• 16.05.2010 22:22

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Alonso-Strategie war von Anfang an geplant

Stefano Domenicali analysiert Fernando Alonsos Aufholjagd in Monte Carlo und spricht über die derzeitige Dominanz von Red Bull

(Motorsport-Total.com) - Im Schatten der Dominanz von Red Bull lieferte heute das Ferrari-Team eine taktische Meisterleistung ab: Fernando Alonso, der nach seinem Crash am Samstagmorgen aus der Boxengasse ins Rennen gehen musste, kam bereits in der ersten Runde zum Reifenwechsel - und ging dadurch an zahlreichen Konkurrenten vorbei. Dieser Mut wurde mit dem sechsten Platz belohnt.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Sensationell: Fernando Alonso fuhr vom 24. noch auf den sechsten Platz

Alonso lag ohnehin am Ende des Feldes und wusste, dass er mit den harten Reifen die komplette Distanz überstehen kann. Durch die von Nico Hülkenberg ausgelöste Safety-Car-Phase konnte der Spanier sofort wieder zum Feld aufschließen. Im Gegensatz zu den Fahrern vor ihm hatte er den Boxenstopp aber bereits hinter sich. Hätte er nicht hinter manchen Nachzüglern, etwa Lucas di Grassi, so viel Zeit verloren, wäre vielleicht sogar eine noch größere Aufholjagd möglich gewesen.#w1#

Erste oder letzte Runde?

Interessant ist: "Wir hatten das von Anfang an so geplant, wir wären auf jeden Fall in der ersten Runde an die Box gekommen", erklärt Teamchef Stefano Domenicali. "Es hat uns ein bisschen überrascht, dass sonst niemand an die Box gekommen ist, als das Safety-Car rauskam." Als klar war, dass Alonso aus der Boxengasse starten muss, standen nur noch zwei Strategien zur Diskussion: Reifenwechsel in der ersten oder in der letzten Runde.

Letztere Variante wurde aber schnell wieder verworfen: "Wenn du dann kurz vor Schluss ein Safety-Car hast, fällst du ganz ans Ende zurück. Es war die richtige Entscheidung so", glaubt Domenicali. Der Rennverlauf bestätigt ihn, denn wegen der Kollision zwischen Karun Chandhok und Jarno Trulli gab es tatsächlich eine späte Safety-Car-Phase. Hätte Alonso in jener Phase noch an die Box kommen müssen, wäre er ganz ans Ende des Feldes zurückgefallen.


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Monaco, Sonntag


Natürlich hatte die extreme Strategie aber auch einen gravierenden Nachteil: "Fernando ist sehr gut gefahren. Er hat einige Nachzügler überholt, obwohl er nicht voll attackieren konnte, weil er die Reifen nicht kaputt machen durfte", analysiert Domenicali die Performance seines Schützlings. "Nach den Boxenstopps war es dann nicht mehr möglich, noch jemanden zu überholen, weil er mit seinen Reifen einen extrem langen Stint fahren musste."

Doch bei aller Freude über die unerwarteten acht Punkte für Alonsos WM-Kampagne steht außer Frage, dass Ferrari vom Speed her deutlich hinter Red Bull liegt. "Das ist entscheidend für die Weltmeisterschaft", weiß der Italiener. "Ein Auto, das sechsmal hintereinander auf Pole-Position fährt, ist sicher schnell. Andererseits haben sie heute erst zum zweiten Mal einen Doppelsieg gefeiert. Daher liegen wir auch in den Punktewertungen gar nicht weit hinter ihnen."

Aerodynamik als Schwachpunkt

"Es ist eine schwierige Weltmeisterschaft", so Domenicali. "Wir müssen sicher schneller werden, das steht fest. Das Wichtigste ist glaube ich die aerodynamische Effizienz. Unser Ziel für die Türkei ist nun, dass unser System für den Heckflügel, das wir in Barcelona schon eingesetzt haben, wirklich gut funktioniert und keine Nachteile mehr hat. Für danach haben wir einige gute Weiterentwicklungen. Mehr als hart arbeiten können wir nicht."

Stefano Domenicali

Stefano Domenicali ist zufrieden mit der strategischen Leistung von Ferrari Zoom

Der 45-Jährige meint damit das F-Schacht-System, das in Monte Carlo nicht am F10 war. Dessen Nachteil ist: "Wir haben in Barcelona insgesamt ein bisschen Anpressdruck verloren. Das sollte in Zukunft nicht mehr der Fall sein", sagt Domenicali. Auch die Steuerung mit dem Handrücken sei suboptimal: "Wir arbeiten an verschiedenen Lösungen und untersuchen auch eine andere Möglichkeit, um dem Fahrer eine bessere Kontrolle zu ermöglichen."

Doch bei allem Respekt vor der zuletzt erdrückend starken Performance von Red Bull fehlen Ferrari in der Fahrer-WM nur drei und bei den Konstrukteuren 20 Punkte auf die Spitze. An McLaren ist man knapp vorbeigezogen. Aber: "Wir dürfen die anderen auch nicht außer Acht lassen. McLaren hatte hier kein einfaches Wochenende, aber beim nächsten Rennen, auf einer Strecke wie in der Türkei, erwarte ich sie wieder stärker", glaubt Domenicali.