• 22.03.2023 12:28

  • von Kevin Hermann, Co-Autor: Adam Cooper

Alpine: Können mit Saisonstart nicht zufrieden sein

An Mercedes und Ferrari ist man näher herangekommen, doch mit der Performance des A523 ist das Alpine-Team noch nicht zufrieden: "Nicht da, wo wir sein wollen"

(Motorsport-Total.com) - Mit einer Ausbeute von acht Punkten aus den ersten beiden Rennen der neuen Formel-1-Saison kann das französische Alpine-Team nicht zufrieden sein. Wie der große Preis von Saudi-Arabien gezeigt hat, befindet man sich als fünfte Kraft aktuell im Niemandsland.

Titel-Bild zur News: Esteban Ocon, Pierre Gasly

Esteban Ocon vor Pierre Gasly beim Rennen in Dschidda Zoom

Vorne fährt Red Bull dominant die Siege vor einer Dreiergruppe aus Aston Martin, Mercedes und Ferrari ein, dahinter folgt mit einem akzeptablen Rückstand Alpine, während die restlichen Teams wiederrum geballt dahinter liegen.

"Wir können nicht damit zufrieden sein, wo wir im Moment stehen", sagt Esteban Ocon nach seinem achten Platz in Dschidda. "Es gibt ein paar Mannschaften, die sich gegenüber den anderen massiv verbessert haben. Das zeigt, dass es möglich ist, und wir müssen weiterkämpfen, das ist auch die Stimmung im Team. Aber nein, wir können nicht damit zufrieden sein, wo wir heute gelandet sind."

Szafnauer: P8 und P9 das Maxmium

Die Anfangseuphorie in Enstone ist somit etwas verflogen. Nach dem Shakedown in Silverstone und dem Launch des neuen A523 zeigte sich Alpine mit breiter Brust und rief hohe Saisonziele aus. Mindestens Platz 4 in der WM, wobei man den Rückstand auf die Spitze deutlich verringern wollte.

Gegenüber Mercedes und Ferrari hat man zweifellos an Boden gut gemacht, doch es scheint, dass der Abstand zum Spitzenreiter Red Bull ungefähr gleich zu 2022 geblieben ist, während man zudem mit Aston Martin von einem anderen Mittelfeldteam klar überholt wurde.

"Das heutige Rennen hat viele Dinge aufgezeigt", sagt Teamchef Otmar Szafnauer. "Bereiche, in denen wir wissen, dass es Positives gibt, und andere Bereiche, in denen wir uns verbessern müssen. Mit Esteban als Achter und Pierre als Neunter ins Ziel zu kommen, war wahrscheinlich das Beste, was wir erreichen konnten, und wir machen Schritte in die richtige Richtung, um unsere Ziele zu erreichen."

"Wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen, das ist klar, und wir haben noch viel harte Arbeit vor uns, wenn wir den Kampf weiter nach vorne bringen wollen", so der Amerikaner. "Wir haben einige der Teams, die vergangenes Jahr in der Meisterschaft vor uns lagen, eingeholt, und wir müssen weiter daran arbeiten, diese Lücke zu verkleinern."


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Alpine: Wollen nicht das fünftschnellste Team sein!

Den Daten des Technologieunternehmens 'Paceteq' zu Folge haben Alpine im Rennen in Saudi-Arabien 1,4 Sekunden pro Runde auf Red Bull gefehlt und vier Zehntel auf das viertbeste Team Ferrari. Nach hinten hatte man dafür ebenfalls rund vier Zehntel Luft auf das Haas-Team.

Alpine-Sportdirektor Alan Permane fügt hinzu: "Wir sind nicht zufrieden damit, dass wir nicht da sind, wo wir sein wollen, was die Pace angeht, sondern wir wollen noch ein bisschen schneller sein und mit diesen Jungs kämpfen. Ich denke, wir sind näher an Ferrari und näher an Mercedes als im letzten Jahr."

"Ich habe das noch nicht wirklich gut analysiert, aber ich bin mir sicher, dass wir näher an Ferrari dran sind, denn vergangenes Jahr zu dieser Zeit kämpften sie um Siege. Offensichtlich hat Aston einen riesigen Sprung gemacht, und wir sind das fünftschnellste Team, was nicht das ist, wo wir sein wollen."

