• 29.07.2017 16:38

  • von Norman Fischer & Dominik Sharaf

Auch dank Giovinazzi: Ferrari lässt Mercedes staunen

Ferrari konnte sich in Ungarn die erste Startreihe sichern: Nach dem durchwachsenen Freitag half auch Testpilot Antonio Giovinazzi, das Blatt zu wenden

(Motorsport-Total.com) - Die Sonne von Budapest scheint auf Sebastian Vettel und Ferrari. Die Scuderia hat sich von einem durchwachsenen Freitag erholt und sich im Qualifying die erste Startreihe sichern können. Mit einem neuen Streckenrekord von 1:16.276 Minuten fuhr Vettel auf die Pole-Position, sein Teamkollege Kimi Räikkönen folgte ihm mit einem Abstand von 0,168 Sekunden auf Rang zwei. "Die erste Startreihe ist unglaublich", lacht der Heppenheimer.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel winkt nach seiner Pole-Position den ungarischen Fans Zoom

Vettel hatte schon mit der Bestzeit im Vormittagstraining angedeutet, dass mit Ferrari im Kampf um die Pole zu rechnen sein dürfte. Auch in Q1 legte er die schnellste Zeit nach, bevor er in Q2 von der Box aus mit ansah, wie sich Lewis Hamilton ins Gespräch brachte. Doch schon nach dem ersten Versuch in Q3 waren die Verhältnisse wieder geradegerückt: Vettel führte vor Valtteri Bottas und ließ sich seine Bestzeit nicht mehr nehmen - seine erst zweite in diesem Jahr nach dem Rennen in Russland.

Ein zweiter Versuch scheiterte um gerade einmal zwei Tausendstelsekunden an der eigenen Bestmarke, weil die Reifen im letzten Sektor einbrachen, doch das dürfte Ferrari im Nachhinein egal gewesen sein. Das Ergebnis perfekt machte Kimi Räikkönen. Der Finne lag mit sechs Zehntelsekunden Rückstand nach dem ersten Q3-Versuch nur auf Rang fünf, doch als letzter Pilot konnte er noch einmal eine entscheidende Zeit setzen und sich hinter Vettel schieben.

Kimi Räikkönen sauer über Fehler

Doch wer denkt, dass der "Iceman" angesichts der unangenehmen Ausgangsposition zufrieden ist, der irrt sich. Denn hatte er im ersten Versuch noch Probleme mit blockierenden Vorderreifen, schien sein zweiter Versuch gut zu laufen. "Der Anfang war gut und das Ende nicht so schlecht", resümiert der Finne. "Ich habe gefühlt, dass ich es ziemlich komfortabel in der Tasche habe, aber", setzt er nach, "ich konnte es nicht zu Ende bringen."

In der Schikane im zweiten Sektor passierte Räikkönen ein entscheidender Fahrfehler. "Die Schikane bremste ich auf dem äußeren Randstein an, wodurch ich etwas Grip verlore. Da habe ich es weggeschmissen", erklärt er. "Trotzdem war es noch ordentlich genug für Rang zwei. Es ist dennoch etwas enttäuschend."

Testpilot Giovinazzi tüftelt im Simulator

Aber wie kam es nun, dass Ferrari von gestern auf heute so stark war? Eigentlich galt die Scuderia als einer der Favoriten, bevor man am Freitag nicht überzeugen konnte. Heute war es hingegen ganz anders. "Das Auto war den ganzen Tag über unglaublich. Wir haben einen guten Schritt nach vorne gemacht", sagt Vettel. Zwar habe sich in Budapest nicht direkt etwas geändert, doch man habe hart gearbeitet, um die Situation zu drehen.

Antonio Giovinazzi

Antonio Giovinazzi half mit seinem Einsatz im Simulator für das Qualifying Zoom

"Gestern haben wir bis spät gearbeitet, um eine richtige Balance zu finden", bestätigt Teamchef Maurizio Arrivabene. Eine wichtige Rolle fiel dabei auch Antonio Giovinazzi zu. Der Italiener war am Morgen noch für das Haas-Team im Trainingseinsatz, machte sich dann aber auf den Weg nach Fiorano, um die Scuderia im Simulator noch auf die richtige Route zu bringen. "Giovinazzi ist Teil des Teams. Er ist unser dritter Fahrer und hat zu dieser Pole-Position beigetragen, indem er uns viele Informationen verschafft hat", nickt der Teamchef.

Die Arbeit des Testpiloten scheint sich ausbezahlt zu haben. "Wir sind über das Handling glücklich", merkt Räikkönen nach dem Qualifying an, und auch Vettel meint: "Es hat wirklich Spaß gemacht." Die Konkurrenz hatte damit keine wirkliche Chance, das muss man auch bei Mercedes zugeben, die eine Niederlage einstecken mussten. "Die sind hier absolut die Schnellsten und sind mit den Reifen am besten zurechtgekommen. Man kann nur gratulieren", lobt Aufsichtsratsvorsitz Niki Lauda.

Mercedes staunt: "Sind die Schnellsten"

Er glaubt, dass die Roten auch morgen eine gute Chance auf den Sieg haben werden: "Ferrari dominiert hier ganz klar. Die sind in einer super Position für dieses Rennen", unterstreicht der Österreicher. Denn die Pole-Position gilt am Hungaroring als besonders wichtig. Weil man auf dem verwinkelten Kurs nur schwer überholen kann, ist sie schon die halbe Miete. Am Start könnte sich jedoch eine Chance für die Konkurrenz bieten - immerhin ist der Weg in die erste Kurve lang.

Doch daran will man bei Ferrari noch nicht denken. "Für uns ist es nicht der erste Start. Wir sind alle auf den Start fokussiert und reagieren nur. Da ist es unmöglich, eine Vorhersage zu treffen", winkt Vettel ab und macht sich keine Sorgen. Man habe bereits in der Vergangenheit gute Starts gezeigt und auch bei den Probestarts an diesem Wochenende nicht versemmelt. "Wir werden morgen sehen", bleibt er gelassen.

Bei Ferrari genießt man das Erfolgserlebnis am Samstag von Ungarn. Vergessen ist das Debakel von Silverstone und auch der WM-Stand, bei dem Vettel einen Punkt Vorsprung hat. Daran denkt er nicht. "Wir nehmen es Schritt für Schritt", sagt er. "Ich bin sehr glücklich, wo wir als Team stehen. Wir müssen immer daran denken, wo wir vor zwölf Monaten standen. Aber die Hauptaufgabe kommt am Sonntag. Wir haben heute nichts gewonnen."