• 25.01.2002 12:31

  • von Reinhart Linke

BMW-Williams präsentierte FW24 in Silverstone

Das BMW-Williams-Team präsentierte am Freitagmittag im britischen Silverstone den neuen Wagen für die Saison 2002

(Motorsport-Total.com) - Das BMW-Williams-Team hat am (heutigen) Freitag um 11 Uhr Ortszeit (12 Uhr MEZ) im britischen Silverstone den neuen Williams FW24 für die Formel-1-Saison 2002 präsentiert. Auf Grund der geringen Regeländerungen für 2002 war die Entwicklung des neuen Autos eine besondere Herausforderung für die Designer und Konstrukteure, mussten sie doch ein "Auto verbessern, das schon ziemlich ausgereift ist", so Chefkonstrukteur Gavin Fisher. "Wir waren relativ zufrieden mit den Fortschritten, die wir 2001 erzielt haben. Das ist einerseits positiv, andererseits hat eine katastrophale Saison für einen Konstrukteur durchaus auch gute Seiten: Das bedeutet nämlich, dass man bei der Entwicklung des nächsten Autos mit einem weißen Blatt Papier anfangen kann. Bei der Weiterentwicklung minimieren sich die Möglichkeiten der Verbesserungen. Der Aufwand steigt, aber die Ergebnisse werden geringer."

Titel-Bild zur News: FW24

Auf den ersten Blick kaum vom Vorgänger zu unterscheiden: Der FW24

Mehr Freiraum für Verbesserungen hatten derweil die BMW-Ingenieure gehabt, die mit dem P82 einen noch leistungsstärkeren Motor entwickelt haben, gleichzeitig aber auch Getriebe und Antrieb optimierten. "Diese Konstruktionsarbeit haben wir gemeinsam mit BMW geleistet und die Installation des Motors weiter optimiert", erklärte Gavin Fisher weiter. "Dabei strebt man immer an, Gewicht und Volumen so gering wie möglich zu halten, um maximale Effizienz für die mechanische Dynamik und die Aerodynamik des Autos zu erreichen. Änderungen im Antriebsstrang tangieren unweigerlich die gesamte Dynamik des Chassis. Während wir die Entwicklung dieser Komponenten begleiten, müssen wir gleichzeitig die Balance des Autos wiederherstellen."

Theissen: Die Messlatte wandert immer weiter nach oben

Der neue BMW-V10-Motor lief bereits am 21. September erstmals auf dem Prüfstand in München und gab am 3. Oktober sein Debüt auf der Rennstrecke ? im Vorjahres FW23. "Wenn man ein untaugliches Konzept erst im Dezember bemerkt, hat man keine Chance, dieses Problem bis zum Saisonstart noch zu lösen", begründet BMW-Motorsportdirektor Dr. Mario Theissen die frühe Fertigstellung des P82. Trotzdem glaubt er, dass der neue Motor noch nicht das Maximum des Möglichen ist: "Unser erster Motor, der E41 in der Saison 2000, war ein Sprung von null auf 90 Prozent", erinnert sich Dr. Mario Theissen. "Der P80 im vergangenen Jahr brachte die Steigerung auf 98 Prozent. Und doch werden wir nie 100 Prozent des technisch Machbaren erreichen. Diese Grenze verschiebt sich mit jedem gelungenen Innovationsschritt. Die Messlatte wandert während des Sprungs nach oben."

Hauptaugenmerk bei der Entwicklung des neuen BMW-V10-Motors war die Verbesserung der Zuverlässigkeit. "Auf jenen Strecken, auf denen die Motorleistung der entscheidende Faktor war", so der Münchner weiter, "waren wir 2001 diejenigen, die es zu schlagen galt. Diesen Status zu verteidigen und gleichzeitig die Zuverlässigkeit zu verbessern, das waren bei BMW in München unsere wichtigsten Entwicklungsziele für 2002." Der BMW-Motorsportdirektor weiß aber auch, dass seine Mannschaft speziell in diesem Bereich 2002 noch einiges zu lernen hat. "Die Verbesserung der Zuverlässigkeit hängt nicht nur von Konstruktion und Entwicklung des Motors ab, sondern mindestens ebenso von der Präzision aller Abläufe im Team ? von der Fertigung über die Montage bis zum Einsatz der Motoren im Rennen", weiß Dr. Mario Theissen. "Und da haben wir in unserer dritten Saison noch einiges zu lernen, um den Erfahrungsvorsprung der etablierten Teams auszugleichen." Was Zahlen des neuen Motors anbelangt, so hält sich BMW bedeckt. "Kolportierte Werte wie 19.000 U/min und 900 PS sind reine Spekulation", weißt der 49-jährige Familienvater zurück.

