• 23.02.2005 09:58

Auf dem Weg nach Melbourne mit dem Toyota-Team

Toyota-Teammanager Richard Cregan erklärt die komplizierte Prozedur hinter der Reise des Toyota-Teams nach Australien

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Wann haben Sie damit begonnen, über die Vorbereitungen für Australien nachzudenken?"
Richard Cregan: "Unsere Gedanken widmen sich mit dem Fallen der karierten Flagge beim letzten Rennen der vergangenen Saison bereits der kommenden Saison. Wir müssen die gesamte Ausstattung vom letzten Rennen zurücktransportieren, im Falle von 2004 aus Brasilien, alles auseinander nehmen, um es für Verbesserungen und Neulackierungen zu verschicken."

Titel-Bild zur News: Richard Cregan

Richard Cregan hat den Transport nach Melbourne zu organisieren

"Das war in diesem Jahr besonders wichtig, da wir die Lackierung des Teams verändert haben. Die Vorbereitungen auf Australien beginnen ernsthaft ab November oder Dezember, dann studieren wir die Notizen der letztjährigen Veranstaltung und schauen nach Verbesserungsmöglichkeiten für diese Saison."#w1#

Frage: "Wann wird mit dem Packen wirklich begonnen?"
Cregan: "Mit dem Packen beginnen wir rund zwei Wochen vor der Abreise nach Melbourne. Alles muss die Fabrik am Donnerstag, eine Woche vor dem Rennen, verlassen, um rechtzeitig am Flughafen zu sein. Der Zoll muss alle spezifischen Details über die Boxen, die wir haben, wissen, wie das Gewicht, die Menge, grundsätzlich eine ausführliche Liste des gesamten Materials erhalten. Das ist eine sehr komplexe Prozedur, die aber notwendig ist."

"Am meisten Zeit kostet die Konstruktion der Ausrüstung, die wir haben. Für jedes neue Auto können sich die Materialien und Werkzeuge, die wir verwenden, verändern. Beim TF105 haben wir zum Beispiel andere Ventilatoren, einen anderen Hebebock für vorne und hinten, der zu den neuen Flügelprofilen passt, sowie andere Schraubenmutterpistolen. Wir müssen abwarten, bis das Design des Autos abgeschlossen ist, bevor wir die Werkzeuge signalisieren können. Das wirkt sich auf die Ladeliste aus."

Frage: "Wie beginnt das Team, die ganzen Materialien zu spezifizieren?"
Cregan: "Wir müssen jedes Teil an Hand seiner DYX-Nummer auflisten, dies ist eine Teilenummer, aber wir müssen auch sein Gewicht, eine kurze Beschreibung und die Mengen notieren. Wir sind bestrebt, unseren Prozess auf der Erfahrung vergangener Jahre und dem Verbrauch von Teilen an der Rennstrecke zu basieren. Wir nehmen ausreichend Teile für beide Rennfahrzeuge sowie das Ersatzauto und einen kompletten Teilesatz mit, um ein Ersatz-Chassis aufzubauen, sollte dies notwendig sein."

Frage: "Über welche Mengen an Ausrüstung reden wir hier?"
Cregan: "Wir reden über die Region von sieben oder acht Luftfrachtpaletten, aber wir versuchen immer, das Gesamtgewicht zu reduzieren, um Geld zu sparen. Manche Teile sind tatsächlich vor Ort günstiger zu mieten, solche Dinge wie Kopierer, Papier, Stühle, Tische, und so weiter."

"Im vergangenen Jahr hatten wir in der Summe 38 Tonnen Material. In diesem Jahr haben wir unseren Paletten-Pack-Prozess reorganisiert, um das Packen und Entpacken effizienter und schneller zu gestalten. Das hat schlussendlich zu einer höheren Luftfracht geführt, aber wir haben versucht, unser Ziel von maximal 37 oder 38 Tonnen zu erreichen, wo dies möglich ist."

Frage: "Wie ist das Packen organisiert?"
Cregan: "Wir müssen das Packen basierend auf unserer Zuordnung im Flugzeug vornehmen, ob wir Paletten für das Oberdeck oder das Unterdeck haben. Die Anzahl der Boxen, die wir verwenden, hängt von dieser Information ab und diese werden zwischen den Abteilungen entsprechend verteilt."

"Dann setzen wir uns mit der gesamten Ausrüstung hin, um den strategisch sinnvollsten Weg für das Packen zu finden. Die gesamte Fracht wird in der Lkw-Halle gepackt und verlässt Köln in einem Versand in einer 747, die von der Formula One Management (FOM) gemietet ist. Die FOM koordiniert die gesamten Bewegungen, basierend auf Informationen, die wir ihnen zur Verfügung gestellt haben."

"Die TF105s werden mit der gleichen Ladung transportiert, aber sie werden direkt am Flughafen auf speziellen Paletten befestigt, die von der FOM zur Verfügung gestellt werden und zwei oder drei Autos befördern können. Die Packlisten müssen bis zum Donnerstag, 22. Februar fertig sein, um zur Prüfung zum Zoll zu gelangen."

