• 18.04.2015 01:03

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Bahrain sieht Grand Prix im Aufwind: "Leiserer Sound hilft"

Die Araber schlagen einen anderen Kurs ein als Europas Traditionalisten: Sie wollen mehr Familienfreundlichkeit und weniger Showprogramm am Rennwochenende

(Motorsport-Total.com) - Die Geschichte Bahrains als Formel-1-Austragungsort ist ambivalent: Für die Kritiker ist das Land am Arabischen Golf der Inbegriff der Gleichgültigkeit der Königsklasse und Bernie Ecclestones gegenüber Menschenrechtsthemen, für die Sympathisanten die Wiege des modernen Motorsport im Nahen Osten. Fest steht: Nach zwölf Jahren im Kalender stagnieren die Zuschauerzahlen und der Grand Prix gerät unter Druck, weil mit Katar ein dritter regionaler Interessent neben Abu Dhabi ein Rennen will.

Titel-Bild zur News: Strecke in Bahrain

Bahrain: Über dem Nahen Osten geht die Sonne motorsportlich auf, nicht unter Zoom

Streckenchef Sheikh Salman bin Isa Al Chalifa zeigt sich im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' unbeeindruckt: "Wir haben das beste Team, bieten die beste Show - ich scheue keinen Wettbewerb." In den vergangenen Jahren holten die Bahrainis internationale Musikgrößen an die Strecke, ihre Konzerte waren für Ticketinhaber kostenlos (kurioserweise auch die Scorpions mit ihrem Schlager "Wind of Change"). Mit solchen Aktionen könnte Schluss sein: "Wir hatten in der Vergangenheit das Problem, dass wir zu viel Entertainment und zu wenig Rennsport geboten haben."

Damit steuert Bahrain in eine andere Richtung, als sie den europäischen Traditionsrennstrecken bei der Bewältigung ihrer Misere immer wieder ans Herz gelegt wird. Dass in der Wüste die Uhren anders gehen, zeichnet sich auch noch in einem anderen Punkt ab. Schließlich sind die leiseren Hybrid-Antriebsstränge für Araber kein Grund, der Formel 1 den Rücken zu kehren, sondern ein Motiv, Karten zu kaufen: "Der Sound hat geholfen - es war nicht zu laut", sagt bin Isa Al Chalifa über 2014. "Für unsere Kunden, die häufig mit Kindern kommen, hat das funktioniert."

Ein Investment in den Wiedererkennungswert

Auch die Premiere als Nachtrennen anlässlich des zehnjährigen Jubiläums sei ein Faktor gewesen, um die Zuschauerzahl zumindest dezent zu steigern. "Wir haben eine Gesamtkapazität von 34.000 Plätzen. Eine Auslastung von 31.000 erreichen wir mittlerweile", wird der Streckenchef konkret. Allerdings liegen diese Werte weit unter denen, die etwa im Rennsport-Mekka Silverstone realisiert werden. Für beinahe jeden Grand Prix in Europa würden sie ein Waterloo bedeuten. Doch es gibt in Bahrain andere Motive als üppige Kartenverkäufe, in die Formel 1 zu investieren.


Fotos: Großer Preis von Bahrain


Bin Isa Al Chalifa sagt: "Es ist auch Leidenschaft. Ob man es nun historisch nennen will oder nicht, Bahrain hatte im Jahr 1952 den ersten Motorsport-Verband im Nahen Osten. Es ging damals um Rallye, wir hatten keine Rennstrecke - das ist der Fortschritt." Die weniger PR-freundliche Variante ist eine andere und hat mit Imagepflege zu tun. Der Grand Prix soll der im Westen skeptisch betrachteten Monarchie einen liebenswerten Anstrich verpassen und Tourismus ankurbeln.

Offenbar klappt das: "Nach dem ersten Rennen war ich in Denver", berichtet bin Isa Al Chalifa. "Eine Frau sprach mich an und fragte: 'Waren Sie bei dem Rennen? Beim Bahrain-Grand-Prix?' Ich fragte sie, woher sie das wisse und sie entgegnete, dass ich ein Hemd mit den Streckenlogo tragen würde."

Vor diesem Hintergrund sind die Bahrainis zufrieden und glauben, bei ihren Landsleuten für etwas Motorsport-Kultur gesorgt zu haben: "Sie sagen: 'Ich kenne die Formel 1. Frag' mich was du willst.' Das macht sie stolz." Das Verhältnis zu Bernie Ecclestone, der seit Beginn der Zusammenarbeit als großer Befürworter der stets zahlungskräftigen Ölnation gilt, beschreibt bin Isa Al Chalifa als freundschaftlich, und doch ist noch ein Wunsch des bekennenden Bleifuß offen: "Es könnte etwas lauter sein, ein bisschen zumindest."