• 25.06.2006 20:40

Alonso gewinnt turbulenten Grand Prix in Kanada

Montréal bürgt für Unterhaltung: Fernando Alonso gewinnt vor Schumacher und Räikkönen - Unfälle von Villeneuve, Montoya und Rosberg

(Motorsport-Total.com) - Wer interessiert sich da noch für Fußball? Der Grand Prix von Kanada bescherte den Formel-1-Fans zur europäischen Primetime das bisher wahrscheinlich unterhaltsamste und ereignisreichste Rennen dieses Jahres: Nur 14 von 22 Autos sahen die Zielflagge - und der Sieg ging zum ersten Mal in Montréal an Titelfavorit Fernando Alonso (Renault).

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher, Fernando Alonso und Kimi Räikkönen

Glückliche Gesichter: Nur Räikkönen wirkte am Podium etwas unglücklich...

Bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen von bis zu 32 Grad sowie einer fantastischen Atmosphäre auf der Île de Notre-Dame entschied der Spanier den Start souverän für sich, während sein Teamkollege Giancarlo Fisichella die Kupplung etwas zu früh losließ, ein paar Zentimeter anrollte und dadurch den Frühstartsensor der Rennleitung auslöste. Konsequenz: Der Italiener musste eine Durchfahrstrafe absitzen und fiel dadurch auf Platz sieben zurück.#w1#

Turbulente Startphase läutete spannendes Rennen ein

Doch schon davor ging es mächtig zur Sache: Kimi Räikkönen (McLaren-Mercedes) überholte vor der ersten Kurve Fisichella, während weiter hinten Michael Schumacher (Ferrari) schlecht wegkam und zwei Positionen einbüßte. Den nächsten Aufreger bescherte uns Juan-Pablo Montoya (McLaren-Mercedes), der unbedingt am toll gestarteten Nico Rosberg (Williams-Cosworth) vorbeigehen wollte, diesen aber von der Strecke und gegen die Mauer schubste - womit Schumacher wieder Fünfter war.

Montoya musste an der Box eine neue Nase abholen, ebenso wie Tiago Monteiro, der in der Haarnadel ausgerechnet seinen MF1-Toyota-Teamkollegen Christijan Albers abgeschossen und aus dem Rennen befördert hatte. Als dann aufgrund all dieser Zwischenfälle in der zweiten Runde das Safety-Car erstmals auf die Strecke ging, verabschiedete sich auch noch der Motor von Super-Aguri-Honda-Pilot Franck Montagny.

In der vierten Runde wurde das Rennen wieder freigegeben - und die Action ging munter weiter: Montoya überholte unter gelber Flagge wegen Montagny David Coulthard (Red-Bull-Ferrari), gewann einige weitere Positionen, lieferte sich dann ein Gefecht mit Ralf Schumacher (Toyota), bei dem er einmal die letzte Schikane abkürzen musste, und touchierte schlussendlich etwas später die "Wall of Champions" so hart, dass seine Radaufhängung brach und er ausscheiden musste.

Alonso und Räikkönen in einer eigenen Liga

Indes setzten sich an der Spitze Alonso und Räikkönen relativ mühelos vom Verfolgerpaket mit Jarno Trulli (Toyota), Schumacher und Fisichella ab. Lokalmatador Jacques Villeneuve (BMW Sauber F1 Team) war in jener Phase des Rennens nach einem guten Start Sechster, konnte diese Position aber nicht verteidigen und fiel zunächst innerhalb weniger Runden hinter Jenson Button (Honda) und Felipe Massa (Ferrari) zurück.

Start in Kanada 2006

Am Start ließ Alonso nichts anbrennen, verteidigte seine Pole souverän Zoom

In der zwölften Runde wagte Räikkönen außen vor der letzten Schikane den einzigen Überholversuch gegen Alonso, musste jedoch zurückstecken. Das Duo blieb dann bis zum ersten Boxenstopp eng zusammen, ehe der Abstand wuchs: Renault holte seinen Topfahrer in Runde 23 herein, McLaren-Mercedes wartete zwei Runden länger - verpatzte aber den Boxenstopp, der 12,6 Sekunden dauerte, wegen eines Problems hinten rechts.

