• 25.03.2012 17:24

Alonso: "Ein unglaubliches Ergebnis"

Damit hatte selbst Fernando Alonso nicht gerechnet: Der Spanier bescherte Ferrari in einem kuriosen Rennen den ersten Formel-1-Saisonsieg 2012

(Motorsport-Total.com) - Überraschung in Malaysia: Nicht McLaren oder Red Bull gaben beim zweiten Saisonlauf der Formel 1 das Tempo vor, sondern Ferrari und Sauber. Nach 56 spannenden Runden setzte sich Fernando Alonso knapp gegen Sergio Perez durch und bescherte Ferrari damit den ersten Saisonsieg - mit dem nicht einmal die kühnsten Optimisten gerechnet hatte. In der Pressekonferenz zeigt sich selbst Alonso völlig baff. Der spanische Rennfahrer hofft nun auf eine Initialzündung bei Rot und weitere Updates.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Stolzer Spanier: Fernando Alonso landete in Malaysia einen Überraschungssieg

Frage: "Fernando, diesen Sieg hast du zu Beginn der Woche wahrscheinlich nicht erwartet. Sprechen wir aber zunächst gleich einmal über die Schlussphase, als dir ein junger Mexikaner im Nacken saß..."
Fernando Alonso: "Ja, der Sieg heute war sicherlich eine große Überraschung. In Australien waren wir nämlich nicht konkurrenzfähig und hier waren wir es auch nicht. Das Hauptziel war daher, in diesem Rennen einfach möglichst viele Punkte zu holen."

"Das waren heute 25 an der Zahl - ein unglaubliches Ergebnis. Das Team leistete klasse Arbeit. Ich denke, wir konnten das Potenzial, das wir in unseren Händen haben, einfach maximieren. Schon das Qualifying war okay. Wir schafften den Einzug in Q3 und behielten heute bei den extremen Bedingungen einen kühlen Kopf."

"Anfangs fuhren wir bei viel Wasser mit Intermediates, wechselten dann auf Regenreifen, zurück zu Intermediates und holten im perfekten Augenblick noch Trockenreifen ab. Die Boxenstopps waren allesamt optimal. Gratulation an das Team, denn ich denke, sie haben diesen Sieg verdient. Wir machen eine harte Zeit durch, doch an diesen Sonntag werden wir uns noch lange erinnern."

"Gratulation an das Team, denn ich denke, sie haben diesen Sieg verdient." Fernando Alonso

Frage: "Sepang ist ein gutes Pflaster für dich. Es war bereits dein dritter Sieg auf diesem Kurs. Hier hast du auch schon ein paar persönliche Meilensteine erzielt..."
Alonso: "Ja. Ich erfuhr über Funk, dass dies nun schon mein dritter Sieg hier ist - und das auf drei unterschiedlichen Autos und bei unterschiedlichen Teams."

"Es ist prima, wenn man auf Kursen siegt, die man ohnehin gerne befährt. Ich sagte schon am Donnerstag, dass Sepang eine fantastische Strecke ist. Sie ist sehr technisch und beinhalten viele unterschiedliche Kurventypen. Heute waren auch die Bedingungen sehr tückisch. Hier zum dritten Mal zu gewinnen und dies zum dritten Mal auf einem anderen Auto zu tun, ist prima."

"Das Wichtigste sind aber nach wie vor die WM-Punkte. Es kommt darauf an, in den 20 Saisonrennen möglichst konstant zu agieren, keine Fehler zu machen und möglichst nicht zu viele Ausfälle zu haben. Dieser Grand Prix war einer, in dem man einfach einen Ausfall hätte erleiden können. Es war richtig schwierig da draußen."

"Das Wichtigste sind nach wie vor die WM-Punkte." Fernando Alonso

"Wir bewahrten aber die Ruhe und versuchten, bestmögliche Arbeit zu leisten. Das Team machte in meinen Augen einen super Job. Das trifft nicht nur auf die Vorbereitungen des Rennens zu, sondern auch das gesamte Wochenende. Am Freitag hatten wir ein paar neue Teile ausprobiert. Im Qualifying zeigten wir unser Maximum und erwischten einen perfekten Start in das Rennen."

"Die Boxenstopps kamen zur richtigen Zeit und liefen prima. Mehr können wir heute nicht verlangen. Jetzt reisen wir nach Hause und stürzen uns in die Arbeit. Wir müssen nämlich ein paar Zehntel aufholen, um konkurrenzfähiger zu sein und auch an einem sonnigen Tag um den Sieg kämpfen zu können - nicht nur unter diesen Bedingungen."

