• 09.04.2005 15:52

  • von Marco Helgert

100-jähriges Jubiläum des letzten Gordon-Bennett-Cups

Hightech vor 100 Jahren: vier Zylinder, elf Liter Hubraum, 96 PS bei 1.200 Umdrehungen pro Minute, drei Gänge, Kettenantrieb

(Motorsport-Total.com) - Der Automobilklub von Auvergne schwelgt in Erinnerungen. Am 27. Juli 1905 fand auf dem 'Auvergne Circuit' unweit von Clermont-Ferrand, dem Michelin-Standort, das letzte Rennen des Gordon-Bennett-Cups statt. Diese sechs Mal ausgetragenen Veranstaltungen, bei denen jedes Land drei Automobile stellen durfte, sind der direkte Vorläufer des Grand-Prix-Sports.

Titel-Bild zur News: Mercedes beim Gordon Bennett Cup 1903

Auch der siegreiche Mercedes beim Rennen 1903 in Irland wird wieder fahren

Zum einhundertjährigen Jubiläum werden nicht weniger als 150 Fahrzeuge aus elf Ländern erwartet. Alle werden die gleiche Strecke wieder unter die Räder nehmen, die schon 1905 befahren wurde: fünf Runden auf der Piste von knapp 136 Kilometern Länge. Der Sieger vor 100 Jahren, Léon Théry auf einem Richards-Brasier mit über elf Litern Hubraum und 96 PS, benötigte für diese Distanz mehr als sieben Stunden.#w1#

Doch Fahrzeuge, die in einem der sechs Gordon-Bennett-Cup-Rennen dabei waren, sind selten geworden. Der Großteil hat die Jahre nicht überstanden. Insgesamt fünf Autos der damaligen Zeit werden in Frankreich antreten: zwei Napier-Autos von 1903, ein Mercedes von 1903, der im gleichen Jahr auch das Rennen in Irland gewann, ein Pope-Teledo (1905) und ein Panhard Levassor Z40 (1905).

Der Ursprung des heutigen Motorsports

Doch was war der Gordon Bennett Cup, und warum ist die Bedeutung auch für den heutigen Motorsport so groß? Benannt wurde der Wettbewerb nach James Gordon Bennett. Geboren 1841 in New York, übernahm er 1872 die von seinem Vater, James Gordon Bennett Sr., gegründete Zeitung 'New York Herald'. Im Jahr 1887 ging er nach Paris, um eine europäische Ausgabe seiner Zeitung zu etablieren. Doch schon in seiner Zeit in New York trat Bennett an die Öffentlichkeit, als er begann, Korrespondenten in alle Welt zu schicken.

James Gordon Bennett war kein Autonarr. Wenn er auf Reisen war, dann doch meist in einer herkömmlichen Kutsche. Nichtsdestotrotz war er ein Gründungsmitglied des französischen Automobilklubs 'ACF', auch wenn er nie ein Auto fuhr. Er war bei keinen der sechs Rennen zugegen, die seinen Namen trugen. Und auch wenn jedes dieser Rennen überall "The Gordon Bennett Cup Race" hieß, so wurde es in seiner eigenen Zeitung 'New York Herald' einfach 'Coupe Internationale' genannt. Er selbst hatte gewollt, dass das Rennen den Namen 'Columbia Cup' trägt.

Die jährlich vergebene Trophäe zeigt einen Panhard, gesteuert vom 'Genie des Fortschritts' während die Siegesgöttin auf dem Rücksitz thront. Geschaffen wurde diese fast 17 Kilogramm schwere Trophäe vom weltbekannten Pariser Silberschmied Aucoc. Doch wie entstand dieser Cup? Der Amerikaner Alexander Winton aus Cleveland, Ohio, entwickelte seit 1897 kleine Automobile. Im Sommer 1899 schaffte er es von New York nach Cleveland zu fahren und erreichte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 28,3 km/h. Wintons Reaktion auf den Sieg Charrons beim Paris-Bordeaux-Rennen im gleichen Jahr war typisch amerikanisch: Er forderte Charron zu einem 1.000-Meilen-Rennen heraus.

Charron nahm diese Herausforderung nicht nur an, sondern er hinterlegte 20.000 Francs im Pariser Büro des 'New York Herald'. Letztendlich war Charron einer der wenigen, die Winton und seine Autos wirklich ernst nahmen. Das 'Automotor Journal' merkte dazu an: "Auch wenn dieser Wettbewerb, wenn er denn stattfinden sollte, keinen kommerziellen Wert hätte, so würde er sich doch als aufregende Veranstaltung für alle Hochgeschwindigkeitsanhänger in Frankreich, Amerika und England erweisen." Aber das Rennen fand nie statt.

Frankreich die treibende Kraft vor 100 Jahren

Nur einen Monat später veröffentlichte James Gordon Bennett sein Angebot. Mit seiner Trophäe von Aucoc und einem Regelvorschlag für die erste Austragung einer neuen Serie machte er sich auf den Weg zum 'ACF'. Das Rennen sollte für die Automobilklubs der anderen Länder ausgetragen werden. Zu dieser Zeit besaßen nur die Länder Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Belgien, Österreich, Schweiz, die USA und Italien entsprechende Institutionen.

Die Fahrzeuge, die von einem Land für das Rennen gemeldet wurden, mussten zudem vollständig aus diesem Land stammen. Vollständig heißt hier nicht nur, dass es im entsprechenden Land gebaut werden musste, sondern dass kein einziges Teil (Schrauben, Reifen, usw.) in einem anderen Land produziert werden durfte. Dazu kam noch, dass jede Nation nur drei Autos zum Rennen melden konnte. Diese Regelung war besonders für kleine Länder von Vorteil, die nur einen oder zwei wettbewerbsfähige Hersteller hatten. Sie erreichten damit quasi eine Gleichstellung gegenüber großen, erfolgreichen Staaten wie Frankreich, da dort mehr als dreißig Hersteller Fahrzeuge für das Rennen hätten melden können.

Die Auswirkungen der Rennen waren enorm. So entstand das 'British Racing Green' in jener Zeit, die Motorsporttradition von Mercedes begann, Frankreich sicherte sich die Vormachtsstellung im noch jungen Motorsport und erstmals kamen Rundstrecken zum Einsatz. Durch den Sieg 1905 hätte Frankreich auch 1906 das Cup-Rennen ausrichten sollen, doch die Franzosen hatten eigene Pläne: 1906 wurde in Le Mans der erste "Grand Prix" ausgetragen. Die Namensgebung besitzt für die großen Rennen im Motorsport noch heute Bedeutung.