• 08.09.2007 22:24

  • von Inga Stracke

Blundell: "Man ist wohl einen Schritt zu weit gegangen"

Der Ex-Formel-1-Pilot beleuchtet im 'Motorsport-Total.com'-Interview die aktuelle Situation um die "Spionage-Affäre" und wagt einen Blick in das Gemüt von Dennis

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Haben Sie erwartet, dass McLaren-Mercedes in der Qualifikation so viel stärker sein würde als Ferrari?"
Mark Blundell: "Ich hatte erwartet, dass McLaren-Mercedes vielleicht in der ersten Startreihe steht, aber ich hatte nicht gedacht, dass sie einen solch großen Vorsprung haben würden, ihre Leistung ist viel besser als jene von Ferrari. Möglicherweise sind sie mit weniger Benzin unterwegs, das werden wir morgen im ersten Teil des Rennens herausfinden. Aber auch dann ist es nicht normal, dass man in Monza schneller ist als Ferrari."

Titel-Bild zur News: Martin Brundle mit Mark Blundell

Martin Brundle (links) und Mark Blundell kennen Ron Dennis sehr gut

Frage: "Nick Heidfeld steht auf dem vierten Rang, glauben Sie, dass das BMW Sauber F1 Team hier für eine Überraschung sorgen könnte?"
Blundell: "Ich denke, dass sie Ferrari überrascht haben, dass sie es geschafft haben, mit einem Auto vor Kimi Räikkönen zu kommen. Das ist auch ein Problem, mit dem Ferrari umgehen muss. Ich bin von der Leistung nicht allzu sehr überrascht, das BMW Sauber F1 Team hat sich schon immer gut qualifiziert. Sie reduzieren den Abstand Stück für Stück, aber sie sind immer noch ganz schön weit von McLaren-Mercedes entfernt. Sie müssen also immer noch Fortschritte erzielen."#w1#

Frage: "Was denken Sie über die aktuelle Spionage-Affäre und all die Berichte über überprüfte E-Mails und so weiter?"
Blundell: "Ich bin diesbezüglich etwas verwirrt, denn ich glaube, dass man hier vielleicht einen Schritt zu weit gegangen ist. Man schaut sich hier die Kommunikation zwischen zwei Rennfahrern an und interpretiert dann etwas hinein. Ich weiß es nicht, wir kennen ja nicht alle Fakten. Das tut keiner, ich denke auch die Betroffenen wissen nicht, woran sie wirklich sind."

"Vielleicht wissen wir nach der nächsten Anhörung vor der FIA in der kommenden Woche mehr. Aber mit Sicherheit wird im Moment eine Menge Druck auf McLaren-Mercedes ausgeübt. Es muss für sie sehr schwierig sein, sich auf die eigentliche Aufgabe zu konzentrieren."

Frage: "Kann man als Fahrer so etwas komplett verdrängen?"
Blundell: "Ich denke, dass sich die Fahrer in einer der einfachsten Situationen befinden, denn sie haben etwas, auf das sie sich konzentrieren können, und das ist das Fahren des Autos. Man kann also sagen, dass man dies in den Hintergrund verdrängen kann."

"Aber angesichts der Tatsache, dass das Thema in den Medien ist und von allen als Schlagzeile verwendet wird, nimmt dir dies einen Teil des Genusses am Wochenende weg. Das ist also ein Problem, aber es ist kein Problem, das verhindert, dass du die bestmögliche Rundenzeit fährst. Das hat man ja heute gesehen, die beiden McLaren-Mercedes-Piloten haben fantastische Arbeit geleistet."

Frage: "Sie sind für das Team gefahren und kennen Ron Dennis sehr gut. Auch wenn er von außen sehr ruhig wirkt, so hat man den Eindruck, dass er sich persönlich über die ganze Angelegenheit sehr aufregt. Man kann sehen, dass er bewegt ist. Ist dieser Eindruck richtig?"
Blundell: "Ja. Schlussendlich muss man sich immer daran erinnern, dass Ron Dennis McLaren und McLaren Ron Dennis ist. Wenn etwas gegen McLaren gerichtet ist, dann ist es auch gegen ihn gerichtet, da er es persönlich nimmt."

"Er unterscheidet sich nicht von uns, wir sind alle emotional. Vielleicht zeigt er das nicht so wie andere, aber ich bin mir sicher, dass dies etwas ist, über das er nicht glücklich ist. Er ist kein junger Kerl mehr, diese Geschichte und der Druck, der damit verbunden ist, ist womöglich etwas, von dem er das Gefühl hat, dass er damit nicht mehr umgehen muss. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er sich eine Situation wünscht, in der er nicht jeden Morgen aufwacht und es mit diesem Problem zu tun bekommt."

Frage: "Es gab ja in der Vergangenheit schon immer solche Geschichten. Wenn man der Beste sein will, muss man dann auch mit so etwas umgehen?"
Blundell: "Ich denke, dass es so etwas nicht nur in der Formel 1 gibt, sondern überall im Motorsport und überall im Sport. In jeder wettbewerbsorientierten Umgebung versuchen alle, einen Vorteil zu bekommen. Selbst in großen Unternehmen gibt es verschlüsselte Telefonleitungen - da geht so viel vor sich."

"Diese Situation ist nur viel ausgeprägter als im Normalfall, sie betrifft die beiden Teams, die um die Weltmeisterschaft fahren. Und aus diesem Grund wird das viel größer gemacht. Aber die Welt muss noch mehr darüber verstehen. Das Problem als solches ist nicht neu, aber die Tiefe des Problems ist so ausgeprägt, wie wir das seit vielen Jahren nicht mehr gesehen haben."

Frage: "Bleibt zum Schluss der Wunsch bestehen, dass die Weltmeisterschaft auf der Rennstrecke entschieden wird?"
Blundell: "Absolut, das muss auf der Strecke entschieden werden. Alles andere würde dem Sport und der Freude schaden, die wir bisher hatten, denn dies ist wohl die beste Weltmeisterschaft, die wir in den vergangenen 20 Jahren hatten."

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