Enge Zusammenarbeit zwischen Williams, BMW und Michelin zahlt sich aus

Dank der engen Zusammenarbeit zwischen Williams, BMW sowie Reifenpartner Michelin konnte der Rennstall von Sir Frank Williams bei der Entwicklung des neuen Autos noch mehr an die Grenze des Machbaren gehen. Ein Ergebnis der engen Zusammenarbeit "ist, dass wir bei der Konstruktion des FW24 noch mehr von dem Wissen und den Ressourcen unseres Umfeldes genutzt haben", führt Gavin Fisher an.

Eine der wenigen Regeländerungen betrifft die Erlaubnis der bidirektionalen Telemetrie. "Um in der Lage zu sein, einige Zusatzfunktionen zu steuern, die bislang nur in der Hand des Fahrers lagen, waren Adaptionen bei der Fahrzeugelektronik erforderlich", weiß der Chefkonstrukteur. "Allerdings unterliegen diese elektronischen Funktionen ohnehin einer ständigen Weiterentwicklung."

Williams: "Setzen große Hoffnungen in das neue Auto"

Die Erwartungen an das BMW-Williams-Team sind in diesem Jahr hoch. "Nach vier beeindruckend souveränen Siegen, vier Pole Positionen und acht Rundenrekorden in unserem zweiten gemeinsamen Jahr sind die Erwartungen an die dritte Saison hoch", weiß Teamchef Sir Frank Williams. "Wir setzen große Hoffnungen in unser neues Chassis und den neuen BMW-Motor. Dazu bieten wir das stärkste Fahrerduo auf. Ralf Schumacher und Juan-Pablo Montoya sind unterschiedliche Charaktere mit unterschiedlichen Fahrstilen, aber mit identischen Zielen." Beide wollen die Weltmeisterschaft gewinnen.

BMW-Motorsportdirektor Gerhard Berger greift den Faden des Teamchefs auf und erklärt: "Eine solch starke Fahrerpaarung wird das Team schnell voran bringen", glaubt der Österreicher. "Ich rechne mit einem ausgeglichenen Kräfteverhältnis. Auf manchen Strecken wird Juan besser sein, auf anderen Ralf. Beide haben bewiesen, dass sie Grand Prixs gewinnen können."

Jungfernfahrt des FW24 bereits absolviert

Obwohl BMW-Williams 2001 vier Grand Prixs gewinnen konnte, war der Rennstall noch auf nicht allen Strecken unter den Siegaspiranten. "Wenn man von vornherein weiß, dass man auf einigen Strecken nicht aus eigener Kraft siegen kann, ist das Auto nicht gut genug", zeigte sich Patrick Head, Technischer Direktor, selbstkritisch. "Die weitere Verbesserung der Aerodynamik und der Standfestigkeit waren unsere primären Aufgaben."

Während ein Teil des Teams nicht bei der Präsentation in Silverstone anwesend sein konnte, da die beiden Testfahrer Marc Gené und Antonio Pizzonia bereits am Freitag mit dem Vorjahresauto mit Testfahrten im spanischen Barcelona begonnen haben, waren die beiden Stammfahrer Ralf Schumacher und Juan-Pablo Montoya selbstverständlich bei der Präsentation in Silverstone vor Ort. Nach der Präsentation gingen die beiden mit ihrem neuen Dienstauto zur Jungferfahrt auf die britische Grand-Prix-Strecke, um erste Erkenntnisse des neuen Autos zu gewinnen.

Technische Daten des Williams FW24

Kraftübertragung: WilliamsF1-Halbautomatik
Kupplung: AP
Chassis: Kohlefaser-Aramid-Epoxy-Verbund, hergestellt von WilliamsF1
Fahrwerk: WilliamsF1
Lenkung: WilliamsF1
Kühlsystem: Zwei Wasserkühler, zwei Ölkühler (einer pro Fahrzeugseite)
Bremsen: Kohlefaserbremsscheiben und -Beläge, AP Bremssättel
Schmierstoffe: Castrol
Kraftstoff: Petrobras
Räder: O.Z.; 12 x 13 vorn, 13,7 x 13 hinten
Reifen: Michelin Pilot
Cockpit-Instrumente: WilliamsF1 digitales Daten-Display
Lenkrad: WilliamsF1
Fahrersitz: Anatomisch geformt aus Kohlefaser-Epoxy-Verbundstoff mit Alcantara-Bezug
Feuerlöschsysteme: WiliamsF1/Sicherheitsgeräte
Farbsystem: DuPont Cromax
Spurweite vorn: 1.460 mm
Spurweite hinten: 1.400 mm
Radstand: 3.140 mm
Gewicht: 600 kg inklusive Fahrer und Kamera
Gesamtlänge: 4.540 mm

Technische Daten des BMW P82

Bauart: 10-Zylinder-V-Saugmotor
Bankwinkel: 90 Grad
Hubraum: 2.998 ccm
Ventile: vier pro Zylinder
Ventiltrieb: pneumatisch
Motorblock: Aluminium
Zylinderkopf: Aluminium
Kurbelwelle: Stahl
Ölsystem: Trockensumpfschmierung
Motorsteuerung: BMW