Frage: "Wie lang dauert dieser gesamte Prozess?"
Cregan: "Das Material verlässt die Fabrik am Donnerstag und sollte am Montag in Melbourne ankommen. Die FOM kümmert sich um das alles und arrangiert die Belieferung quasi direkt vor die Tür unserer Garage. Das ist ein sehr gut organisierter Service."

Frage: "Gibt es zwischen den Teams irgendeinen Wettbewerb, wer am schnellsten auspackt?"
Cregan: "Zwischen den Teams nicht wirklich, aber ich denke, dass es einen guten Wettbewerb zwischen den Lkw-Fahrern innerhalb des Teams gibt. Der Chef-Lkw-Fahrer schaut immer danach, dass er die Zeit gut managt, sodass die Jungs die Strecke zu einer vernünftigen Zeit verlassen können."

"Das Zusammenpacken nach dem Rennen ist anstrengender, da wir an Hand von strengen Fristen arbeiten, besonders bei den direkt aufeinander folgenden Rennen, wo die gesamte Fracht innerhalb von fünf Stunden nach dem Rennen zusammengepackt werden muss. In Kanada, einem Rennen, auf das direkt Indianapolis folgt, haben wir ein 10 Uhr-Limit für das Packen. Diese Art von Zeitdruck ist nur mit einer ausreichenden Planung zu handhaben."

Frage: "In welcher Reihenfolge wird das Material von den Paletten genommen? Gibt es da ein System?"
Cregan: "Bei Toyota haben wir auf die Erfahrung der vergangenen paar Jahre aufgebaut und unser System modifiziert, um das Zeitmanagement zu verbessern. In der Vergangenheit haben wir laut unserer Platzzuordnung gepackt, in diesem Jahr haben wir uns bemüht, die Paletten vorzuziehen, sodass sie in einer bestimmten Reihenfolge entpackt werden können."

"Zunächst einmal kommen so die 'track shacks' in die Garage, gefolgt vom Interieur der Garage, den Telemetrie-Anlagen und der Ausstattung für die Boxengasse und schlussendlich die Motoren, Elektrik und Ersatzteile. Am Sonntagabend nach dem Rennen haben wir rund zweieinhalb Stunden Arbeit gespart, lediglich weil wir die Packprozedur reorganisiert haben."

Frage: "Was ist ein 'track shack'?"
Cregan: "Ein 'track shack' ist eine kleine mobile Werkstatt zum Lagern von Werkzeugen, Ersatzteilen und Ausrüstung. Ein 'shack' hat die gleiche Größe wie eine Luftfrachtpalette und wird aus Kohlefaser hergestellt, was sie extrem stabil und leicht macht. Sie werden bei den Übersee-Rennen als Ersatz unserer LKWs verwendet, die bei den europäischen Veranstaltungen zum Einsatz kommen."

Frage: "Was passiert, falls etwas fehlt?"
Cregan: "Wir arrangieren immer zwei späte Frachtlieferungen für Australien, sollte irgendetwas fehlen. Es könnte Veränderungen an der Spezifikation des Autos geben, nur um einmal ein Beispiel zu nennen, da das Team versucht, die Leistung der Rennfahrzeuge zu maximieren."

"Aus diesem Grund haben wir immer ein Sicherheitsnetz. Je näher das Rennenwochenende rückt, desto schwieriger wird es. Falls wir etwas nach Australien schicken müssen, setzen wir den Mittwoch als Deadline, um sicherzustellen, dass die Teile rechtzeitig zur ersten Trainingseinheit an der Strecke sind."

Frage: "Wann werden die Autos weiter nach Malaysia geschickt?"
Cregan: "Wir führen zunächst einen Teil des Umbaus der Autos nach dem Australien-Grand-Prix vor Ort in Melbourne durch, aber der Großteil der Arbeit wird in Sepang erledigt. Der Versand der Ausrüstung folgt einem ähnlichen Plan und ist an der Strecke am Montag erledigt."

"Die Mechaniker werden zwischen den Rennen vier oder fünf Tage frei haben, denn es ist kosteneffizienter, in Australien zu bleiben, als zurück nach Europa zu fliegen. Danach gehen sie an die Strecke, um den Aufbau zu komplettieren und die Garage für die zweite Runde der Meisterschaft aufzubauen."

Frage: "Gibt es in diesem Zusammenhang irgendetwas, wo sich Toyota im Vergleich so seinen Wettbewerbern im Vorteil wähnt?"
Cregan: "Toyotas Herangehensweise basiert auf einem Plan, man schaut sich an, was in vergangenen Jahren passiert ist und verbessert es. Dies ist etwas, wo wir meiner Meinung nach sehr stark sind. In jedem Jahr müssen wir eine Verbesserung sehen, egal, wie gering sie auch erscheinen mag. Alles, was den Mechaniker Zeit spart, ist ein Bonus."

"Wir haben einen Prozess eingeführt, der die Zeit limitiert, die ein Mechaniker für den Aufbau benötigen darf, um es ihnen zu ermöglichen, mehr Zeit für das Auto zu investieren und um sicherstellen zu können, dass das Team so konkurrenzfähig wie möglich ist, bevor die TF105 auch nur einen Meter im Albert Park zurückgelegt haben."