das ist unser Problem. Das Auto setzt auf und hört nicht auf zu springen. Das ist eines unserer großen Probleme, und wir müssen schauen, ob sich das auch hier zeigt. Mein Gefühl ist, dass es hier ein bisschen besser sein sollte, was an den Änderungen am Auto liegt."

"Das Auto setzt auf und hört nicht auf zu springen." Jenson Button

Frage: "Ihr habt viele neue Teile. Wie viele waren ohnehin für hier geplant und wie viele sind aus einer Art Panikreaktion nach den ersten Rennen entstanden?"
Button: "Panik ist nie ein Grund. Man bringt nie neue Teile, weil man in Panik verfällt, sondern weil man glaubt, das Auto damit schneller zu machen. Die Teile, die wir hier haben, sind ein Ergebnis der ersten zwei Rennen. Wir haben verstanden, wo unsere Schwachpunkte liegen und wo wir uns verbessern müssen. Hoffentlich funktionieren sie. Wir haben morgen am Vormittag viel Arbeit. Wir werden die neuen Teile ausprobieren und sehen dann, ob sie uns helfen werden."

Kann die Sepang-Leistung wiederholt werden?

Frage: "Glaubst du, dass es für deinen 50. Podestplatz reichen wird?"
Button: "Ich wusste nicht, dass ich 49 habe. Ich weiß nicht. Wir haben in Malaysia davon profitiert, dass Lotus ein schwaches Wochenende, Fernando einen Zwischenfall mit seinem Frontflügel und Force India Probleme hatte. Es war ein großartiges Wochenende für uns, um Punkte mitzunehmen, aber wir haben das nicht hinbekommen. Es wird hier knifflig. Aber so wie das Auto in Malaysia funktioniert hat, bin ich mit unseren Fortschritten zufrieden. Wir hätten das Rennen zehn Runden vor Schluss angeführt, und die Jungs hätten uns überholen müssen, um zu gewinnen. Das war ein tolles Gefühl. Wir hatten in Malaysia die Chance, auf das Podest zu kommen, und es wird hier etwas schwieriger, auch wenn wir ein paar kleine Fortschritte gemacht haben."

Frage: "Du warst zu Saisonbeginn frohen Mutes, aber dann funktionierte das Auto nicht, und in Sepang hattest du auch noch beim Boxenstopp Pech. Wie fühlst du dich jetzt?"
Button: "Gut. Ich habe das vergangene Rennen genossen. Es hat wirklich Spaß gemacht. Das Auto hat gut funktioniert, wir hätten einen Stopp weniger gemacht als alle anderen da vorne. Wir haben etwas richtig gemacht. Uns fehlt zwar noch der wahre Speed, aber wir verstehen unser Auto jetzt viel besser, und es ist etwas Besonderes, wie wir das Auto vom ersten zum zweiten Rennen weiterentwickelt haben."

"Grundsätzlich mussten wir das Auto beim ersten Rennen so einstellen, wie es nicht funktionieren konnte, denn es schlug auf dem Asphalt auf. In Melbourne war es kein Spaß, das Auto zu fahren. Ich bin also glücklich, dass wir Fortschritte machen. Die Saison ist lang, und wir wussten, dass der Saisonstart knifflig werden würde, allerdings nicht so knifflig, wie es dann tatsächlich war."

"Wir hätten das Rennen zehn Runden vor Schluss angeführt, und die Jungs hätten uns überholen müssen, um zu gewinnen." Jenson Button

Frage: "Ist es so schwer, das Auto zu verstehen, oder sind es die Reifen?"
Button: "Nein, die Reifen verstehen wir. Das ist kein Problem. Wir haben kein Reifenproblem. Natürlich ist der Verschleiß auch bei uns sehr hoch, aber damit kommen wir zurecht, und das ist Teil des Rennfahrens. So wie es auch der Umgang mit einem Auto ist, das nicht die erwartete Performance liefert."

Frage: "Liegt dir der Kurs hier?"
Button: "Ja, ich wurde hier im Vorjahr Zweiter. Wir hatten auch Chancen, das Rennen zu gewinnen, aber wir benötigten elf Sekunden beim Boxenstopp. Das hat uns gebremst. Das Tempo des Autos und mein Gefühl waren sehr gut, aber das Leben geht weiter und die Dinge ändern sich ständig. Die Reifen sind anders, und es wird dieses Jahr glaube ich viel wärmer sein, was für uns sicher nicht schlecht ist. Auch der Wettbewerb ist viel enger."

Frage: "Zwei deiner Ingenieure, Tom und 'Big Dave', sagen, dass du jetzt besser fährst als in deiner bisherigen McLaren-Ära. Ist dir das auch aufgefallen?"
Button: "Sorry, ich weiß es nicht."

Frage: "Es ist doch seltsam, denn das Auto ist schwierig, und sie haben alle Daten und Fakten. Und sie sagen das."
Button: "Ich soll ja gar nicht gut darin sein, mit einem schlechten Auto zu fahren. Daher verstehe ich das auch nicht. Nein, ich fühle mich im Team sehr wohl. So sehr ich unbedingt Rennen gewinnen will, so sehr fällt mir auch auf, dass das Team auf meine Meinung wert legt. Das erste Rennen war hart, aber nach jedem Training haben sie einen Download von mir gemacht, und ich war in die Gespräche eingebunden."

