• 29.01.2010 18:37

Bottas: "War noch nie bei einem Formel-1-Rennen"

Valtteri Bottas über seine Anfänge im Motorsport, seine Vorbilder und seine Eindrücke vom Williams-Team, dessen neuer Testfahrer er ist

(Motorsport-Total.com) - Valtteri Bottas wird neuer Testfahrer des Williams-Teams. Diese Nachricht kommt überraschend, denn der junge Finne ist bislang in der Formel-3-Euroserie beim ART-Team engagiert. Nach zahlreichen Erfolgen in der Formel Renault wurde er dort als Gesamtdritter "Rookie des Jahres" 2009. In der kommenden Saison startet Bottas erneut für ART in der Formel 3. Im Interview spricht er über seine Anfänge im Motorsport, seine Vorbilder und seine kommenden Aufgaben innerhalb des Williams-Teams.

Titel-Bild zur News: Valtteri Bottas

Valtteri Bottas zieht in die Nähe der Williams-Fabrik nach Oxford

Frage: "Valtteri, wie hast du mit dem Motorsport angefangen?"
Valtteri Bottas: "Ich habe als Fünfjähriger mit dem Motorsport angefangen, als ich das erste Mal ein Kart auf meiner Hausstrecke in Lahti gefahren bin. Wir waren im Sommer zuvor mit meinem Vater im Großraum Lahti und sahen Schilder, die auf ein Kartrennen hingewiesen hatten. Also haben wir uns spontan gedacht dort hinzugehen. Wir haben den ganzen Tag dort verbracht und uns die Rennen angesehen. Als dann alles vorbei war, sagte ich zu meinem Vater, dass es ich gerne selber mal ausprobieren möchte."#w1#

"Unglücklicherweise war ich etwas zu klein, um an die Pedale zu kommen. Daher ließ mich mein Vater ein Jahr warten. Aber er hielt sein Versprechen. Im folgenden Jahr hatte ich nur einen Versuch und ich war sofort süchtig danach. Von da an habe ich meinen Papa jeden Tag damit genervt, dass ich wieder Kartfahren und nirgendwo anders mehr hinwollte. In gewisser Weise war es ein totaler Zufall, dass wir an jenem Tag an die Strecke gegangen sind, denn ich hatte keine familiäre Verbindung zum Rennsport. Mein Vater erinnert sich noch daran, wie ich in den Alter zum ersten und einzigen Mal ganz still saß, als ich mein erstes Rennen sah. Ich war vom Geschehen auf der Strecke vollkommen eingenommen."

Frage: "Mit solch einer Hingabe zum Rennsport in einem so jungen Alter - hast du andere Dinge auslassen müssen?"
Bottas: "Ja, in gewisser Hinsicht war das schon Verlust. Aber das war es vielleicht mehr für meine Eltern als für mich, denn ich wollte ja nichts anderes tun. Eins nach dem anderen."

Frage: "Es ist zwar eine oft gestellte Frage, aber warum ist es nach deiner Erfahrung so, dass Finnland so viele Weltklasse-Piloten im Renn- und Rallye-Sport hervorbringt?"
Bottas: "Es muss etwas mit unserer Mentalität zu tun haben. Bis zu einem gewissen Grat liegt es an den rauen Wintern und die schwierigen Straßenverhältnissen. Man muss beim Fahren aktiv dabeisein, denn man kann nicht einfach im Autopilot-Modus von A nach B kommen. Dadurch entwickelt man ein natürliches Gefühl für Fahrzeugkontrolle und vielleicht kommt es daher."

Mika Häkkinen

Valtteri Bottas war von Mika Häkkinen schon früh beeindruckt Zoom

Frage: "Wer ist deiner Meinung nach der herausragendste finnische Rennfahrer?"
Bottas: "Ich denke, Mika Häkkinen. Er war derjenige, der gute Ergebnisse erzielte, als ich aufwuchs. Deshalb war ich ein großer Fan von ihm. Unglaublich, Mika ist jetzt gemeinsam mit Didier Coton und Toto Wolff für das Management meiner Karriere zuständig. Seit Mika hat Finnland viele Formel-1-Stars wie Raikkönnen und Kovalainen hervorgebracht."

