• 16.03.2014 15:40

  • von Dieter Rencken & Timo Pape

Vettel sarkastisch: "Als würde der Staubsauger laufen"

Der Formel-1-Auftakt in Melbourne hat viele gute Eindrücke hinterlassen, ein Großteil der befürchteten Kinderkrankheiten blieb aus - wäre da nicht dieser Sound...

(Motorsport-Total.com) - "Ich denke, es ist vieles verloren gegangen", klagt Weltmeister Sebastian Vettel nach seinem frühen Ausfall beim Saisonauftakt in Australien. Damit meint er jedoch keineswegs seine WM-Chancen in diesem Jahr, sondern den Sound der neuen Turbo-Motoren. Die Formel 1 2014 klingt anders - das konnte jeder einzelne Zuschauer vor Ort oder am Bildschirm zuhause sofort feststellen. Statt kreischender Saugmotoren schallen seit dieser Saison nur noch schnurrende Hybrid-Antriebseinheiten um die Rennstrecke.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Sebastian Vettel kann dem neuen Sound der Formel 1 nicht viel abgewinnen Zoom

Dafür erntete die Königsklasse bereits während der vorsaisonalen Testfahrten jede Menge Hohn und Spott; leiser dürfte die Kritik nach dem Grand Prix von Australien nicht geworden sein. "Ich muss mich da zurückhalten", meint Vettel, dennoch platzt es wenig später aus ihm heraus: "Es hört sich eher an, als würde der Staubsauger nebenher laufen und nicht, als würde ein Rennauto fahren." Sarkastisch fügt er hinzu: "Schön, dass man sich wegen der leiseren Motoren nun unterhalten kann."

Rückendeckung erhält der Red-Bull-Pilot unter anderem von Niki Lauda. "Ich habe mich eigentlich gewehrt gegen die Blödheiten, die die Menschen gesagt haben - es sei langweilig und es klinge nach nichts. Darum habe ich gesagt: 'Nehmen wir die Ohropax heraus, dann ist es gleich wie früher.' Ich muss aber ehrlich sagen, ich war heute auch leicht enttäuscht. Am Fernseher, aber auch beim Start - es fehlt einfach etwas", gibt der Aufsichtsratschef des Auftaktsiegers Mercedes gegenüber 'RTL' zu.

Ansonsten passt's!

"Früher war es schriller, es ist einem mehr in Mark und Bein gefahren", erinnert sich Lauda. "Jetzt ist es weniger, wir müssen uns einfach daran gewöhnen. Aber es hat schon etwas an Reiz verloren." Dass sich der Klang der neuen Boliden noch verändert, glaubt der Österreicher nicht: "Alle wollen etwas am Sound machen, aber willst du den Motor wieder neu entwickeln? Denn wenn du hinten das Auspuffrohr für mehr Lärm ändern würdest, müsstest du auch das ganze Motormapping neu machen. Das ist einfach viel zu teuer. Und wegen dem bisschen Lärm bitte nichts am Motor ändern!"

Ein anderer Großer der Branche kann da nur in den Schmähgesang einstimmen: Vijay Mallya. Der Force-India-Teamchef klagt 'Motorsport-Total.com' sein Leid: "Es war ein gutes Rennen, aber das einzige, mit dem ich nicht warm werde, ist der Sound. Der Klang eines Formel-1-Autos hat sich bei mir in den vergangenen 20 Jahren so eingebrannt, dass ich mich nun schwer auf die relativ stille Formel 1 einlassen kann."

"Es war ein gutes Rennen, aber das einzige, mit dem ich nicht warm werde, ist der Sound." Vijay Mallya

Insgesamt ist der Inder jedoch sehr zufrieden mit der "neuen" Formel 1: "Das Rennen lief viel besser, als viele erwartet hatten. Es gab viele Sorgen über die Zuverlässigkeit, und dass das halbe Feld nicht ins Ziel kommen würde. Aber das wurde eindeutig widerlegt." Auch lobt Mallya die Motorenhersteller: "Die Renault-befeuerten Autos haben sich (unerwartet; Anm. d. Red.) sehr gut geschlagen, genauso wie die von Mercedes und Ferrari."


Fotos: Großer Preis von Australien


Mehrheit hält Sound für "ungenügend"

"Es ist eine komplexe Technologie, und der Fakt, dass die Zuverlässigkeit besser als gedacht war, zeigt nur, dass die Technologie funktioniert", stellt er zufrieden fest. "Das Ziel war, die Entwicklung von Straßenwagen-Technologie in Einklang mit der Spitze des Motorsports zu bringen. Das wurde mit Erfolg geschafft - wir fahren mit Hybrid-Motoren. Die Autos sind schnell, und das Racing ist interessant. Es gab einige Zweikämpfe zwischen den Fahrern, und der Aufregungsfaktor ist immer noch da."

Vieles scheint demnach bereits zu passen - mit Ausnahme des Sounds eben. Trotzdem muss die Königsklasse wohl zunächst einmal mit den neuen Gegebenheiten Vorlieb nehmen. Vettel ist nach seinem desaströsen Wochenende übrigens noch kein großer Fan der neuen Regeln: "Das Fahren ist sehr anders. Ich glaube, dass die Zuverlässigkeit im Moment bei allen schlecht ist. Das war zu erwarten." Zwei Wochen hat Red Bull nun Zeit, die Probleme am Auto mit der Nummer 1 zu beheben, dann geht es nach Malaysia.

"Es gab einige Zweikämpfe zwischen den Fahrern, und der Aufregungsfaktor ist immer noch da." Vijay Mallya

Die Leser von 'Motorsport-Total.com' sehen den neuen Klang der Formel-1-Autos übrigens ähnlich kritisch. So hatten sie in einer Umfrage die Möglichkeit, den 2014er-Sound mit einer Schulnote zu bewerten. 35,32 Prozent der Teilnehmer hielten die neue Akustik der Königsklasse demnach für "ungenügend". Weitere 20,53 Prozent stimmten für "mangelhaft", so ist die Formel 1 für mehr als die Hälfte der insgesamt 3.669 Umfrageteilnehmer versetzungsgefährdet.


Großer Preis von Australien

Knapp 15 Prozent der Leser finden den Klang der hybriden Antriebseinheiten allerdings auch "gut" - immerhin die drittgrößte Gruppe innerhalb der Abstimmung. Gut einer von zehn Teilnehmern sprach sich indes für das Prädikat "befriedigend" (10, 82 Prozent) aus, ähnlich verhielt es sich für die "ausreichende" Note 4 (10,6 Prozent). Die wenigsten Stimmen erhielt die Antwortmöglichkeit "sehr gut". Lediglich 7,82 Prozent gaben dem neuen Sound somit eine 1.