Button sieht Siegchance bei Mischwetter
McLaren-Star Jenson Button erklärt, wieso er für Montreal guter Dinge ist, warum der McLaren-Durchbruch auf sich warten lässt und wieso er neue Pirelli-Reifen gut findet
(Motorsport-Total.com) - Montreal war in den vergangenen Jahren eine McLaren-Strecke. 2011 feierte Jenson Button auf der Ile de Notre Dame einen seiner größten Siege, als er Sebastian Vettel in der letzten Runde bei gemischten Wetterbedingungen überholte, im Vorjahr feierte Lewis Hamilton den Sieg. Auch dieses Jahr sind wieder wechselhafte Bedingungen zu erwarten - und das heißt Button-Wetter. In der Medienrunde am Donnerstag spricht der Brite über seine Erwartungen, mögliche Siege in dieser Saison und die Mercedes-Testaffäre.

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Jenson Button wittert auf dem Circuit Gilles Villeneuve seine Chance Zoom
Frage: "Jenson, 2011 hast du gewonnen, 2012 Lewis. Dieses Jahr schaut es aber nicht nach einem britischen Sieger aus. Wie siehst du die Chancen?"
Jenson Button: "Wir müssen abwarten, aber der McLaren ist hier normalerweise gut. In den vergangenen drei Jahren haben wir gewonnen. Es könnte passieren, dass es an diesem Wochenende wechselhafte Bedingungen gibt. Es sieht derzeit so aus, als würde das mehr für Freitag und Samstag gelten, nicht für den Sonntag. Ich glaube nicht, dass wir im Vergleich zu den vergangenen Rennen hier eine Sekunde gewinnen werden, aber hoffentlich sehen wir hier besser aus. Wir haben neue Teile am Auto, die uns helfen sollten."
Frage: "Um welche speziellen Teile handelt es sich?"
Button: "Ein Geheimnis. Schauen wir erst mal, ob sie funktionieren - ich bin sicher, dass sie das tun werden."
Frage: "Der McLaren funktioniert hier immer gut. Warum?"
Button: "Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich glaube nicht, dass das irgendwer weiß. Es gibt gewisse Strecken, die gewissen Autos liegen - und das über viele Jahre. Mercedes war dieses Jahr in Monaco sehr schnell, das gilt aber auch für das Vorjahr. Schwer zu sagen, warum das so ist."
Frage: "Der McLaren hat in Melbourne nicht funktioniert, weil man mit viel Bodenabstand fahren musste. Könnte das hier auch ein Thema sein - wegen des Streckenbelags?"
Button: "Ich denke nicht, denn wir haben uns diesbezüglich verbessert. In Monaco haben wir das bewiesen, denn wir haben nicht damit gerechnet, so konkurrenzfähig zu sein. Wir haben uns verbessert, und hier ist es nicht so schlimm. Hier wird die Herausforderung in Anbetracht der Bedingungen sein, wie sich die Reifen im Rennen verhalten werden, aber auch das Abtriebsniveau wird knifflig."
Frage: "Würdest du dir den Regen eher für Sonntag wünschen?"
Button: "Ja, aber selbst am Freitag und am Samstag könnte es interessant sein. Es ist meiner Meinung nach immer gut, wenn es durchgemischt wird. Hoffentlich sind wir darauf vorbereitet."
Frage: "Ist der Sieg an diesem Wochenende möglich?"
Button: "Jeder kann sagen, dass er das Rennen gewinnen kann, wenn die Bedingungen dies ermöglichen. Wenn es um den wahren Speed geht, dann sind wir glaube ich noch nicht so weit. Wenn es aber wechselhafte Bedingungen gibt, dann können wir uns gut schlagen."
Montreal für Button eine Achterbahn der Emotionen
Frage: "Diese Strecke hat einen einzigartigen Charakter - sie ist ganz anders als die anderen Kurse."
Button: "Ja, das stimmt. Sie ist ganz anders - es gibt lange Geraden, die durch langsamere Schikanen unterbrochen werden, keine schnellen Kurven, harte Bremsmanöver, Traktion ist auch sehr wichtig, das gilt auch für die Geschwindigkeit auf der Geraden. Es ist ziemlich einzigartig. Es macht Spaß, hier Rennen zu fahren, denn es gibt ein paar gute Überholmöglichkeiten. Wenn die Bedingungen auch noch wechselhaft sind und es kalt ist, dann wird es für uns alle knifflig, das perfekte Setup für das Wochenende zu finden."
Frage: "Du hattest hier Hochs und Tiefs."
