Brundle: Fahrer kalkulieren Unfälle fest ein
Ex-F1-Pilot Brundle erklärt, warum ein Unfall einen Rennfahrer selten schockt und wo Schumachers Stärke liegt
(Motorsport-Total.com) - Unglaubliches Glück hatte Martin Brundle bei einem Unfall vor acht Jahren, als er beim Saisonauftakt in Melbourne in seinem Jordan-Peugeot kurz nach dem Start nach einer Kollision abhob und sich im Kiesbett mehrere Male überschlug. Den Briten ließ der Unfall kalt, auch wenn von seinem Auto nicht viel mehr als die Überlebenszelle übrig geblieben war. Dennoch kletterte der damals 36-Jährige aus dem Auto und stieg für den Neustart in das Ersatzauto um.

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Martin Brundle: Einen Rennfahrer schockiert kaum etwas
"Wenn du einen Unfall hast, so schockt dich das nicht besonders", erklärt der ehemalige Formel-1-Pilot gegenüber 'The Age'. "Man weiß ja von Leuten, die im normalen Straßenverkehr mit Tempo 50 einen Unfall haben und dann zwei Wochen wegen eines Schocks nicht arbeiten können, weil sie mit einem Unfall einfach nicht gerechnet hatten. Wir wissen, dass ein Auto ein paar Mal im Jahr kaputt geht, man selbst oder jemand anderes einen Fehler macht. Wenn so etwas passiert, bekommt man keinen Schock. Bei uns ist das schon fest einprogrammiert."#w1#
An seinen damaligen Horrorcrash, einen der übelst aussehenden Unfälle der letzten Jahre überhaupt, kann sich der heutige TV-Moderator noch sehr gut erinnern: "Man lernt, mit den Gefühlen und dem Druck umzugehen, und das musste ich an jenem Tag tun. Man macht einfach weiter? Als ich in die Jordan-Garage zurückkehrte, war ich tatsächlich der ruhigste im Team, denn sie waren sich alle sicher, dass ich nach dem heftigen Unfall tot bin. Ich war einfach auf solch einen Zwischenfall vorbereitet."
Überhaupt sei die mentale Stärke das A und O eines Rennfahrers: "Wenn man Weltmeister bei der Arbeit zusieht, egal ob das ein Prost, Senna oder Schumacher ist, dann brauchen sie vielleicht 70 Prozent ihrer Kapazität, um das Auto zu fahren und haben 30 Prozent übrig, um sich mit den Dingen um sich herum zu beschäftigen: Die Rennstrategie, ihr Auto, die Streckenbedingungen und all die tausend Dinge, die man mit an Bord nehmen muss."
Brundle glaubt, dass die Fahrer im gesamten Feld auf eine Runde gesehen vielleicht nur um eine halbe Sekunde auseinander liegen: "Aber es ist halt die mentale Stärke, die den Unterschied ausmacht. Grundsätzlich sind wir ziemlich ruhig. Vielleicht wird man vor dem Qualifying und dem Rennen ein wenig nervös, aber man braucht auch ein wenig Adrenalin. Das ist wirklich eine großartige Droge."
Doch wer mit weit über 300 Stundenkilometern über die Strecken der Welt fegt, der darf das Adrenalin nicht wie eine echte Droge wirken lassen. Der Fahrer muss jederzeit genau wissen, was er tut, ansonsten bringt er sich oder andere in Gefahr: "Wenn man sich selbst mental und körperlich an die Grenze bringt ? was wir sehr oft tun ? dann kennt man sich sehr gut. Wenn einem ein wenig die Emotionen durchgehen, dann merkt man das schnell und kann dagegen vorgehen."

