• 30.10.2011 19:18

  • von Dieter Rencken

Button: "Es ärgert mich ein bisschen..."

McLaren-Fahrer Jenson Button jagte Sebastian Vettel in Indien um den Kurs, konnte den Deutschen aber nicht von einem weiteren Rennerfolg abhalten

(Motorsport-Total.com) - Jenson Button hatte sich vorgenommen, die vermeintliche Schlappe aus der Qualifikation unbedingt wettzumachen. Dies gelang dem britischen Rennfahrer im Großen Preis von Indien, doch Sebastian Vettel (Red Bull) war noch einen Tick besser als Button. Der McLaren-Fahrer musste sich schließlich mit Rang zwei zufrieden geben, obwohl er zwischendurch immer wieder kleine Hoffnungen auf den ganz großen Coup hatte. In der Pressekonferenz schildert Button seine Eindrücke zum Rennen.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button wurde hinter Sebastian Vettel als Zweiter abgewinkt

Frage: "Jenson, dein Ingenieur sagte dir einmal, dass du es mit Sebastian Vettel aufnehmen kannst, doch der war wohl eine Nummer zu groß, oder?"
Jenson Button: "Ja, so war es. Im vergangenen Rennen hatte ich in der ersten Runde sehr zu kämpfen gehabt und hatte einige Positionen verloren. Hier wollte ich mich rehabilitieren. Ich erwischte einen guten Start und holte mir in Kurve vier den zweiten Platz."

"Danach ging es im Prinzip nur darum, an Sebastian dranzubleiben. Sein Tempo war sehr gut. Er schien keine Fehler zu machen. Bei den Boxenstopps holten wir aber jedes Mal etwas auf ihn auf. Keine Ahnung, ob das an den Stopps an sich lag oder an der Ein- und Ausfahrt, doch auf frischen Reifen fühlte ich mich immer sehr gut."

"Ich fühlte mich konkurrenzfähig. In dieser Phase konnte ich die Lücke immer etwas schließen. Sobald Sebastian seinen Rhythmus wieder gefunden hatte, konnte ich aber nichts mehr tun. Alles in Allem würde ich aber sagen, dass wir heute einen tollen Job für das Team gemacht haben. Wir hätten nichts anders machen können."

"Der Samstag, die Qualifikation, war eine Katastrophe für mich. Ich denke aber, wir konnten es richtigstellen. Es war daher ein gutes Rennen. Gleichzeitig war es ein hartes Wochenende für alle am Motorsport Beteiligten. Die vergangenen beiden Wochenenden waren sehr, sehr schwierig. Es gab zwei Todesfälle und vor allem der Unfall von Dan war sehr schwierig."

"Die Qualifikation war eine Katastrophe für mich." Jenson Button

"Ich kannte ihn von klein auf. Er war immer der Bursche, den es in den niedrigen Formelklassen zu schlagen galt. Das ist sehr traurig. Ich denke daher, dass wir Dan und Marco, der ein weiterer supertalentierter Youngster war, und zu den beeindruckendsten Jungs auf dem Motorrad zählte, dieses erste Rennen in Indien widmen sollten."

Frage: "Sprechen wir über den Start. Es war sicher sehr aufregend, denn du kamst auf Anhieb an Fernando Alonso und Mark Webber vorbei..."
Button: "Es war aufregend. Mein Start fühlte sich zunächst nicht so gut an, doch das lag wohl daran, dass auf der Linie nicht so viel Grip war. Fernando überholte ich in Kurve eins. Ich denke, er schoss etwas zu weit in die Kurve hinein und ich wusste, dass ich einen guten Ausgang bei Kurve drei erwischt hatte."

"Die darauf folgende Gerade ist so lang. Ich kam gut heraus, hing im Windschatten von Mark. Es war eine Situation, in der dir ein Auto im Getriebe hängt und du rein gar nichts machen kannst. Er tat das Richtige und machte innen zu. Ich hatte aber genug Tempo, um auf der Außenseite zu fahren und den Speed mitzunehmen."

"Das war ein sehr aufregender Rennabschnitt. Danach hatte ich Mark für etwa acht Runden hinter mir. Er machte sehr viel Druck. Er versuchte, in der vierten Kurve außen an mir vorbeizufahren. Wir bremsten beide unheimlich spät und wären beinahe abgeflogen, doch ich hielt meine Position und konnte davonziehen."

"Das war ein sehr aufregender Rennabschnitt." Jenson Button

"Ich denke, er zerstörte seine Reifen ein bisschen. Es war ein unterhaltsames Rennen. Es ärgert mich ein bisschen, dass ich nicht zu Seb aufschließen konnte. Wir leisteten an diesem Wochenende aber gute Arbeit und das ist das Wichtigste. Wir hatten nicht ganz das Tempo, können aber hoffentlich in den beiden verbleibenden Rennen noch einen kleinen Schritt nach vorne machen."

