• 05.04.2014 14:29

  • von Dominik Sharaf

Antriebe in der Analyse: Stärken, Schwächen und die Clous

Während Mercedes mit viel Raffinesse ein fast makelloses Produkt geschaffen hat, plagen sich Renault und Ferrari mit ganz unterschiedlichen Problemen

(Motorsport-Total.com) - Selten war es so wichtig wie 2014, welcher Antriebsstrang in einem Formel-1-Auto werkelt. Nach zwei Rennen scheint Mercedes seinen Vorsprung zementiert zu haben, dahinter jedoch sind Ferrari und Renault deutlich mehr auf Augenhöhe als es die Italiener befürchtet und die Franzosen gehofft hatten. Während das Produkt der Scuderia zwar zuverlässig, aber nicht kraftvoll genug ist, hat Renault mit der entgegengesetzten Symptomatik zu kämpfen. Was macht die Motoren aus und wie viel Potenzial haben sie?

Titel-Bild zur News: Mercedes-Diffusor

Der Mercedes ist der Kraftzwerg unter den V6-Motoren: Brixworth hat kleine Wunder bewirkt Zoom

Die Mercedes-Teams profitieren offenbar von einer besonderen Struktur des Motors. Dessen Turbine und der Luftverdichter des Turbos liegen nach Informationen von 'Sky Sports F1' an entgegengesetzten Enden und sind über eine lange Welle miteinander verbunden, die direkt durch das Zylinder-V des Motors führt. Die MGU-H liegt im kühlen Bereich dazwischen. Die Raffinesse erforderte zwei Jahre Entwicklungsarbeit, ist jedoch enorm effizient: Die Struktur erlaubt es, das Turboloch zu reduzieren und so das ERS weniger zu fordern. So bleibt mehr Leistung in der Hinterhand und der Verbrauch wird gesenkt.

Von der Sache profitieren alle belieferten Teams, nicht nur die Werkstruppe um Nico Rosberg und Lewis Hamilton - allerdings nutzen die Silberpfeile den Vorteil offenbar am besten. Da der Kühler kleiner ausfallen kann, mussten auch die Seitenkästen nicht so üppig dimensioniert werden wie bei der Konkurrenz. Das wiederum ist der Aerodynamik zuträglich. Die Platzierung des Getriebes erlaubt einen flexibleren Schwerpunkt. Im Fahrerlager wird von 50 bis 70 PS mehr gemunkelt, die das Mercedes-Aggregat liefert. Ein Vorteil, der bis zum Saisonende erhalten bleiben könnte.

Mercedes: Nicht schneller, aber noch effizienter?

Williams-Technikchef Pat Symonds erwartet: "Es wird keinen großen Unterschied geben, wenn es darum geht, Power für eine Qualifikationsrunde zu liefern." Vielmehr rechnet der Brite mit vielen Verbesserungen bei der Kühlung und der durchschnittlichen Kraftentfaltung in einem Rennen, weil der Verbrauch gesenkt und die Fahrbarkeit erhöht wird. Die Gretchenfrage wird sein, ob Mercedes in diesem Rennen die Spitze behauptet oder von der Konkurrenz doch noch eingeholt wird.

Renault hätte genügend Baustellen, an denen sich noch Leistung aus dem Motor kitzeln ließe. "Vielleicht sind es 20 oder 30 Prozent", überlegt Remi Taffin, in Bahrain auf das Potenzial des eigenen Produktes angesprochen. "Manchmal arbeitet man an einer Sache, findet etwas ganz Neues heraus und dabei Rundenzeit. So läuft das Spiel." Nach Informationen von 'auto motor und sport' bereitet den Franzosen der Konstruktionsweise des Antriebsstranges die meisten Kopfschmerzen. Die jedoch unterliegt der FIA-Homologation und darf bis Saisonende nicht angetastet werden.


Ferrari präsentiert den neuen Motor

Konkret geht es um die Anordnung der Komponenten, die anders als bei Mercedes nicht getrennt, sondern aufgereiht erfolgt. Das bewirkt erstens Kühlprobleme, die sich jedoch nur lösen lassen, wenn das Auto modifiziert wird - denn der Motor ist von der FIA abgenommen und eingefroren. Zweitens funktioniert zwar die Hardware, jedoch nicht die Steuerung des Zusammenspiels der sechs Einzelteile durch die Software. Sebastian Vettel etwa beklagt Leistungslöcher seines Red Bull und die Tatsachen, dass er weder das Drehmoment spürt noch in jeder Runde volle Power genießt.

"20 oder 30 Prozent?" Remi Taffin über das Potenzial des Renault-Motors

Renault & Ferrari: Viele Baustellen, viel Arbeit

Das wiederum könnte am direkten Leistungstransfer zwischen MGU-H und MGU-K liegen. Der ist nicht durch das Reglement in der Energiemenge gedeckelt und bewirkt bei zu häufiger Aktivierung ein Überhitzen des Motors. Dann greift die Elektronik ein und nimmt Leistung weg. Wer nicht die richtige Balance findet, riskiert es, dass aus Nutzen Schaden wird. Dass Red Bull ein komplett neues Auto bauen würde, um das Problem zu lösen, wird dementiert. Teamchef Christian Horner meint gegenüber 'auto motor und sport', dass höchstens zehn Prozent der Bauteile betroffen wären.

Auch wenn Renault in Viry-Chatillion ein Prüfstand für den Auspuff fehlt, sagt Taffin: "Wir haben Fortschritte gemacht, aber wir stehen noch nicht da, wo wir stehen wollen." Der Motorenchef findet: "Wir sind hinter dem Zeitplan zurück, aber wir tun, was wir können." Auch bei Ferrari sind die Verantwortlichen eher mit dem eigenen Fleiß zufrieden als mit dem Status Quo. "Wenn ich mir ansehe, wo wir Ende Januar standen, ist es für mich fast ein Wunder. Wir haben aktuell 70 bis 80 Prozent unseres Potenzials ausgeschöpft", analysiert Chefingenier Luca Fraboni.

Der Italiener lobt die Zuverlässigkeit des Antriebsstrangs, schließlich sahen im Melbourne und Sepang je vier von sechs Autos mit Ferrari-Power die Zielflagge, insgesamt gab es also zwölf Zielankünfte. Zum Vergleich: Renault steht mit zwei Wagen mehr bei acht, Mercedes bei 13. Die Bewährungsprobe sieht Fraboni aber noch kommen, schließlich haben viele Aggregate bereits 2.000 Kilometer und mehr auf der Uhr. "Hoffentlich ist das unsere Stärke", meint der Scuderia-Mann, der auch das Mapping und den Spritverbrauch zu den eigenen Stärken zählt. Aber wo klemmt es dann? Richtig, bei der Leistung. "Das liegt aber nicht nur am Antriebsstrang", glaubt Fraboni.

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