Perfekte Teamarbeit in Rot beschert Alonso den Sieg

Frage: "Du hast es schon angesprochen: Das Timing für die Boxenstopps war von entscheidender Bedeutung. Dadurch kamst du beim ersten Stopp nach dem Neustart vor Lewis Hamilton zurück auf die Strecke..."
Alonso: "Ja. Ich denke, es lief perfekt. Wir gingen auf Intermediates ins Rennen, was der Großteil des Feldes ebenfalls tat. Aufgrund des heftigen Aquaplanings wechselten wir dann auf die Regenreifen und überholten Vettel, weil wir eine Runde vor ihnen an der Box gewesen waren."

"Nach dem Neustart holten wir uns Intermediates ab und gingen dabei an Lewis vorbei. Ich glaube, ich fuhr nach ihm an die Box, kam aber vor ihm zurück. Das heißt wohl, der Reifenwechsel war schneller. Vielleicht hatte Lewis auch irgendwelche Probleme. Ich kam Stück für Stück nach vorne. Das Team traf perfekte Entscheidungen. Diesen Sieg haben sie sich definitiv verdient."

"Ich kam Stück für Stück nach vorne." Fernando Alonso

Frage: "War es richtig, zum Schluss auf Slicks zu setzen?"
Alonso: "Ja. Wir waren uns aber nicht sicher, ob wir die mittlere oder die harte Mischung nehmen sollten. Wir nahmen dann die mittlere Variante, weil die Mehrheit des Feldes ebenfalls damit fuhr. Wir führten das Rennen an. Da brauchst du nicht das Rad neu erfinden. Du tust einfach, was auch die anderen tun."

"Das reicht vielleicht schon aus. Wir wählten also die mittlere Mischung. Die Konstanz war gut, nur waren wir im Vergleich zu Sergio halt nicht schnell genug. Er übte sehr viel Druck aus. Das war auch schon so, als wir noch mit Intermediates fuhren. Sie waren schneller als wir, kein Zweifel. Wir hatten Glück, dass wir die Position in den Schlussrunden behaupten konnten."

Slicks oder keine Slicks, das war hier die Frage...

Frage: "Sprechen wir noch einmal über die Entscheidung, am Rennende Slicks zu nutzen. Wie knifflig war es? Manche Fahrer fuhren zwar schnelle Runden auf Trockenreifen, doch andere Teams sprachen von bevorstehendem Regen. Was man auch tat, es hätte das Falsche sein können..."
Alonso: "Ja, die Entscheidung fiel uns nicht leicht, denn wir wollten ja einfach nur das machen, was unsere Hintermänner taten."

"Es war nicht an der Zeit, um Risiken einzugehen. Wir führten das Rennen an. Daher war es eine ziemlich knifflige Nummer. Die Strecke war aber gut genug für Slicks. Damit waren schnellere Zeiten drin, doch die Vorhersage kündigte für die nächsten Minuten weitere Regenschauer an."

"Es war nicht an der Zeit, um Risiken einzugehen." Fernando Alonso

"Wenn du also Trockenreifen aufziehst und es regnet, dann verlierst du alles. Ich denke, Button oder jemand näher bei uns oder Vettel ließ Slicks aufziehen. Es war also Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. Wir bogen daher ab. Wir waren zufrieden, als auch Lewis und Sergio hereinkamen. Falls es geregnet hätte, hätten wir uns alle in derselben Situation befunden. Wir hatten nur eine Runde lang unsere Zweifel."

Frage: "Am Samstag gabst du als Ziel aus, vor Sauber zu landen. Hättest du gedacht, heute mit ihnen um den Sieg zu kämpfen? Ist Sauber für dich eine Überraschung?"
Alonso: "Nun, Sergio und ich erzielten am Samstag die Ränge neun und zehn. Wahrscheinlich dachte da keiner daran, dass wir am Sonntag um den Sieg kämpfen würden."

"Die Wetterbedingungen verändern sich hier aber sehr rasch. Bei Regen kann sich alles auf den Kopf stellen. Wir fanden ein gutes Tempo im Auto und waren im Nassen prima unterwegs. Es war ein schönes Duell. Ich denke, Sauber leistet in diesem Jahr klasse Arbeit. Wir sahen schon in den Wintertests, dass sie sehr gute Fortschritte gemacht hatten."

