Barrichellos Traum von den Fußstapfen Sennas

Michael Schumacher will ihm nicht helfen, dennoch hofft Rubens Barrichello in Interlagos auf seinen ersten Heimsieg

(Motorsport-Total.com) - Während in der Weltmeisterschaft schon alle wichtigen Entscheidungen mehr oder weniger gefallen sind, werden am kommenden Wochenende alle Augen auf Lokalmatador Rubens Barrichello gerichtet sein: Der Ferrari-Pilot hofft zum Saisonabschluss in seiner Heimat Brasilien auf einen Sieg vor eigenem Publikum.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Rubens Barrichello nach seinem Ausfall letztes Jahr in Interlagos

Sollte ihm dieses Kunststück gelingen, wäre er der erste Brasilianer seit Ayrton Senna 1993, der die "Paulista" im 'Autodromo Carlos Pace' bei Sao Paulo zum Beben bringen kann. Dabei war er schon mehrere Male knapp an dieser Sternstunde dran: Im Regenrennen von 1996 lag er mit seinem Jordan-Peugeot zum Schluss auf Podiumskurs, 1999 verrauchte nach anfänglicher Führung der Ford-Motor seines Stewart-Boliden und letztes Jahr streikte in Führung liegend die Ferrari-Benzinpumpe.#w1#

Barrichello denkt nicht an die Vergangenheit

Aber: "Das alles kümmert mich nicht", zeigte er sich kämpferisch. "Die einzigen Ausfälle, die ich noch vor Augen habe, sind die letzten vier Jahre mit Ferrari. Ich finde, dass ich eigentlich in all diesen Rennen hätte ins Ziel kommen müssen - mit einem Sieg und Podestplätzen in den anderen drei. Meine anderen sieben Rennen in Interlagos wurden immer am Saisonbeginn abgehalten und ich war bei kleineren Teams, mit denen wir in den Wintertests oft nicht einmal eine Renndistanz absolviert hatten."

Dass er erst einmal bei seinem Heim-Grand-Prix ins Ziel gekommen ist, bezeichnete "Rubinho", wie ihn seine Fans nennen, als "Pech", doch davon will er sich nicht unterkriegen lassen: "Ich bin ein Kämpfer. Ich glaube daran, dass ich eines Tages in Brasilien gewinnen werde, und ich hoffe, es ist dieses Jahr. Wahrscheinlich ist es meine bisher beste Chance, denn nach dieser langen Saison kennen wir den F2004 sehr gut und ich bin motiviert und werde das Publikum hinter mir haben."

Teamkollege Michael Schumacher hat indes angedeutet, dass er Barrichello nicht besonders unterstützen wird, doch damit hatte der 32-Jährige ohnehin nicht gerechnet: "Ich will nicht, dass mir Michael hilft, denn es ist viel besser, wenn man aus eigener Kraft gewinnt. Das Team steht hinter mir. Jeder Fahrer bekommt 50 Prozent der Aufmerksamkeit des Teams. Ich mag diese Situation, aber ich glaube nicht, dass mir jemand den Sieg schenken wird."

Siege in Italien und China sorgen für geringeren Druck

"Wenn ich vor Interlagos kein Rennen gewonnen hätte, wäre der Druck viel größer gewesen", fügte er an. "So habe ich schon zwei Siege in der Tasche, in Italien und China, und auf eine bestimmte Art und Weise kann ich dadurch befreiter fahren. In Monza stand ich unter enormem Druck und ich habe es als eine Art Vor-Qualifying für Brasilien betrachtet. Ich fühle mich gut, habe die Zeit seit dem letzten Rennen zuhause verbracht und bin sehr entspannt."

Der ewige Schatten des großen Ayrton Senna lässt ihn aber offensichtlich noch immer nicht ganz kalt: "Ayrton hat auch lange gebraucht, bis er zum ersten Mal zuhause gewonnen hat, obwohl er immer ein konkurrenzfähiges Auto hatte", erinnerte sich Barrichello an seinen 1994 verstorbenen Freund, der 1991 unter denkwürdigen Umständen und dann noch einmal 1993 auf McLaren in Interlagos triumphieren konnte.

Das 'Autodromo Carlos Pace' assoziiert der Vizeweltmeister aber nicht nur mit Senna, sondern auch mit seiner eigenen Kindheit - beim Senna-S steht noch immer das Haus seines Großvaters: "Als ich klein war und Karts gefahren bin, musste ich nur über die Mauer klettern und ich konnte die Grands Prix sehen. Ich wollte schon immer ein Teil davon sein. Jeden Tag nach der Schule habe ich mein Fahrrad gepackt und ich bin zur Strecke gefahren."

Schumacher und Brasilien: Keine Love-Story...

Derart positive Erinnerungen kann Michael Schumacher nicht mit Brasilien in Verbindung bringen - im Gegenteil: 1995 wurde er wegen einer angeblich irregulären Benzinprobe erst disqualifiziert und dann am grünen Tisch doch wieder zum Sieger erklärt, gefolgt von einer Durststrecke bis ins Jahr 2000. 2003 schließlich unterlief ihm einer seiner seltenen Fahrfehler, der im klitschnassen Senna-S in den Barrieren endete.

Dennoch: "Nach Brasilien reist man als Formel-1-Fahrer immer gern", erklärte er auf seiner Internetseite. "In Brasilien gibt es einfach eine Basis-Begeisterung für diesen Sport, daher macht es dort besonderen Spaß zu fahren. Das liegt aber auch an der Strecke in Interlagos. Ich mag sie sehr, weil sie technisch sehr anspruchsvoll ist und weil sich dort meist interessante Rennen entwickeln. Daher freue ich mich auf dieses letzte Saisonrennen."

"Der Große Preis in Sao Paulo wird diesmal das letzte Rennen der Saison sein", so Schumacher, "einer Saison, die für uns Träume wahr werden ließ. Hoffen wir, dass die Saison auch traumhaft endet. Wir werden mit Sicherheit alles dazu tun, was uns möglich ist. Dass wir um den Sieg kämpfen wollen, steht in diesem Jahr sowieso außer Frage." Schließlich war der F2004 bisher noch auf jeder Strecke konkurrenzfähig.