• 12.02.2002 12:12

  • von Marcus Kollmann

Briatore: "Es ist schwer, in der F1 Erfolg zu haben"

Renault F1 Generaldirektor Flavio Briatore über die Fahrer, die Saison 2002 und die Schwierigkeit erfolgreich zu sein

(Motorsport-Total.com) - Flavio Briatore ist in der Formel 1 das, was man im normalen Leben für gewöhnlich einen Tausendsassa nennt. Der 51-Jährige Italiener gelangte über den Benetton-Konzern in die Formel 1, als das Unternehmen zu Zwecken der Steigerung des Bekanntheitsgrades das Toleman-Team übernahm und unter eigenem Namen an den Start ging. Briatores größter sportlicher Erfolg ist bis heute der Titelgewinn mit dem seinerzeit von Jordan wegverpflichteten Michael Schumacher 1994. Im Jahr darauf verteidigte man den Titel und holte auch den Konstrukteurspokal.

Titel-Bild zur News: Flavio Briatore (Generaldirektor Renault F1 England)

Briatore hat außer der Formel 1 keine Hobbies

1998, nach einigen enttäuschenden Saisons, sowie nach dem Verlust Schumachers und des technischen Stabes an Ferrari, verließ Briatore Benetton und gründete schließlich Supertec Sport - einen Motorenlieferanten der im Namen Renaults Kundenmotoren anbot. Nach der Entscheidung Renaults, zurück in die Formel 1 zu kehren und zu diesem Zweck das angeschlagene Benetton-Team zu übernehmen, wurde Briatore im Jahr 2000 zum Generaldirektor von Renault Sport berufen. Fortan widmete sich der Italiener dem Aufbau des Rennstalls, welcher dieses Jahr als Renault F1-Werksteam wieder an den Start geht.

Im nachfolgenden Interview spricht Briatore, der neben seiner Tätigkeit als Generaldirektor weitaus mehr als Talent-Scout und seines bewegten Privatlebens für Schlagzeilen sorgt, über die Fahrerpaarung des Teams, die zurückliegende Saison und die Schwierigkeiten in der Formel 1 ein Team an die Spitze zu führen.

Frage: "Herr Briatore, wie bewerten sie die diese Saison aus Jarno Trulli und Jenson Button bestehende Fahrerpaarung von Renault F1?"
Flavio Briatore: "Ich denke, dass wir eine sehr starke Fahrerpaarung haben. Button hat aus der enttäuschenden Saison des letzten Jahres gelernt. Er kam in das Team und dachte, dass er leichtes Spiel haben und erfolgreich sein würde. Aber dem war nicht so, denn er war oftmals abgelenkt und wurde schlecht beraten. Ich sehe in ihm heute einen gereifteren, neu motivierten und zuversichtlicheren Fahrer. Er hat großes Potenzial und wird das diese Saison ganz sicher beweisen. Was Trulli angeht, so ist zu sagen, dass er schnell und motiviert ist. Er fährt das erste Mal für ein großes Team wie unseres. Ich denke, dass er in Sachen Weiterentwicklung eine große Hilfe sein wird, denn sein Feed-back über das Auto ist sehr präzise und gut."

Frage: "Wie wichtig war es, dass sie Fernando Alonso als Testfahrer verpflichtet haben?"
Briatore: "Fernando ist Renaults Zukunft. Deshalb haben wir uns dagegen entschieden ein Angebot eines anderen Teams für ihn in dieser Saison zu akzeptieren. Als unser Testfahrer kann er sich mit der Arbeitsumgebung bei Renault F1 vertraut machen und sich kontinuierlich an alles gewöhnen und zusammen mit dem Team verbessern."

Frage: "Wie wichtig wird der Lernprozess von 2001 die Leistungen in dieser Saison beeinflussen?"
Briatore: "Zuerst einmal muss gesagt werden, dass 2001 in Sachen neue Motivation schöpfen wichtig war. Wir mussten das Team in Enstone neu aufbauen und dafür sorgen, dass die in Enstone und Viry-Châtillon beheimateten beiden technischen Center unserer Firma wie ein Team funktionieren. Auf der Rennstrecke konnten wir zum Ende des letzten Jahres ja schon klare Verbesserungen sehen."