"Es ist unglaublich, was die Ingenieure und die Aerodynamiker machen. Ich werde nie ein Aerodynamiker oder ein Ingenieur sein, aber ich bin der Kerl, der im Auto sitzt, und ich spüre, was passiert. Mein Input ist der Schlüssel - das gilt auch für Checo. Es ist schön zu sehen, dass uns das aus einem ziemlichen tiefen Loch heraus manövriert hat. Wenn wir dann um Siege kämpfen werden, dann werden sich alle im Team viel besser fühlen."

Button gegen Teamorder

Frage: "Die Teamorder ist im Moment in der Formel 1 ein großes Thema. Ist das etwas, wo McLaren besser aufgestellt ist? Weißt du bei jedem Rennen, wo du stehst?"
Button: "Ja, wir haben keine Teamorder. Ich hatte mit meinem Teamkollegen über die Jahre immer wieder ein paar gute Gefechte, vor allem mit Lewis. Und so sollte es sein. Es ist aber knifflig, denn wir alle wünschen uns ein faires Rennen und wollen unser eigenes Rennen fahren. Wir fahren aber auch für ein Team."

"Ich weiß, dass die Reifen eine hervorragende Entschuldigung sind, und ich werde sie nicht benutzen, weil ich dieses Jahr gerne mit den Reifen arbeite. Aber der Abbau der Reifen ist dieses Jahr sehr groß. Wenn dann zwei Leute vorne gegeneinander kämpfen, dann werden sie ihre Reifen gegenseitig kaputt machen und womöglich den Sieg verlieren. Ich schätze, dass das bei beiden Teams der Grund war."

"Ich denke nicht, dass der Streit der Red-Bull-Fahrer zur Gänze aussortiert ist." Jenson Button

Frage: "Bei Red Bull gibt es nach dem vergangenen Rennwochenende etwas Reibung. Könnte das euch in die Karten spielen?"
Button: "Ich bin sicher, dass die Fahrer und das Team wahrscheinlich sagen, dass wir uns nicht in Dinge einmischen sollen, die in ihrem Haus passieren. Wenn sie damit aufhören, dann hören wir auf, darüber zu sprechen. Es ist interessant, das von außen zu beobachten. Wir sind klarerweise nicht in diesen Kampf involviert. Ich denke nicht, dass das bei den Fahrern zur Gänze aussortiert ist. Das wurde meiner Meinung nach auch nie wirklich gelöst."

Frage: "Hast du dir nach dem Ereignissen gedacht: Ich bin im richtigen Team und habe die richtige Entscheidung für meine Karriere getroffen?"
Button: "Das denke ich mir sowieso. Da bin ich nicht darauf angewiesen, dass sich die beiden beim letzten Rennen in die Haare geraten. Ich bin aber sicher, dass sie auch der Meinung sind, dass sie am richtigen Ort sind."


Fotos: McLaren, Großer Preis von China


Verwunderung über Vettel

Frage: "Was ist denn deine Meinung zum Red-Bull-Konflikt?"
Button: "Ich denke, dass ich darüber schon genug gesagt habe. Mich langweilen die Fragen jetzt schon. Ich mag die Teamorder nicht, und ich war damit nie einverstanden - so oder so. Ich finde, dass wir frei fahren dürfen sollten, bis nur noch einer von uns in der WM eine Chance hat. Es ist aber auch ein Teamsport, und wenn dein Team entscheidet, dass es Teamorder gibt, dann gibt es Teamorder. Dann muss man sich an das halten, was das Team sagt, denn du bist dort angestellt und hast einen Vertrag, dass du für das Team fährst."

Frage: "Sebastian hat gesagt, dass er den 'Multi21'-Befehl nicht verstanden hat. Glaubst du das?"
Button: "Ich habe von jemandem gehört, dass er gesagt haben soll, er würde es wieder machen."

"Wenn es aber kein Fehler war und er mit Absicht gegen die Anweisung des Teams verstoßen hat, dann ist das eine ganz andere Geschichte." Jenson Button

Frage: "Er hat gesagt, er würde es wieder machen."
Button: "Was stimmt jetzt?"

Frage: "Ich weiß es nicht."
Button: "Wir alle machen Fehler. Und wenn es ein Fehler ist, dann ist es ein Fehler. Er hat natürlich einen großen Vorteil dadurch, aber es ist ein Fehler, man kann daraus lernen und macht ihn nicht mehr. Wenn es aber kein Fehler war und er mit Absicht gegen die Anweisung des Teams verstoßen hat, das aber vor dem Rennen nicht besprochen hat, dann ist das eine ganz andere Geschichte."

Frage: "Du hast dir den Bart abrasiert. Was ist los?"
Button: "Ich weiß, ich bin ein anderer Mensch. Mark hat sich die Haare abrasiert und ich den Bart."

Frage: "Ich würde gerne sagen, du siehst zehn Jahre jünger aus, aber in Wahrheit siehst du aus wie vorher, nur ohne Bart."
Button: "Danke. Ich bin kein großer Fan, aber so ist es eben."

Frage: "Gibt es einen Hintergrund?"
Button: "Ich wollte was Neues probieren, etwas frisches. Mark ist 36, ich 33. Wir versuchen, jung auszusehen."