Button: "Im Vorjahr war es furchtbar. Im Jahr davor habe ich gewonnen, davor war ich Zweiter. Einmal war ich auf Podestkurs und fuhr in die Mauer. 2005 wurde ich Dritter - von der Pole-Position. Es ist knifflig, es auf dieser Strecke hinzubekommen. Wenn man es aber schafft, dann fühlt man sich großartig, denn dann hat es sich gelohnt."
Frage: "Was ist deine beste Erinnerung an Montreal?"
Button: "Das ist einfach - 2011. Das Rennen war ein Auf und Ab, aber ich habe in der letzten Runde den Sieg geholt. Das war ein sehr spezielles Wochenende."
Frage: "Was macht Montreal so interessant?"
Button: "Die Stadt macht ziemlich viel Spaß. Alles steht still, wenn der Grand Prix hier stattfindet. Die Atmosphäre ist großartig - die Leute nehmen den Sport an. Ich bin seit Samstag hier. Man kann hier sehr gut trainieren, viel Spaß haben."
Frage: "Ist McLaren auf dem Vormarsch?"
Button: "Ja, definitiv. Wir machen Fortschritte. Monaco war für uns in Sachen Performance ein positives Wochenende, auch wenn es das Ergebnis nicht war. Hier haben wir ein paar neue Teile, die uns näher an die Spitze heranbringen sollten. Wir machen also Fortschritte, aber es ist schwierig, denn die da vorne sind sehr konkurrenzfähig. Alle machen Fortschritte, und wir versuchen, etwas größere Fortschritte zu machen als alle anderen."
Das Warten auf den Durchbruch
Frage: "Wann wird der große Durchbruch endlich passieren, um diese Fahrzeug endlich in ein Siegerauto zu verwandeln?"
Button: "Wenn es nur so einfach wäre. Wir fahren gegen Ferrari, Red Bull, Mercedes, Lotus. Das sind tolle Teams, die alle schon einmal den Titel gewonnen haben. Wenn wir plötzlich ein Auto bringen würden, das jedes Rennen gewinnt, dann würden sie etwas falsch machen. Es gibt viele clevere Leute in diesem Sport, und die arbeiten nicht nur für unser Team. Jegliche Verbesserungen, die den Abstand zwischen den Topteams und uns verändern, sind großartig. Ich habe das Gefühl, dass wir Fortschritte gemacht haben. Hoffentlich sind wir hier etwas näher dran und wir können einem Podestplatz nahe kommen."
Frage: "Glaubst du diese Saison noch an Siege?"
Button: "Ja, ich muss daran glauben, und das gesamte Team will gewinnen. Sie denken nicht an das nächste Jahr. Für uns ist es wichtig, jedes Jahr Rennen zu gewinnen. Das muss unser Ziel sein."
Frage: "Willst du das glauben, oder hast du das Gefühl, dass es passieren wird?"
Button: "Nun ja, wer weiß, was in einer Stunde passieren wird? Wir können die Zukunft nicht vorhersehen. Das Gefühl ist positiv, wir machen Fortschritte. Werden wir ein Rennen gewinnen? Ich habe keine Ahnung, aber wenn man die Vergangenheit von McLaren ansieht, dann fällt auf, dass das Team sehr rasche Fortschritte während der Saison machen kann, vor allem, wenn der Saisonstart schwierig war. Wenn man sich also die Statistik ansieht, dann sollten wir dieses Jahr noch Rennen gewinnen."
Mercedes-Test: Button schmallippig
Frage: "Der Mercedes-Test ist ein großes Thema. Sie sagen, dass sie keinen Vorteil dadurch haben. Ist das möglich, wenn man drei Tage lang testet?"
Button: "Man würde das nicht hoffen - für sie. Aber ich muss ihnen das glauben."
Frage: "Sie haben gesagt, dass sie nicht gewusst haben, welche Reifen sie verwendet haben. Ich bin nicht sicher, ob sie auch sagten, dass sie nichts gelernt haben. Hättest du gerne drei Testtage?"
Button: "Das klingt ermüdend. Drei Tage! Es ist lange her, dass ich drei Tage in einem Formel-1-Auto verbracht habe. Im Ernst - ja, das hätte ich gern. Es ist lange her, dass wir während der Saison testen durften. Das wäre schön."
Frage: "Ist die Sache für dich ein Thema? Machst du dir Sorgen, dass sie einen Vorteil haben könnten?"
Button: "Ich weiß nicht. Das ist nichts, was ich wirklich kommentieren kann."
Frage: "Was für einen Unterschied macht es, wenn man während der Saison 1.000 Kilometer testet?"
Button: "Wir hatten bei den Wintertests Probleme dabei, das zu schaffen (lacht). Dafür benötigt man ein zuverlässiges Auto."
