• 12.07.2005 18:37

Briatore: "Mosley hat hervorragende Arbeit abgeliefert"

Renault-Teamchef Flavio Briatore schlägt im Interview über die derzeitige Situation in der Formel 1 erstmals versöhnliche Töne an

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Flavio, wie wichtig ist dir der WM-Titel?"
Flavio Briatore: "Der Gewinn der Meisterschaft ist vor allem wichtig für Renault. Für das Unternehmen wäre es eine schöne Rendite seiner Investitionen. Für mich persönlich würde es beweisen, dass meine bisherigen Erfolge bei Benetton keine Eintagsfliegen waren."

Titel-Bild zur News: Flavio Briatore

Briatore raucht die Friedenspfeife und wünscht sich einen baldigen Kompromiss

Frage: "Wer wird nach deiner Einschätzung den Titel gewinnen?"
Briatore: "Wenn uns ein Ausrutscher unterläuft und Kimi Räikkönen gleichzeitig viele Punkte einfährt, könnte es noch einmal eng werden. Ich denke, die Ausgangsposition ist großartig. Wir bieten einen spannenden Titelkampf und das ist gut für die gesamte Formel 1."#w1#

"In den wichtigsten Punkten stimme ich mit ihm überein"

Frage: "Seit den Ereignissen im Rahmen des Grand Prix der USA in Indianapolis stehen sich die Teams und Max Mosley, Präsident der obersten Motorsportbehörde FIA, gegenüber. Wie schätzt du die Situation ein?"
Briatore: "Max Mosley hat in den vergangenen Jahren hervorragende Arbeit abgeliefert. Ich schätze ihn als intelligenten und fähigen Mann mit guten Ideen. Das heißt zwar nicht, dass ich alle seine Vorschläge für perfekt halte, aber in den wichtigsten Punkten stimme ich mit ihm überein."

Frage: "Was genau meinst du damit?"
Briatore: "Die Zuschauer sollen im Mittelpunkt stehen. Gleichzeitig müssen wir die Formel 1 sicherer und noch unterhaltsamer gestalten. Um das zu erreichen, brauchen wir einen starken FIA-Präsidenten wie Mosley als regulierende Instanz. Für die Einheit und die Attraktivität des Sports brauchen wir vor allem auch Ferrari."

Frage: "Ferrari scheint derzeit aber eher auf der Seite der FIA und von Bernie Ecclestone zu stehen, während sich andere Teams Gedanken über eine mögliche alternative Herstellerserie machen..."
Briatore: "Ja, und? Sobald Ferrari sieht, dass unsere Pläne funktionieren, werden sie ihre Bedenken über Bord werfen und sich uns anschließen."

"Alle Beteiligten sollten sich gemeinsam an einen Tisch setzen"

Frage: "Wie könnte das geschehen?"
Briatore: "Alle Beteiligten sollten sich gemeinsam an einen Tisch setzen, sich wie Erwachsene miteinander unterhalten und zusammenarbeiten - und zwar so schnell wie möglich."

Frage: "Dürfen wir das als Friedensangebot interpretieren?"
Briatore: "Nein, denn in der Formel 1 herrscht kein Krieg und wird auch keiner herrschen. Wir wissen alle, was die Formel 1 braucht. Wir müssen einheitlich vorgehen und brauchen eine starke FIA, die alles überwacht. Zudem sollten die Teams und Hersteller stärker an den Einnahmen beteiligt werden als derzeit. Damit hat aber die FIA nichts zu tun, sondern Bernie Ecclestone, obwohl er nur 25 Prozent der Anteile besitzt. Der Rest gehört den Banken."

Frage: "Wie könnte eine Lösung dieser Situation aussehen?"
Briatore: "Die Hersteller entwickeln gemeinsam mit der FIA und Bernie Ecclestone ein System, an dessen neue Regeln sich alle halten müssen, Ferrari eingeschlossen. Mit Blick auf 2008 würden dann alle in die gleiche Richtung gehen."

Frage: "Ohne die Banken, aber mit Ecclestone und der FIA?"
Briatore: "Ja. Das so genannte Concorde Agreement, also das Vertragswerk zwischen den Teams und der FOM, läuft Ende 2007 aus. Die FOM gehört momentan den Banken, der Geschäftsführer heißt Bernie Ecclestone. Im Jahr 2008 wäre eine neue Formel 1 mit den Teams, Ecclestone und der FIA als Regulator möglich, aber ohne die Banken."

Briatore drängt auf raschen Dialog mit der FIA

Frage: "Heißt das, dass die jüngsten Vorschläge von Max Mosley die Zustimmung der Hersteller finden? Er will deutliche Veränderungen in puncto Motor, Elektronik, Aerodynamik und Reifen."
Briatore: "Wenn ich Mosley richtig verstanden habe, stellt sein für das Jahr 2008 vorgeschlagene Reglement zunächst nur eine Diskussionsgrundlage dar. Allerdings müssen wir uns bald ernsthaft mit den Vorschlägen auseinandersetzen, bevor sie die FIA Ende des Jahres als Grundlage für ein verbindliches Reglement nehmen kann."

Frage: "Teilen die anderen Teamchefs deine Meinung?"
Briatore: "Wir suchen gemeinsam nach einem Kompromiss mit der FIA und mit Ecclestone. Wir akzeptieren beide Positionen und haben weder mit den Standpunkten von Ecclestone, Mosley oder der FIA ein Problem. Wir müssen einfach sinnvolle Veränderungen herbeiführen."

Frage: "Könnte es passieren, dass die Hersteller ihre Drohung, eine eigene Serie ins Leben zu rufen, tatsächlich wahr machen?"
Briatore: "Darum geht es momentan überhaupt nicht. Die wirklich wichtige Frage ist letztlich, was den Interessen aller Beteiligten dient. Nur darauf kommt es an."