• 04.08.2006 17:46

  • von Fabian Hust

Briatore: "Die FIA verzerrt die Weltmeisterschaft"

Der Renault-Teamchef empfindet es als "lächerlich", dass der Automobilweltverband mitten während der Saison Schwingungstilger verbietet

(Motorsport-Total.com) - Im Renault-Lager herrscht große Empörung über das Verbot der Schwingungstilger. Das Hickhack um den in der Nase des Renaults - und einiger anderer Autos - untergebrachten Dämpfers, nimmt kein Ende.

Titel-Bild zur News: Flavio Briatore

Flavio Briatore ist entsetzt über das Verhalten der FIA

Vor dem Großen Preis von Deutschland hatte der Automobilweltverband FIA das in der Nase der Autos untergebrachte System verboten, das Schwingungen des Autos ausgleicht und so die aerodynamische Wirkung der Frontpartie optimiert. Die FIA stuft das System als bewegliches aerodynamisches Hilfsmittel ein. In der Formel 1 sind bewegliche aerodynamische Hilfsmittel verboten.#w1#

Renault hatte zunächst mit der Widersetzung gegen das Verbot Erfolg

Nachdem Renault das entsprechende System bereits seit September 2005 einsetzt und bisher noch durch jede Abnahme bekommen hatte, schickte man in Hockenheim den Ersatzwagen mit dem entsprechenden System trotz Verbots zur Abnahme, woraufhin die Kommissare grünes Licht gaben.

Damit widersetzten sich die Kommissare dem eigenen Verband, worauf dieser ankündigte, gegen die Entscheidung in Berufung zu gehen. Renault nahm dies zum Anlass, auf einen Einsatz der Schwingungstilger auf dem Hockenheimring zu verzichten, um nicht eine nachträgliche Disqualifikation zu riskieren.

Die FIA geht gegen die eigenen Kommissare in Berufung

Die Berufungsverhandlung ist übrigens auf den 22. August datiert worden, was Renault auf die Palme brachte, schließlich müsste man so lange auf das System verzichten, bis danach - so erwarten es die Franzosen - am grünen Tisch wieder grünes Licht für eine Verwendung gegeben wird. Charlie Whiting, der Sicherheitsdelegierte der FIA, hatte daraufhin in einem Schreiben an die Teams versichert, dass die FIA im Falle einer Entscheidung gegen das System rückwirkend keine Strafe aussprechen wird.

"Die Sporthoheit FIA", hatte Renault-Chefingenieur Pat Symonds Anfang der Woche klargestellt, "hat uns am Montag schriftlich bestätigt, dass jene Teams, die mit Schwingungstilgern in Ungarn an den Start gehen, nicht im Nachhinein bestraft werden, sollte das Berufungsgericht die Verbannung dieser technischen Vorrichtungen bestätigen, wenn es vor dem Grand Prix der Türkei tagt. Also setzen wir dieses Bauteil in Budapest wieder ein."

Zuerst die halbherzige Freigabe, dann ein Rückzieher...

Auch wenn die FIA das System damit nicht für legal erklärt hat, war diese Aussage von Whiting für Renault zunächst Grund genug, zu planen das System in Budapest wieder einzusetzen. Doch als die Scuderia Toro Rosso ihr mit Schwingungstilger ausgerüstetes Auto nicht durch die Abnahme brachte, machte auch Renault erneut einen Rückzieher und wird an diesem Wochenende nicht mit dem System fahren.

Dieses Zurückweisen der Autos hatte einen Grund, denn Charlie Whiting hatte in der Zwischenzeit einen weiteren Brief verschickt, indem genau erläutert wird, warum Schwingungstilger in den Augen des Automobilweltverbandes illegal sind und dass es daher zu Protesten von anderen Teams kommen könnte. Dabei handelt es sich um eine Grauzone, weshalb die Rennkommissare in Hockenheim das System erst für legal erklärt hatten. Gegen eben diesen Beschluss geht nun die FIA selbst vor und die Stewards ziehen ganz offenbar auf dem Hungaroring mit.

Renault wirft der FIA eine Manipulation der Weltmeisterschaft vor

Bei Renault ist man über die Affäre ziemlich aufgebracht: "Die FIA spielt gegen uns, es ist absurd, die Regeln zur Hälfte der Saison zu ändern", tobt Renault-Teamchef Flavio Briatore in der 'Gazzetta dello Sport'. "Die FIA sollte nur ein Schiedsrichter sein, stattdessen verzerren sie die Weltmeisterschaft. Die FIA engagiert sich unglaublich, um gegen uns zu spielen. Ich finde es von A bis Z lächerlich, dass zur Saisonhälfte das Reglement geändert wird. Das erscheint mir nicht korrekt."

Hinter dem Verbot der Schwingungstilger steckt ganz offenbar das McLaren-Team, das seinerseits selbst mit der Technologie experimentiert hat, vermutlich aber kein effektives System entwickeln konnte. Die Briten haben keinen Protest eingelegt, die FIA aber ganz offensichtlich dazu aufgefordert, das System einmal aus dem Blickwinkel flexibler aerodynamischer Hilfsmittel zu betrachten.

Der Renault R26 ist auf den Schwingungstilger optimiert

Dass Renault so gegen das Verbot kämpft ist ein Hinweis darauf, dass der R26 ohne das System - vor allem auf so unebenen Strecken wie in Ungarn - alles andere als optimal funktioniert, zumal man nun bis Ende August wegen des Sommertestverbots keine Versuchsfahrten unternehmen kann. Vor allem Weltmeister Fernando Alonso, der ein perfekt liegendes Auto braucht um schnell zu sein, leidet unter dem Verbot, was schon auf dem Hockenheimring erkennbar war.

"Sicherlich haben ein paar Teams diesbezüglich Druck ausgeübt, ansonsten wäre das nicht so gekommen", poltert Briatore weiter. "Wir werden in Ungarn keine Schwingungstilger einsetzen, denn ich möchte mich nicht noch einmal vom Verband erpressen lassen." Den Verschwörungstheoretikern hat die FIA jedenfalls wieder einmal eine Theorie auf dem Silbertablett serviert...