Frage: "Wenn man vom Motorsport mal absieht, wofür ist dein Heimatland noch bekannt?"
Bottas: "Nun, wir sind in vielen Wintersportarten ganz gut. Während ich auf der Kartstrecke beschäftigt war, haben meine Schulfreunde alle möglichen traditionellen Wintersportarten ausprobiert - und aus den selben Gründen sind wir darin auch ganz gut. Aufgrund unserer kleinen Bevölkerungszahl in einem recht großen Land, ist es vielleicht überraschend, dass unsere Industrie in der Welt so bekannt ist. Firmen wie Wihuri, Kemppi und Nokia sind sehr bedeutend."

Frage: "Wenn du an Motorsport im Fernsehen denkst, was sind deine ersten Erinnerungen daran?"
Bottas: "Ich habe angefangen die Formel 1 ernsthaft zu verfolgen, als Mika für McLaren fuhr. Die charakteristische rot-weiße Lackierung seines Autos kann man einfach nicht vergessen. Manches bleibt einem im Gedächtnis, wie sein schrecklicher Unfall 1995. Aber ansonsten waren es größtenteils gute Sachen. Ich bin zu jener Zeit leider nie bei einem Formel-1-Rennen gewesen. Und aufgrund meiner eigenen Rennsportkarriere konnte ich das bislang auch nicht ändern. Ich warte immer noch darauf, einen Grand Prix als Zuschauer verfolgen zu können. Hoffentlich wird sich das bald ändern."

Frage: "Wann bist du das erste Mal auf Williams aufmerksam geworden?"
Bottas: "Wenn man die Formel 1 verfolgt, kommt man an Williams nicht vorbei, die so viele bemerkenswerte Fahrer und Erfolge hatten. Ich kenne Williams also schon mein ganzes Leben."

Frage: "Jetzt hast du Williams besucht. Welchen Eindruck hast du gewonnen?"
Bottas: "Es war sehr beeindruckend hierher zu kommen. Die Einrichtungen sind beeindruckend, der Ort ist makellos und das Maß an Aktivität, speziell wegen des neuen Autos, das gerade gebaut wird, zeigt deutlich, wie dynamisch es hier zugeht. Was das Zwischenmenschliche angeht, ist es ein sehr freundlicher Ort. Ich denke das liegt daran, dass jeder in der Firma sich auf dasselbe konzentriert."

Valtteri Bottas

Neben der Arbeit im Simulator steht für Valtteri Bottas auch der Rookie-Test an Zoom

Frage: "Wie sehen deine Pläne für dieses Jahr aus?"
Bottas: "Ich starte mit ART in der Formel-3-Euroserie und meinen Masters-Titel verteidigen. Der Macao-Grand-Prix kommt in meinen Plänen für diese Saison ebenfalls vor. Ich werde zudem so viel Zeit wie möglich in der Fabrik verbringen, von der Arbeit im Simulator bis zur Mitarbeit in verschiedenen Abteilungen der Firma. So bekomme ich einen kompletten Überblick über all die Inputs, die in den Prozess des Designs und des Baus des Autos einfließen. Ich werde so ziemlich jeden Tag bei Williams sein, abgesehen von den Tagen, an denen ich Rennen fahre, denn das Programm ist ziemlich intensiv. Nicht zuletzt deshalb habe ich mich auch entschieden nach Oxford zu ziehen."

Frage: "Was ist gut daran nach Großbritannien zu ziehen?"
Bottas: "Nun, es ist so leichter, zu all meinen Formel-3-Rennen zu reisen. Vor allem bin ich so gut mit Williams verbunden. Ich kann mir nicht vorstellen, was ich von Zuhause vermissen werde - außer natürlich meine Freunde und meine Familie in Finnland."

Frage: "Wann gehst du davon aus, dich ans Steuer eines Formel-1-Autos setzen zu können?"
Bottas: "Abgesehen von Simulator gibt es die Nachwuchsfahrer-Tests im diesjährigen Terminplan. Und wer weiß, vielleicht bekomme ich auch noch eine andere Möglichkeit. Abwarten."

Frage: "Was strebst du in der Formel 3 in dieser Saison an?"
Bottas: "Im vergangenen Jahr war ich ein Rookie und wurde Dritter. Also muss ich dieses Jahr den Sieg anpeilen. Es ist mir außerdem sehr wichtig, meinen Masters-Titel zu verteidigen. Das würde den Schwung aufrechterhalten, den ich bislang in meiner Karriere hatte."