Frage: "Kannst du dir vorstellen, dass Mercedes davonkommt?"
Button: "Ich kenne nicht alle Details, also kann ich das nicht kommentieren."
Neue Reifen: Button unterstützt Pirelli-Entscheidung
Frage: "Was erwartest du dir von den Experimentalreifen, die im Freien Training eingesetzt werden?"
Button: "Wir werden an diesem Wochenende viel mit den Regenreifen fahren, also rechne ich nicht mit großen Reifenproblemen. Es wird den ganzen Tag über regnen."
Frage: "Hattest du Probleme mit den Delaminierungen?"
Button: "Nein, ich hatte keine, aber es gab ein paar Probleme. Das ist mit Sicherheit eine Sache, die man sich ansehen musste. Ich sehe die für Silverstone geplante Änderung positiv."
Frage: "Sind diese Delaminierungen gefährlich, oder sieht es nur verrückt aus?"
Button: "Wenn es Schäden am Auto und an der Aufhängung verursacht, dann ist das für einen Fahrer bei Tempo 320 km/h keine schöne Situation. Es sieht nicht nur verrückt aus. Wir alle wissen, dass die Sache viel ernster ist."
Frage: "In Monaco musste man nicht mit Delaminierungen rechnen. Ist das hier in Montreal wahrscheinlicher?"
Button: "Geht man nach dem, was Pirelli sagt, passiert es nach einer Beschädigung - und zwar durch Wrackteile oder scharfe Randsteine. Ich schätze, dass das die Probleme verursacht. Ich weiß nicht, wie aggressiv die Randsteine hier sind. Wenn man sie trifft, dann ist das ein harter Schlag, aber sie sind ziemlich rund, ich glaube, sie haben keine scharfen Kanten. Ich hoffe, wir werden keine Probleme haben."
Button will sich nicht um Perez kümmern
Frage: "Sergio ist seit seinen Manövern in Monaco im Scheinwerferlicht. Wurde darüber teamintern gesprochen?"
Button: "Ich bin sicher, darüber wurde gesprochen."
Frage: "Aber nicht mit dir?"
Button: "Nein."
Frage: "Sergio lag vor dir, hat dann aber keine Punkte geholt. Hast du ihm einen Ratschlag gegeben, dass er ins Ziel kommen muss? Bekommt ihr das hin?"
Button: "Das ist nicht meine Aufgabe. Darum muss sich das Team kümmern, wenn sie mit ihm über das reden wollen. Kimi hat ihm auch die Hand gereicht und hatte eine kleine Diskussion mit ihm."
Frage: "Kimi hat ihm eine Ohrfeige angedroht."
Button: "Ich glaube jeder hat das gesehen. Aber er hat ihn nicht geohrfeigt. Wir haben vorhin Autogramm gegeben und wegen der Startnummern war er neben Checo. Nichts ist passiert. Es gab keine Gewalt - alles Blödsinn. Das müssen sie untereinander ausmachen, das ist ihr Problem."
Frage: "Wird Checo deiner Meinung nach von der Presse derzeit ein bisschen hart angefasst?"
Button: "Ich weiß nicht. Man sollte Kimi fragen. Er gibt euch eine viel bessere Story als ich."
Frage: "Vielleicht hat er es selbst begriffen, dass er das Ziel erreichen muss, denn er setzt auch die Punkte des Teams aufs Spiel."
Button: "Ja."
Frage: "In den vergangenen drei Jahren hattest du in Silverstone immer Siegchancen. Wie fühlt es sich an, dort ohne Siegchance hinzufahren?"
Button: "Ich hatte in den vergangenen drei Jahren nicht das Gefühl, dass ich eine Siegchance hatte. Es ist dieses Jahr das Gleiche. Ich glaube, dass ich dieses Jahr eine bessere Chance habe, auf das Podest zu kommen, als in den vergangenen drei Jahren. Ich weiß nicht, was passieren wird. Wir müssen erst sehen, was hier passiert - mit den neuen Teilen. Die britischen Fans sind sich der Situation bewusst. Sie rechnen nicht damit, dass wir plötzlich Rennen gewinnen, wenn wir dorthin kommen. Fortschritte sind aber notwendig, und wenn wir ein gutes Rennen haben, dann werden wir ein gutes Punkteresultat schaffen. Das wäre ein guter Schritt nach vorne."
Frage: "Susie Wolff ist Williams-Testfahrerin. Hast du den Eindruck, dass sich die Formel 1 für Frauen öffnet?"
Button: "Um ehrlich zu sein, habe ich darüber nicht nachgedacht. Ich habe nicht wirklich eine Antwort auf diese Frage. Es gibt viele Frauen in diesem Sport - ich weiß es nicht."