"Als Team werden wir eine Nachbesprechung dieses Wochenendes durchführen, denn es gibt viele positive Aspekte, aber auch einige Details, die wir noch verbessern können", so Szafnauer weiter. "Unser Entwicklungsplan sieht eine ganze Reihe von Upgrades vor, und wir freuen uns auf Australien in zwei Wochen, wo wir unsere Erkenntnisse anwenden und erneut ein gutes Teamergebnis einfahren wollen."

Ocon: Dachten, wir könnten mit Ferrari mithalten

Den Longrun-Daten vom Freitag zufolge hatte sich Alpine ausgerechnet, in Saudi-Arabien gegen Ferrari bessere Chancen im Rennen zu haben, doch die starke Pace aus dem zweiten Training konnte man im Grand Prix nicht ganz bestätigen. Ocon auf P8 fehlten rund 10 Sekunden auf Charles Leclerc im Ferrari vor ihm.

"Es war ein starkes Wochenende für uns, wir haben im Qualifying das Maximum herausgeholt, und das gilt auch für das Rennen", sagt Ocon. Aber: "Wir konnten die Autos vor uns nicht wirklich halten. Wir dachten, dass es irgendwann möglich sein würde, die Ferraris zu halten, aber sie waren zu schnell und zogen in der mittleren Phase des zweiten Stints davon."

"Also haben wir einfach die Pace gehalten und das Auto wieder nach Hause gebracht. Insgesamt war es ein starkes Wochenende, aber wir brauchen noch ein bisschen mehr, um die Autos vor uns einzuholen. So war das heute nun einmal, also haben wir hoffentlich viel verstanden. Und wir können beim nächsten Mal stark zurückkommen."

Paceteq

Der Race Trace des Großen Preises von Saudi-Arabien: Alpine kann sowohl im ersten, als auch im zweiten Stint nicht mit Ferrari mithalten - drei bis vier Zehntel verlor man pro Runde Zoom

Safety-Car zum falschen Zeitpunkt? Alpine winkt ab

Möglicherweise hätte der Grand Prix von Saudi-Arabien für Alpine ein besseres Ende nehmen können, wenn der Ausfall von Aston-Martin-Pilot Lance Stroll keine Safety-Car-Phase ausgelöst hätte. Beide Alpines waren bereits vor dem Safety-Car an der Box, während zum Beispiel die beiden Mercedes-Piloten einen billigen Reifenwechsel durchführen konnten.

"Das hat unser Leben nicht wirklich verändert", winkt Permane jedoch ab. "Es hat unsere Rennzeit vielleicht ein bisschen langsamer gemacht, aber das war kein großes Problem. Es wäre schöner gewesen, ein paar Runden später an die Box zu kommen. Aber ja, ich bin zufrieden, dass wir ein sehr sauberes, einfaches Rennen hatten. Wir hatten zwei sehr schnelle Boxenstopps und eine vernünftige Strategie."

Gasly: Liegen aktuell im Niemandsland

Ocons neuer Teamkollege Pierre Gasly hat seit seinem Wechsel zu Alpine noch einige Schwierigkeiten im Qualifying, doch im Rennen ist der Monza-Sieger von 2020 bei der Musik dabei. Dennoch hat sich der Franzose mehr als Platz 9 und zwei Punkte erhofft.

Auf die Frage, ob er in Dschidda mit einem besseren Resultat gerechnet hätte, meint Gasly: "Ich würde lügen, wenn ich nein sagen würde. Ich persönlich dachte, dass wir ein bisschen mehr Tempo haben würden, um den Kampf vor uns aufzunehmen. Und leider sind wir dort gelandet, wo wir jetzt sind, auf den Plätzen acht und neun, das ist so ziemlich der Stand der Dinge."

"Ich glaube, wir lagen 10 Sekunden hinter den Ferraris und Mercedes war definitiv schneller als wir dachten. Und ja, ich denke, das ist genau das, was wir im Moment haben. Und wir müssen analysieren, was wir besser machen können."


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Warum kämpft Gasly im Qualifying?

"Positiv ist, dass ich in meinem zweiten Rennen mit dem Team zum zweiten Mal in die Punkteränge gefahren bin und die Dinge während des gesamten Wochenendes etwas konstanter waren. Aber es gibt immer noch Dinge, an denen ich arbeiten muss", sagt er. "Ich denke, dass ich mich am Samstagmorgen generell sehr gut gefühlt habe."

"Im Qualifying wurde es dann etwas schwieriger, und auch heute hatte ich ein wenig mit den gleichen Problemen zu kämpfen wie gestern. Wir werden also alles überprüfen. Aber ich denke, es ist erst das zweite Rennen, also geht es darum, aufzubauen und zu lernen und die Dinge so schnell wie möglich umzusetzen."