"Die Wetterbedingungen verändern sich hier sehr rasch." Fernando Alonso

"In Australien zeigten sie ebenfalls gutes Potenzial. Das stellten sie hier in Malaysia erneut unter Beweis. Sergio fuhr richtig gut. Ich denke, das ist ein gewisser Trend. Es gibt keine so klare Dominanz wie im vergangenen Jahr oder in den vergangenen beiden Jahren. Alles scheint viel offener zu sein. Daraus müssen wir Kapital schlagen."

Zeigt Malaysia den Weg aus der Formkrise auf?

Frage: "Was bedeutet dieser Sieg für Ferrari? In Australien wurde die Leistung des Autos noch massiv in Frage gestellt. Bringt dieser Sieg frische Motivation mit sich? Und sehen wir dergleichen in naher Zukunft erneut?"
Alonso: "Ganz ehrlich: Es verändert sich rein gar nichts. Wir befinden uns nicht in der Position, in der wir sein wollen. Wir kämpfen um den Einzug in Q3 und anschließend darum, überhaupt ein paar Punkte zu holen."

"Wir wollen aber um Pole-Positions und Siege kämpfen. In den beiden ersten Rennen des Jahres hatten wir ganz klar nicht das nötige Tempo. Wie ich schon sagte: Das Ziel war eigentlich, nicht zu viele Punkte auf die Führenden einzubüßen. Wir leisteten gute Arbeit. Das sind gute Nachrichten. In China, Bahrain und Spanien werden wir ein paar Updates bekommen, um das Auto zu verbessern."

"Wir wollen um Pole-Positions und Siege kämpfen." Fernando Alonso

"Das ist, auf was wir uns konzentrieren müssen. Ich weiß, dass sich das Team sehr viel Mühe gibt. Wir vertrauen uns sehr und stehen in diesem Augenblick eng zusammen. Dieser Sieg stimmt uns für heute sehr zufrieden. Vielleicht hält das in der Fabrik auch noch zwei weitere Tage lang an. Es verändert aber nichts an unserer Entschlossenheit, das Auto zu verbessern und weitere Siege einzufahren."

Frage: "Wenn man dir angesichts deines Fahrzeugs gesagt hätte, dass du nach zwei Rennen der WM-Führende sein würdest, was hättest du dir da gedacht? Hältst du diesen Sieg deshalb auch für einen deiner bisher besten?"
Alonso: "Ich weiß nicht. Nach den Tests in Barcelona hatten wir kein klares Bild, selbst wenn dir da jemand sagt, dass du nach zwei Rennen der Spitzenreiter sein wirst."

"Vielleicht ist es möglich, vielleicht nicht. In Australien waren wir nicht konkurrenzfähig und hier in Malaysia waren wir es auch nicht - vor allem nicht im Qualifying. Im Rennen scheinen wir ein bisschen an Tempo zuzulegen. Da gibt es aber kein Geheimnis. Wir hatten nicht den einfachsten Saisonauftakt, denn es gab Probleme mit dem Auto."

Noch ist Ferrari einen Tick zu langsam

"Es fehlt uns an Geschwindigkeit, doch daran arbeiten wir Tag und Nacht. Ferrari hat in über 60 Jahren unter Beweis gestellt, was sie leisten können. So gesehen ist das nicht überraschend. Doch wie ich schon sagte: Das verändert gar nichts an unserer Herangehensweise an die nächsten Wochen. Wir müssen in den kommenden Rennen eine sehr aggressive Strategie bei der Entwicklung fahren."

"Wir müssen bei jedem Rennen einige Updates an den Start bringen. Wir liegen nämlich etwas zu weit zurück. Oder zumindest mehr, als uns lieb ist und als wir erwartet hatten. Zur zweiten Frage: Ich erinnere mich an Südkorea 2010. Dort hatten wir damals ähnliche Bedingungen wie heute. Eine Unterbrechung ist aber immer sehr stressig. Es ist schwierig, die Konzentration zu wahren. Wir hatten noch andere Probleme: Wir verloren die Telemetrie."

"Wir liegen etwas zu weit zurück." Fernando Alonso

"Ich musste mich in jeder Runde beim Überfahren der Ziellinie über den Benzinstand erkundigen. Im Auto hatte ich also alle Hände voll zu tun, denn ich musste ja auch noch KERS und dergleichen bedienen. Ich war der Einzige, der wusste, wie es um die Aufladung bestellt war. Ohne Telemetrie ist es ziemlich schwierig für das Team. Daher war es sehr anspruchsvoll, doch wir sind natürlich sehr zufrieden."