Schumacher fuhr einen langen ersten Stint

In etwa zum gleichen Zeitpunkt ging Schumacher endlich an Trulli vorbei, was wichtig war, schließlich plante der Ferrari-Fahrer einen langen ersten Stint bis zur 33. Runde. Auch die beiden BMW Sauber F1 Team Piloten warteten lange mit ihrem Boxenstopp zu, tankten aber nicht lange genug für eine Einstoppstrategie. Der Einzige, der sich auf eine solche Taktik einließ, war Felipe Massa (Ferrari), der anfangs mit einigen Überholmanövern positiv auffiel.

An der Spitze baute Alonso seinen Vorsprung auf konstante acht Sekunden aus, fuhr anschließend einen fehlerfreien Grand Prix und geriet eigentlich nie mehr wirklich in Gefahr. Weiter hinten verlor Trulli zunehmend an Boden, während sich zwischen Villeneuve und Nick Heidfeld (BMW Sauber F1 Team) ein spannendes Duell anbahnte, welches noch Folgen nach sich ziehen sollte. Überholmanöver gab es zu jenem Zeitpunkt kaum.

Der letzte Boxenstopp der Spitzenfahrer brachte keine Verschiebungen, abgesehen von Heidfeld, der an Villeneuve vorbei kam und damit Siebenter war. Villeneuves Crew forderte den Kanadier jedoch zum Pushen auf - und der leistete sich daraufhin am Ausgang einer Schikane im Mittelsektor einen leichten Fehler, kam auf die schmutzige Linie und landete spektakulär in der Mauer, was das Ende seiner bis dahin tapferen Vorstellung bedeutete.

Räikkönen leistete sich einen unnötigen Fehler

Räikkönen hatte zu jenem Zeitpunkt bereits alle Siegchancen effektiv verloren, weil auch beim zweiten Boxenstopp gepatzt wurde, doch durch die Safety-Car-Phase wegen des Villeneuve-Unfalls schöpfte er noch einmal Hoffnung. Allerdings konnte er Alonso nicht mehr attackieren, sondern er verlor wegen eines Fahrfehlers in der Haarnadelkurve noch seinen zweiten Platz an Schumacher, der somit zwei wichtige Extrapunkte für die Weltmeisterschaft einsackte.

Juan-Pablo Montoya

Montoya schied nach einer chaotischen Vorstellung am Rennbeginn aus Zoom

Alonso ließ sich freilich dank eines sensationell cleveren Restarts auch im spannenden Finale nicht mehr unter Druck setzen, fuhr seinen ersten Sieg in Montréal sicher vor Schumacher, Räikkönen, Fisichella und Massa nach Hause. Ab Platz fünf - Trulli, Heidfeld und Coulthard, der kurz vor Schluss mit einem bärenstarken Manöver noch an Button vorbeiging, komplettierten die Punkteränge - war der Rest des Feldes bereits überrundet.

Coulthard mit dem Kämpferherz eines echten Racers

Apropos Coulthard: Der Schotte sammelte nicht nur für die Fahrerwertung, sondern auch teamintern wichtige Punkte, indem er nach der Safety-Car-Phase Christian Klien im zweiten Red-Bull-Ferrari unter Druck setzte, woraufhin sich der Österreicher in der Haarnadelkurve kurz von der Ideallinie verabschiedete und sich unterm Strich mit Platz zehn hinter Scott Speed (Toro-Rosso-Cosworth) begnügen musste. Mark Webber (Williams-Cosworth), Vitantonio Liuzzi (Toro-Rosso-Cosworth) und Monteiro rundeten die Ankömmlinge ab.

Takuma Sato (Super-Aguri-Honda) setzte sein Auto in der letzten Runde noch gegen eine Mauer, während Ralf Schumacher (Toyota) nach einem katastrophalen Rennen mit vier Boxenstopps und einer Durchfahrstrafe ebenfalls ausschied. Bereits in der Anfangsphase hatte der 'Circuit Gilles Villeneuve' mit Rubens Barrichello (Honda) ein weiteres prominentes Opfer gefordert, allerdings wegen eines Defekts.

Für die Fahrer-WM war der Ausgang natürlich nicht gerade ein Spannungsbringer, denn Alonso hat seinen Vorsprung auf Schumacher nun schon auf 25 Punkte ausgebaut, während Renault bei den Konstrukteuren sogar schon ein Polster von 34 Zählern auf Ferrari hat. McLaren-Mercedes liegt dank Räikkönen in beiden Wertungen auf dem dritten Platz, hat aber im Kampf um den Titel keine realistische Chance mehr.