Alpine-Sportdirektor Alan Permane kündigt zudem an, dass man die Gründe für Gaslys Schwierigkeiten im Qualifying untersuchen werde: "In dieser Woche wird es ein tiefes Eintauchen sein, was die Reifentemperaturen und solche Dinge angeht, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass das Auto von FT3 bis zum Qualifying für ihn identisch war."

"Und normalerweise werden die Dinge bei einem Tag-Nacht-Rennen in der Abendsession besser, die Strecke wird etwas griffiger und so weiter. Man könnte es also verstehen, wenn FT3 kühl war und das Quali dann heiß war. Das wird sich mit der Zeit herausstellen."

Alpine: Gasly-Auto nach Piastri-Kontakt nicht beschädigt

Der Start des Rennens war für Gasly dann ebenfalls etwas turbulent. Von P9 gestartet drückte er sich in Kurve 2 auf der Innenbahn an Oscar Piastri im McLaren vorbei, wobei es zu einer leichten Berührung kam, die den Frontflügel des Australiers beschädigte.

Gasly trug jedoch keinen Schaden davon, wie Permane bestätigt: "Es gab keinen Schaden, den wir sehen konnten, jedenfalls nicht anhand von Daten und nicht visuell, wir haben uns so viel wie möglich am Auto angeschaut. Überhaupt nichts."


Fotostrecke: Dschidda: Die Fahrernoten der Redaktion

"Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, ob ich ihn direkt aus der Box oder in Kurve eins erwischt habe", lässt Gasly die Situation Revue passieren. "Aber wir waren Seite an Seite und es gab eine leichte Berührung in Kurve 2. Ja, leider, ich glaube, er hat dabei Schaden genommen."

Gasly-Manöver ruiniert McLaren-Rennen

"Ich glaube nicht, dass da [ein Schaden] war", so Gasly weiter. "Um fair zu sein, vom Auto aus war es so leicht, dass ich überrascht war, dass er überhaupt einen Schaden davongetragen hat. Aber ja, ich musste es probieren."

"Der Restart war das einzige Mal, dass ich so ziemlich das ganze Rennen gefahren bin. Danach war ich ein bisschen im Niemandsland. Ich kam am Start nahe an Lewis heran, aber ich konnte ihn nicht ganz überholen. Und ja, das war's dann auch schon."

In der Folge beschädigte das Trümmerteil von Piastri auch noch den Frontflügel seines McLaren-Teamkollegens Lando Norris, womit Gasly so gesehen unabsichtlich das gesamte McLaren-Team in Dschidda ausgeknockt hat.

Gasly und Ocon über ihr Duell beim Restart

Nach dem Safety-Car-Restart kam es dann zudem zu einem kleinen Duell zwischen den beiden Alpine-Teamkollegen Ocon und Gasly. Das Teamduell beim Team aus Enstone steht ohnehin unter starker Beobachtung, da die beiden Franzosen nicht das beste Verhältnis zueinander pflegen und bereits in den Juniorenserien öfter einmal aneinander geraten sind.

"Es war gut, nah dran zu sein", sagt Gasly. "Danach blieben wir den größten Teil des Rennens über zwei Sekunden voneinander entfernt. Ja, das war leider das einzige echte Rennen für uns, denn wir liegen 10 Sekunden hinter den Jungs vor uns und 10 Sekunden hinter den Jungs hinter uns."

"Ich denke, das zeigt, dass wir so ziemlich da stehen, wo wir sind. Und wie ich schon sagte, das zweite Rennen mit dem Team. Es ist also gut, auf einem weiteren starken Rennen nach Bahrain aufzubauen, und ja, wir werden daran arbeiten, von Rennen zu Rennen stärker zu werden."


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"Beim Neustart durch das Safety-Car [haben wir gekämpft]", bestätigt Ocon. "Danach lag er etwa zweieinhalb bis drei Sekunden zurück. Ich habe natürlich das Tempo kontrolliert, und er auch. Wir wollten nicht, dass die Reifen plötzlich abbauen und die Hälfte der anderen Autos hinter uns einholen. In dieser Hinsicht war es ein einfaches Rennen."

"Ich denke, wir haben natürlich unsere Vorstellungen davon, wo wir uns verbessern müssen", bilanziert Gasly. "Es ist noch zu früh, um eine eindeutige Aussage darüber zu treffen, was und warum. Aber im Allgemeinen wissen wir, was wir verbessern müssen."