• 23.05.2008 17:36

  • von Roman Wittemeier

Berger: "David muss Goliath schlagen können"

Toro-Rosso-Teilhaber Gerhard Berger über die Schwierigkeiten beim Teamverkauf und die Fehler in der aktuellen Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Um den geplanten Teilverkauf von Toro Rosso ist es in den vergangenen Wochen auffällig ruhig geblieben. Die Stille deutet darauf hin, dass die Interessenten für 50 Prozent der Anteile am Rennstall offensichtlich nicht gerade Schlange stehen. Toro Rosso muss ab der kommenden Saison wieder ein eigenes Chassis produzieren, denn Kundenteam-Modelle werden ab 2009 nicht mehr geduldet. Seitdem sich Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz für den Verkauf seiner Team-Hälfte entschieden hat, sucht Gerhard Berger nach neuen Partnern.

Titel-Bild zur News: Gerhard Berger

Gerhard Berger hat noch kein konkretes Bild von der Zukunft seines Teams

Zuletzt hatte man über einen möglichen Interessenten aus Dubai spekuliert. Doch der Österreicher erteile diesen Mutmaßungen ebenso eine Absage, wie dem möglichen Interesse seitens Lancia. "Ich führe definitiv keine diesbezüglichen Gespräche. Es ist immer noch vieles offen. Aber FIAT hat mit Ferrari die Formel 1 abgedeckt", erklärte Berger der Agentur 'APA'. Zwar habe man im Werk in Faenza die Möglichkeiten, ein eigenes Chassis zu entwerfen und zu bauen, doch dafür benötige man mehr Personal und mehr Geld - was allerdings nicht da ist. "Eine Minardi-Rolle einzunehmen, das will bei uns niemand."#w1#

Zukunft von Toro Rosso: Alles ist möglich

"Eine Minardi-Rolle einzunehmen, das will bei uns niemand." Gerhard Berger

"Für mich gibt es keine Alternativen", so der Ex-Formel-1-Pilot. "Eine Saison kostet rund 100 Millionen Dollar. Entweder Red Bull oder ein großer Autohersteller. Andere stemmen dieses Thema nicht. Es kann also sein, dass ich dann aus der Formel 1 weg bin, es kann aber auch ganz anders sein", sprach Berger nebulös über die Zukunft. Er sei mit seiner Mannschaft von Red Bull abhängig. Immerhin beliefern die blauen Bullen die kleine Schwester mit reichlich Technik. Er könne die Entscheidung von Mateschitz nachvollziehen und respektiere sie, betonte Berger erneut.

Nachdem sich Super Aguri aus finanziellen Gründen aus der Formel 1 verabschieden musste, bleiben mit Force India, Toro Rosso, Red Bull und Williams nur noch vier reinrassige Privatteams, wobei die Italiener von Teamchef Berger das eindeutig kleinste ist. "Die Formel 1 hat noch nicht realisiert, dass unterhalb der Hersteller keine Grundlage da ist. Letztes Jahr sind gerade einmal drei neue Sponsoren dazugekommen und das waren alles Business-to-Business-Modelle. Für die hinteren Teams gibt der Markt fast gar nichts mehr her", schätzte der Österreicher ein.

Die Hersteller bringen sich mit viel Geld in Schlagdistanz zur Spitze, grasen den Sponsorenmarkt ab und lassen nur noch kleine Krümel für die Privaten. "So gesehen ist es erstaunlich, wie wir uns gegen diese Giganten schlagen", so Berger, der die Formel 1 trotz wirtschaftlich schwieriger Zeiten in den alten Märkten wie Europa und Nordamerika nicht in Gefahr sieht. "Das Problem ist: Die Formel 1 steht für die besten Fahrer der Welt, aber die Hersteller arbeiten an Autos, die irgendwann ohne Fahrer auskommen sollen. Das stellt den Ursprungs-Gedanken auf den Kopf."

Vettel schon sicher im Red Bull?

"Die Formel 1 hat noch nicht realisiert, dass unterhalb der Hersteller keine Grundlage da ist." Gerhard Berger

"Wichtig ist, dass die Formel 1 ein Spektakel bleibt. Dass sie die Leute interessiert und guten Sport liefert. Wir sollten also für eine bessere Balance aus Hersteller- und Privatteams sorgen. Damit auch der David mal gegen den Goliath gewinnen kann." Maßnahmen wie die geplante Budget-Obergrenze hält Berger für nicht zum Ziel führend. Die angedachten Maximal-Beträge seien so hoch, dass zwar die großen Teams leicht beschnitten würden, aber die Privaten immer noch weit darunter lägen.

Für die kommende Saison droht Berger nicht nur den finanzstarken Teilhaber zu verlieren, sondern auch seinen neuen Star-Piloten. Sebastian Vettel soll mit großer Wahrscheinlichkeit ein Red-Bull-Cockpit übernehmen - voraussichtlich das von David Coulthard. "Es ist noch nicht beschlossen, aber die Möglichkeit ist da. Wir würden natürlich lieber mit Vettel und Bourdais weitermachen, weil wir mit ihnen sehr zufrieden sind und man mit neuen Piloten immer wieder Anfangsfehler mitschleppt. Ein Bezahlfahrer wird es aber nicht werden, das wiche von unserer Erfolgslinie ab."