Die Quali-Probleme wiederholen sich nicht

Frage: "Im Qualifying hattest du offenbar kaum Grip. Wie war es im Rennen?"
Button: "Nun, es war nicht so schlecht, denn ich wurde ja Zweiter. In der Qualifikation kämpfte ich vor allem darum, einen Rhythmus zu finden. Es schien einfach alles schiefzugehen, was im Zeittraining nur schiefgehen kann. Manchmal hat man halt solche Lehrstunden, manchmal läuft es auch einfach nur für dich. Im Rennen war es dann ganz anders."

"Ich hatte einen guten Start, überholte Fernando in Kurve eins und überlegte dann, wo ich in Kurve drei ein Manöver setzen sollte. Mark war vor mir und ich wollte ihn schnappen, doch hinter mir fuhr Fernando, der seinerseits mich überholen wollte. Da musst du schon genau aufpassen, was du mit deinem Auto anstellst. Ich schätzte die Situation vor Kurve drei aber richtig ein und ging vor Kurve vier an Mark vorbei."

"Mark setzte mich dann acht Runden lang ziemlich unter Druck und machte mir echt die Hölle heiß. In Kurve vier wagte er einmal ein Manöver und wir beide bremsten sehr spät, rutschten von der Linie. Die Positionen blieben aber wie zuvor. Danach konnte ich mich absetzen und eine Lücke aufbauen. Ich wollte Sebastian einholen, doch das war sehr schwierig."

"Mark setzte mich acht Runden lang ziemlich unter Druck." Jenson Button

"Ich denke, die Jungs leisteten klasse Arbeit bei den Stopps. Wir schienen auf neuen Reifen auch besonders gut klarzukommen. Sobald Sebastian aber wieder in seinem Rhythmus war, konnten wir nichts mehr ausrichten. Im Rennen machten wir als Team aber nichts falsch, denke ich. Wir leisteten perfekte Arbeit, waren jedoch nicht so schnell wie Red Bull und Sebastian."

"Ich muss den Indern gratulieren, denn sie haben große Anstrengungen in die Errichtung dieser Rennanlage fließen lassen. Ich bin der Meinung, dass diese Strecke in den kommenden Jahren zu den wirklich großen Nummern zählen wird. Man kann noch ein paar Sachen verbessern, aber es ist ein besonderer Kurs und ich mag es sehr, hier zu fahren. Hoffentlich konnten wir eine gute Show aufziehen."


Fotos: Jenson Button, Großer Preis von Indien


"Es ist schön, die Begeisterung der Menge zu sehen. Es sind ziemlich viele Menschen vor Ort. Sie machen eine gute Stimmung und scheinen sich prima mit der Action anzufreunden. Das ist klasse. Hoffentlich wächst die Formel 1 hier in Indien, damit bald noch mehr Leute an die Strecke kommen. Es war ein besonderes Wochenende. Indien kann stolz sein auf diesen Kurs. Vielen Dank an alle."

Frage: "Wie würdest du diese Strecke einschätzen?"
Button: "Es ist ein neuer Kurs und einer der besten, die ich je befahren durfte. Man kann diese Strecke aber nur schwerlich mit einer Bahn wie Suzuka oder Spa vergleichen, wo es viel Geschichte gibt. Ich liebte es, hier zu fahren. Das ist das Wichtigste. Das Rennen ging auch so schnell zu Ende. Das liegt daran, dass es so viel Spaß machte, hier unterwegs zu sein."

"Das Rennen ging auch so schnell zu Ende." Jenson Button

Frage: "In den Sektoren eins und zwei schienst du mit Sebastian Vettel auf Augenhöhe zu liegen, doch im dritten Abschnitt nahm er dir meist drei bis vier Zehntel ab. In diesem Sektor gibt es nur wenige Kurven, denn er ist sehr kurz. Wo verlierst du so viel Zeit?"
Button: "Ich habe keine Ahnung. Das erfahre ich erst jetzt. Ich weiß es einfach nicht. Wahrscheinlich verliere ich die Zeit in den Kurven 13, 14, 15 und 16. Ich weiß nicht, weshalb es dort anders sein sollte als in den anderen Sektoren."

"Ich bin überrascht darüber, dass ich im mittleren Sektor nicht mehr auf ihn einbüßte, denn das war über das gesamte Wochenende hinweg ein bisschen unser Schwachpunkt. Anscheinend konnten wir diese Scharte auswetzen. Aber ja: In diesem Sektor gibt es zwei schnelle Kurven. Es ist also sehr seltsam, dass es da einen so großen Unterschied gibt."

Der Strategie-Poker geht auf, reicht aber nicht

Frage: "Ihr kamt immer vor Red Bull in die Box. Wolltet ihr sie in einen Fehler treiben?"
Button: "Wir wechselten unsere Reifen immer vor ihnen. Das ist eigentlich ungewöhnlich für uns, denn üblicherweise bleiben wir eher länger draußen. Es war auch ein Risiko, schon eher auf den harten Reifen zu wechseln."

"Damit hast du schließlich keinen Grip. Ich rutschte viel herum. Das machte mir ein paar Sorgen. Wir mussten es aber probieren, um eine Chance zu haben, Sebastian zu schlagen. Es funktionierte auch ziemlich gut. Nach den Stopps kam ich bis auf etwa drei Sekunden an ihn heran. Das reichte aber nicht aus."

