• 11.10.2005 10:15

  • von Fabian Hust

Briatore: "Wir kreieren unsere Teams und Fahrer selbst"

Der Renault-Teamchef erklärt, warum man in der Formel 1 nicht "shoppen" geht und wieso Alonso ein "kleiner Junge" und Glückspilz ist

(Motorsport-Total.com) - Flavio Briatore hat mit Renault in diesem Jahr das geschafft, was er zuletzt vor zehn Jahren mit Michael Schumacher und Benetton schaffte - er holte den Fahrer-WM-Titel: "Vom Talent her sind beide gleich", so der Italiener in einem 'kicker'-Interview. "Ich habe vor unserer versammelten Mannschaft gesagt: 'Fernando verdient den Erfolg und alle Anstrengungen, die ihr für ihn unternommen habt - und ihr alle verdient einen solchen Prachtkerl wie ihn'."

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso Flavio Briatore

Fernando Alonso und Flavio Briatore sind ein eingeschworenes Team

Doch es gibt in den Augen des Renault-Teamchefs einen entscheidenden Unterschied zwischen dem siebenmaligen Champion aus Kerpen und dem amtierenden Weltmeister aus Oviedo in Spanien: "Alonso wird der erste echte internationale Superstar in unserem Sport seit Ayrton Senna. Denn Schumi ist zwar ein ganz großer Champion, aber ein internationaler Superstar - das wird erst Alonso sein."#w1#

Mit viel Kalkül hat Fernando Alonso diese Saison bestritten, siegte in der ersten Saisonhälfte regelmäßig und fuhr im zweiten Saisonabschnitt mit unterlegenem Material so, dass er den Punktevorsprung auf Kimi Räikkönen halten kann. Kritik, wonach der Champion in der zweiten Saisonhälfte zu wenig Rennen gewann, will der 55-Jährige nicht auf sich sitzen lassen und zieht einen Vergleich zum Fußball: "Ob du deine Tore in der ersten oder zweiten Spielhälfte schießt, ist völlig egal. Hauptsache, du gewinnst."

"Alonso ist zwar noch ein halbes Kind, aber trotzdem schon ein großer Champion." Flavio Briatore

"Alonso ist zwar noch ein halbes Kind, aber trotzdem schon ein großer Champion", meint Flavio Briatore unverblümt, der übrigens auch Manager des 24-Jährigen ist. "Und sehen sie nur, wie er den enormen Druck weggesteckt hat. Er beschwert sich nie, bleibt immer ruhig und gefasst und hat das ganze Jahr auch nie überreagiert."

Manche mögen sagen, dass Fernando Alonso in diesem Jahr alles Glück der Welt hatte, da er nie einen technischen Ausfall zu beklagen hatte, während Widersacher Kimi Räikkönen alleine vier Motorschäden im Training hatte. Doch Briatore weiß: "Das scheint oft so zu sein mit den Champions. Vergleichen sie mal Alonso mit Giancarlo Fisichella: Jedes Mal, wenn wir ein Problem im Team hatten, so scheint es, hat es 'Fisico' getroffen. Dabei hat er 2005 bei uns die beste Saison hingelegt, die er je erlebt hat."

Jeder im Team wisse, dass es nicht möglich ist, zwei gleiche Autos auf die Beine zu stellen. Man versuche dies zwar, doch die Probleme am zweiten Auto hätten mit der Tatsache zu tun, dass das 2001 zu 100 Prozent von Renault übernommene Team noch sehr jung sei, man habe vielleicht auch zu wenige oder noch nicht ausreichend erfahrene Leute.

"Manchmal war es auch Fisichellas Fehler", so Briatore. "Ab und zu hat einer Pech und du weißt nicht warum. Aber Fisichella fuhr fantastische Rennen fürs Team, und ich glaube nicht, dass seine Saison so schlecht war. Alonsos Saison hingegen war schlicht fantastisch - das ist der Unterschied. Fernando machte keine Fehler und hatte manchmal mehr Glück als Fisichella - so ist das Leben."

Heikki Kovalainen

Heikki Kovalainen steht laut Briatore schon als Nachfolger von Alonso fest Zoom

Obwohl man ein geringeres Budget hat als Toyota oder McLaren-Mercedes, ist Briatore zufrieden, nicht zuletzt deshalb, weil er sich nicht gezwungen sieht, hohe Fahrergagen zu zahlen: "Sollte etwa Alonso - irgendwann einmal - von Renault weg wollen, dann setze ich sofort den Finnen Heikki Kovalainen ins Auto. Die Formel-1-Erfolge hängen nicht immer nur von den Fahrern ab. Sehen sie, was Michael Schumacher 2005 erreicht hat. So gut er auch ist und sein mag - er hat es nicht geschafft, für Ferrari einen Unterschied zu machen. Überhaupt sind wir nicht wie die anderen Teams, die ihre Fahrer von Konkurrenten wegengagieren. Wir kreieren unsere Teams und Fahrer selbst. "