Frage: "Ist es dein bisher bester Rennerfolg?"
Alonso: "Keine Ahnung. Ich denke, jeder Sieg schmeckt anders. Die Bedingungen waren hier ein bisschen schwieriger als bei anderen Siegen. Ich verwies bereits darauf, dass mit zu solchen Verhältnissen nur Südkorea einfällt."


Fotos: Fernando Alonso, Großer Preis von Malaysia


"Vor allem zu Beginn, auf den Intermediates, hatte ich hinter Webber praktisch null Sicht. In Kurve vier gab es dann eine Kollision zwischen Grosjean und Michael (Schumacher; Anm. d. Red.) und ich rauschte, so glaube ich, nur um Zentimeter am Frontflügel von Michael vorbei. In diesem Rennen gab es viele Faktoren, vor allem in den zehn Anfangsrunden. Da hätte man leicht aus dem Rennen fliegen können."

"Da hätte man leicht aus dem Rennen fliegen können..." Fernando Alonso

"Auf der Bremse hatte ich vor Kurve eins und vor Kurve drei ein paar interessante Augenblicke. Du kommst mit 280 oder 290 km/h an und hast 20 Meter lang Aquaplaning - und das auf Intermediates. Erst dann fängt sich das Auto zum Glück wieder. Solche Momente gab es in diesem Rennen also auch. Ein Sieg schmeckt da noch viel besser, aber es ist schwer zu sagen. Ich bin jedenfalls sehr zufrieden."

Alonso ist hochzufrieden mit seinem Team

Frage: "Du sagtest dieser Tage, dass nur vier Leute zufriedener sind als du. Heute bist du derjenige mit der größten Zufriedenheit. Wie wichtig ist dieser Sieg aus psychologischer Sicht für dich, das Team und die Fans?"
Alonso: "In den letzten Tagen sagte ich einmal mehr, dass wir nicht in der Position seien, in der wir uns befinden wollten. Wir sind nicht schnell genug."

"Das war aber alles nicht so dramatisch, wie es von außen an das Team herangetragen wurde. Wir stellten damit lediglich klar, dass wir in Australien auf Rang fünf einliefen und dass nur vier Leute zufriedener waren. Jetzt, da wir an der Spitze der WM-Gesamtwertung liegen, sollten wir stolz auf unsere Arbeit sein. Ich sagte es aber schon: Wir müssen weiter hart arbeiten."

"Aus psychologischer Sicht wird dieser Sieg die Jungs in Maranello sicher noch einmal anspornen. Sie brauchen aber keine Motivation, denn sie arbeiten für Ferrari und geben schon das Maximum für das rote Auto. Nach einem solchen Sieg werden sie morgen um acht Uhr mit einem Lächeln zur Arbeit gehen. Vielleicht bringt das neue Ansätze mit sich."

"Dieser Sieg wird die Jungs in Maranello sicher noch einmal anspornen." Fernando Alonso

Frage: "Sergio Perez sprach schon einmal über die Möglichkeit, für Ferrari zu fahren. Er sagt aber auch, dass er 2012 bei Sauber unter Vertrag steht. Er ist aber auch ein Teil der Ferrari-Akademie. Hältst du ihn für talentiert genug, dass er bald den Schritt machen könnte?"
Alonso: "Wie Sergio selbst sagt, konzentriert er sich derzeit auf Sauber. Das ist seine vertragliche Verpflichtung. Die Ferrari-Akademie leistet klasse Arbeit mit jungen Talenten."

"Wenn Sergio ein Mitglied dieser Akademie ist, dann liegt das daran, dass Ferrari viel Talent in diesem Burschen sieht. Der Sieg war heute nicht drin für ihn, doch früher oder später wird er siegen. Im Augenblick bilden Felipe und ich ein sehr starkes Team. Wir halten sehr eng zusammen. Ich sehe keine andere Möglichkeit, als neben Felipe zu fahren, denn wir bilden ein starkes Duo."

"Felipe hatte in Australien ein paar Probleme. Hier war er konkurrenzfähig, weil er ein paar Dinge am Auto verändert hatte. Am Samstag fuhr er auf Platz zwölf und beim Abbruch war er schon Achter. In einem normalen Rennen und mit einem besseren Auto können Felipe und ich meiner Meinung nach gemeinsam auf dem Podest stehen. Das ist das Ziel für den weiteren Saisonverlauf."