Bourdais: "Das Timing hat nicht gestimmt"
Der Titelgewinner der ChampCar World Series im Exklusiv-Interview über die ausbleibende Formel-1-Chance, Motorsport in den USA und Fernando Alonso
(Motorsport-Total.com) - Der Franzose Sébastien Bourdais hat sich zum dritten Mal in Serie den Titel in der ChampCar World Series geholt und avanciert zum "ChampCar-Schumi". Wir sprachen mit ihm über seine Ambitionen in die Formel 1 zu kommen und seine Erfahrungen in den USA.

© Ford
Bourdais dominiert die ChampCar-Serie, doch in der Formel 1 will ihn niemand
Frage: "Drei Titel in Folge - unglaublich - wie würdest du deine Gefühle beschreiben, als du in Mexico City über die Ziellinie gefahren bist?"
Sébastian Bourdais: "Ich war sehr stolz - auf meine Jungs, auf mich und darauf, dass ich Teil des McDonald's Teams bin. Es war toll, dass wir die Meisterschaft schon ein Rennen vor Schluss fixieren konnten, denn so hatte ich in Mexico City einen Riesenspaß."#w1#
Frage: "Ein Mann deines unbestrittenen Talents sollte doch gut genug für die Formel 1 sein. Warum hat das nie geklappt?"
Bourdais: "Es hat bisher leider noch nicht geklappt und je mehr man auf den 30er zusteuert, desto unwahrscheinlicher wird es. Aber in der Formel 1 ist alles möglich, nichts vorhersehbar. Und da es noch immer mein Ziel ist dort zu fahren, werde ich weiter hart daran arbeiten."
Frage: "Aber woran lag es denn nun bisher deiner Meinung nach?"
Bourdais: "Weißt du, in der Formel 1 kannst du nicht einfach kommen und dich anbieten. Sie kommen zu dir und geben dir eine Chance, oder eben nicht. Bisher hat das Timing einfach nicht gestimmt."
Frage: "Als erfolgreicher Fahrer in Europa hast du die 'Alte Welt' verlassen und bist nach Übersee gegangen. War es für dich als Franzosen schwer, dich einzugewöhnen und dir Respekt zu verschaffen?"
Bourdais: "Sportlich gesehen, war es nicht schwer. Denn erstens kam ich zu einem der besten Teams in den USA und zweitens, lieben die Amerikaner Siegertypen. Was wirklich schwierig war, war es mich an den amerikanischen Lebensstil zu gewöhnen."
Frage: "Es scheint so als würde Motorsport in den Staaten anders wahrgenommen als in Europa. Alles ist offener, zugänglicher für die Fans, Fahrer über 40 können noch gut abschneiden. Wie siehst du das?"
Bourdais: "Hier in den USA ist definitiv alles offener für die Fans und das ist gut so. Ein Grund warum Motorsport in Amerika so erfolgreich ist, ist genau diese Nähe zum Fan. Die Leute können unsere Autos und uns sehen, anfassen. Was das Alter betrifft, so wirst du zwar Veteranen sehen, die sich bei den Stockcars, den GT Serien oder Tourenwagen gut schlagen, aber im Open Wheel Racing gibt's das nicht."
Bourdais: "Du wurdest in Le Mans geboren, die Heimat einer der berühmtesten, aber auch traditionsreichsten Rennstrecken der Welt. Serien wie die Formel 1 streben in neue Märkte und solche Strecken geraten in Vergessenheit. Ist das nicht schade?"
Bourdais: "Es ist eigentlich eine Schande, aber so ist nun mal das Geschäft. Die Serien müssen dorthin gehen, wo das Geld liegt und Geld ist eben einer der wichtigsten Faktoren in der Formel 1."
Frage: "Was ist deine Lieblingsstrecke?"
Bourdais: "In den USA Road America in Elkhart Lake und in Europa natürlich Le Mans."
Frage: "Alle Formel-1-Fahrer sind begeistert in Indy einmal auf einer Steilkurve zu fahren. Du machst das ständig. Worin liegt der Unterschied zu Straßenkursen?"
Bourdais: "Eigentlich in allem. Vom Setup bis zum Rennformat ist alles anders. Du musst dem Oval Respekt zollen, sonst wirft es dich ab und das kann sehr schmerzhaft sein. Aber generell ist der psychische Stress auf Ovalen höher als der physische."
Frage: "Denkst du, die ChampCar World Series sollte tatsächlich 'weltweit' werden und in auch Europa, Asien und Afrika fahren?"
Bourdais: "Natürlich, denn wir wollen ja 'weltumspannend' sein. An den außer-amerikanischen Schauplätzen waren unsere Rennen immer sehr populär."
Frage: "Zurück nach Europa - nun, da Michael Schumacher zurückgetreten ist, sucht die Formel 1 nach einem Nachfolger. Denkst du, dass Doppelweltmeister Fernando Alonso auch derart dominieren wird können?"
Bourdais: "Das ist sehr schwer zu beantworten. Ich bin weder bei McLaren, Ferrari oder Renault mit den Interna vertraut, aber es ist wohl sicher, dass sich diese drei Teams den Titel untereinander ausmachen werden. Bei den Fahrern kann man zu dieser Zeit der Saison noch gar nichts sagen."