Frage: "Hat die Zuversicht des Teams für dieses Jahr durch die Verbesserungen zum Ende der letzten Saison zugenommen?"
Briatore: "Die Saison 2001 war ein sehr schwieriges, wenngleich auch sehr wichtiges Jahr. In dieser Saison können wir nun mit mehr Vertrauen starten und attackieren. Ich bin wirklich zufrieden, dass wir eine neue Ära von Renault in der Formel 1 basierend auf einer guten Ausgangslage starten."

Frage: "Wie beurteilen sie das Designteam von Renault F1?"
Briatore: "Ich habe volles Vertrauen in deren Arbeit. Mike [Gascoyne, Technischer Direktor, Anm. d. Red.] und auch Jean-Jacques [His, Generaldirektor Renault F1 Frankreich, Anm. d. Red.] sind starke Charaktere die wissen was zu tun ist. Sie genießen beide mein Vertrauen und meine totale Unterstützung. Ich schätze an beiden besonders, dass sie, genau wie ich auch, eine Langzeit-Strategie verfolgen. Nur so kann man am Ende der Konkurrenz voraus sein."

Frage: "Seit 1998 sind Sie selbst in der Formel 1. Fühlen Sie noch immer diese Anspannung kurz bevor ein Rennen beginnt?"
Briatore: "Ja, aber das Gefühl, was ich habe, ist heute etwas anders. Als ich zum ersten Mal in der Formel 1 war, war die personelle Ebene eine ganz andere. Etwas, was ich niemals vergessen werde. Jetzt stimuliert mich, dass die Teams sich stark engagieren, um mehr Einfluss auf die Organisation der Formel 1 zu bekommen. Es gibt öfter Gespräche zwischen den Team-Manager und der immer stärker werdende unternehmerische Aspekt bringt Action und Verbesserungen mit sich."

Frage: "Haben Sie ab und an Zeit von der Formel 1 komplett abzuschalten?"
Briatore: "Ich habe keine anderen Hobbys, aber wenn ich kann, dann fliege ich nach Kenia, wo ich mich sonnen, relaxen und etwas Sport treiben kann."

Frage: "Was bedeutet es Ihrer Meinung nach für die Formel 1, dass Renault als Werksteam zurückkehrt?"
Briatore: "Nachdem so viele Hersteller in die Formel gekommen sind, war dieser Schritt auch für Renault bedeutend. Renault verfügt noch immer über alles was man für den Erfolg benötigt. Ich meine die technischen Anlagen, ein revolutionäres Motorkonzept und Spitzen-Leute die wissen wie es sich anfühlt zu gewinnen. Die Formel 1 kann davon eigentlich nur profitieren. Durch die zunehmende Bedeutung des Wettstreits der Hersteller untereinander wächst schließlich auch das Interesse an diesem Sport."

Frage: "Wie schwer ist es sich in der Formel 1 durchzusetzen und Erfolg zu haben?"
Briatore: "Es ist sehr schwer, keine Frage, und man schafft so etwas nicht in einer oder zwei Saisons. Es müssen verschiedene Dinge zusammenkommen, denn nur ein Team das als Einheit funktioniert kann das erreichen. Eine Person allein gewinnt keine Weltmeisterschaft. Am Ende ist der Verdienst des Erfolges auf die Arbeit eines jeden, egal wie klein der Beitrag ist, zurückzuführen."

Frage: "Welche Erwartungen haben Sie an die Saison 2002 und die Zukunft als Generaldirektor von Renault F1 England?"
Briatore: "Wir müssen als Team weiter Fortschritte machen. So schnell wie möglich. Ich hoffe, dass wir Renault F1 innerhalb der nächsten Jahre zum Gewinn der Weltmeisterschaft verhelfen können. Das ist unser Ziel."