Frage: "Ist Sebastian in den restlichen Rennen einfach unantastbar? Was denkst du?"
Button: "Darauf habe ich keine Antwort. Ist er unantastbar? Ich weiß es nicht. Ich hoffe nicht. Wir werden alles tun, um sicherzustellen, dass er die nicht auch noch die beiden nächsten Rennen gewinnt."

"Ist er unantastbar? Ich weiß es nicht." Jenson Button

"Er war aber schon das gesamte Jahr über sehr stark. Es ist sehr, sehr schwierig, Red Bull und Sebastian herauszufordern. Wir geben aber alles. Ich denke, wir machten im Rennen alles richtig, waren aber einfach nicht schnell genug."

¿pbvin|512|4211||0|1pb¿"Wir müssen halt darauf hoffen, noch einige Fortschritte für die beiden weiteren Events zu machen. Abu Dhabi ist eine Strecke, auf der sie normalerweise immer sehr schnell sind. Okay, sie waren üblicherweise auch in Suzuka immer super, also... Hoffentlich können wir auch dort gute Arbeit leisten. Wenn wir alles auf die Reihe kriegen, können wir Sebastian herausfordern, denke ich."

Frage: "Ist es nicht ein bisschen langweilig, wenn Red Bull so gut ist? Es ist ziemlich vorhersehbar, wer letztendlich gewinnt..."
Button: "Ich würde nicht sagen, dass die Rennen in diesem Jahr langweilig waren. 90 Prozent der Rennen waren echte Kracher."

"90 Prozent der Rennen waren echte Kracher." Jenson Button

"Einige der vergangenen Saisons waren in der Formel 1 sicher nicht so aufregend wie das aktuelle Rennjahr. Seb siegte in den meisten Rennen. Wir versuchten, das zu ändern, doch bisher war das schier unmöglich. Die Grands Prix an sich waren aber toll. Ich denke, die Formel 1 steht gut da."

McLaren nimmt Kurs auf 2012

Frage: "McLaren machte in Indien den zweiten Platz in der Konstrukteurswertung perfekt. Wie viel würde dir der zweite Rang in der Fahrertabelle bedeuten, solltest du ihn einfahren können?"
Button: "Zunächst einmal muss ich dem Team zu Platz zwei gratulieren. Es ist immer traurig, jemandem zu einem zweiten Rang zu gratulieren, doch für das Team macht es im Hinblick auf 2012 einen großen Unterschied."

"Platz zwei bei den Fahrern bedeutet nicht so viel wie Platz zwei bei den Konstrukteuren. Ich denke, wenn du einmal Weltmeister warst, dann geht es dir einzig und alleine um den ersten Platz. Wichtig ist, dass wir stark sind. In den kommenden Rennen werde ich jedes Mal mit dem Ziel an den Start gehen, das Rennen zu gewinnen."

"Wichtig ist, dass wir stark sind." Jenson Button

"Ich werde nicht eher ruhen, bis das Saisonende erreicht ist. Ich bin schon sehr gespannt auf die Herausforderungen in Abu Dhabi und besonders auch in Brasilien. Das ist sehr aufregend. Platz zwei in der Gesamtwertung? Dann hast du alle bis auf Einen geschlagen - und gerade diesen Einen willst du ja schlagen."

Frage: "Was hältst du von Narain Karthikeyan, dem indischen Fahrer?"
Button: "Ich weiß nicht, wie er sich hier geschlagen hat, doch wir waren seinerzeit Gegner in der Formel 3. Das war 1999. Damals hatte er gute und schlechte Tage. Ich kann mich gut daran erinnern, wie er zwei Rennen in Brands Hatch gewann, ohne dass wir auch nur ein bisschen Land gegen ihn sahen."

"Ich wurde, glaube ich, Dritter und Vierter - keine Chance. Er hat Talent, braucht aber einfach noch mehr Zeit. Es ist sehr schwierig, in ein Formel-1-Auto einzusteigen und Rennen damit zu fahren. Er hatte nur wenig Erfahrung mit dem Rennwagen. Hoffentlich bekommt er weitere Chancen."

Frage: "Am Donnerstag gibt es ein wichtiges Treffen der Formel-1-Kommission in Genf. Ein Thema ist die Möglichkeit, ein anderes Team mit einem dritten Auto auszurüsten. Was hältst du davon?"
Button: "Ich denke, wir müssen darüber nachdenken. Es ist sicher kein Thema, wo wir vorschnell einen Kommentar dazu abgeben sollten."

"Ich denke, wir müssen darüber nachdenken." Jenson Button

"Meiner Meinung nach ist es schwierig für die Teams, die ihre eigenen Autos bauen. Sie geben sich große Mühe, über den Winter ein Fahrzeug zu entwickeln, nur um dann plötzlich gegen einen andersfarbigen Red Bull, McLaren oder Ferrari anzutreten."

"Das ist ein bisschen unfair gegenüber den Teams, die sich im Mittelfeld befinden und ihre eigenen Autos bauen. Ich kenne aber nicht den gesamten Umfang der Gespräche, die in diesem Zusammenhang stattfinden werden und für wann das ins Auge gefasst wird."