• 07.04.2011 22:00

  • von Henri Pescarolo

Pescarolo-Kolumne: Was für ein Comeback!

Henri Pescarolo schreibt über seine furiose Rückkehr auf die Langstrecke: Der Sieg zum Auftakt in Le Castellet und die Angst vor dem Diesel-Schub

Liebe Leser von 'Motorsport-Total.com',

Titel-Bild zur News:

In Le Mans werde ich in diesem Jahr endlich wieder an der Boxenmauer stehen

endlich sind wir zurück auf der Rennstrecke! Ein Jahr lang habe ich gezittert und gebetet, habe gebettelt und gearbeitet, aber mein bisheriges Team war nicht zu retten. Dank meiner Freunde Jacques Nicolet und Joel Riviere habe ich nun aber mein Team zurück. Wir sind wieder da - und wie!

Dass wir gleich im ersten Rennen siegen könnten, das war ein Traum, den ich hatte. Meine gesamte Mannschaft hatte ein Jahr lang auf die Wiederauferstehung gewartet. Als es jetzt wieder losgehen konnte, waren alle topmotiviert und entschlossen. Die Arbeit dieser guten Leute zahlt sich aus.

Wir haben mit dem Sieg in Le Castellet einen endgültigen Schlussstrich unter das schlimmste Kapitel meiner Karriere als Teamchef gemacht. Wir haben sportlich einfach genau dort angesetzt, wo wir 2009 aufgehört hatten. Der Erfolg beim Comeback-Rennen mag sensationell erscheinen, war aber vielleicht gar nicht so unerwartet.

Das soll nicht hochnäsig klingen. Ich möchte das etwas erklären. 2009 hatten wir mit unserem neuen LMP1-Auto einen richtig guten Wurf gelandet. In der LMS mussten wir uns letztlich nur dem Aston Martin beugen. Hätten wir damals weniger Pech gehabt, dann wäre schon 2009 mit unserem Pescarolo 01 der Titel machbar gewesen.

Der Pescarolo war immer schon gut

Die Basis stimmte also. Als wir uns damals auf die neue Saison vorbereiteten, gingen wir mit unserem Auto noch einmal in den Windkanal. Diese Erkenntnisse von den Versuchen hatten wir jetzt noch in der Schublade und konnten sie zum Teil schon an den diesjährigen Wagen bringen.

Der dicke Judd-Motor war für uns beim Comeback die erste Wahl. Das Triebwerk kennen wir in- und auswendig, wissen genau, dass wir uns darauf verlassen können. Alles in allem stand also schon vor dem Start des LMS-Auftaktwochenendes in Le Castellet fest, dass unser Paket den Vergleich mit dem Rebellion-Lola oder dem Zytek von Quifel-ASM nicht scheuen muss.

Das Comeback hatte letztlich nur einen kleinen Makel. Nach dem Qualifying war die Bodenplatte um zwei Millimeter zu dünn. Das war ganz eindeutig unser Fehler. Zu dem Zeitpunkt, als wir Manu Collard auf die schnelle Runde schickten, hatten wir noch nicht genügend Erfahrung bezüglich des Setups gemacht. Die Fahrzeughöhe war falsch justiert.

Neue Partner, neue Farben: Unser Auto hat sich optisch ganz schön verändert Zoom

Als wir die Entscheidung der technischen Kontrolleure bekamen, war uns allen sofort klar, dass wir einen Bock geschossen hatten. Aber trotzdem war niemand niedergeschlagen. Wir haben sofort gesagt: Jetzt erst recht. Wir haben uns an Silverstone 2009 erinnert, wo wir auch schon mal von ganz hinten nach vorne gestürmt waren.

Christophe Tinseau erwischte einen guten ersten Stint. Dass er dem wilden Getümmel beim ersten Startversuch entgehen konnte, war natürlich auch etwas Glück. Da hätte ganz schnell schon alles vorbei sein können. Aber es ging gut. Nach nur 30 Minuten lagen wir sogar schon an der Spitze. Wir konnten unser Glück kaum fassen.

Erinnerungen an Silverstone 2009

Zuerst fällt ein Rebellion-Lola aus, dann der Zytek, dann auch noch der zweite Rebellion. Plötzlich kamen noch einmal die Erinnerungen an Silverstone 2009 hoch. Damals lagen wir auch plötzlich in Führung und waren von ganz hinten gekommen. Leider riss uns damals ein defektes Getriebe ganz böse aus dem Rennen. C'est la vie!

Diesmal ging alles gut. Wir haben die Momente nach der Zieldurchfahrt dermaßen genossen. Die Freude war unbeschreiblich, die Erleichterung ebenso. Es war natürlich ein Traum, dass unsere neuen Partner wie Autovision sofort einen Sieg mitfeiern durften. Die sind ganz neu im Sport, haben noch nie Sponsoring betrieben - und dann das. Perfekt.

Bald steht für uns der Le-Mans-Vortest an, die nächste LMS-Station heißt Spa-Francorchamps. Ich denke mit etwas gemischten Gefühlen daran. Erstens, weil ich gehört habe, dass Lola an einem neuen Aerokit für den Rebellion-Toyota arbeitet und wir es dadurch vielleicht bald schwerer haben. Zweitens fahren wir in Spa ohnehin nur in der zweiten Liga.


Fotos: LMS-Auftakt in Le Castellet


Der Lauf in den Ardennen zählt zum Intercontinental Le Mans Cup und ist außerdem die wichtigste Vorbereitung vor den 24 Stunden von Le Mans. Dort werden die Dieselprototypen von Audi und Peugeot wieder am Start sein, wir deswegen - nicht nur medial, sondern auch sportlich - in den Hintergrund rücken.

Wir haben vor dem Rennen in Le Castellet alle einen Blick auf den Test mit dem neuen Peugeot 908 an gleicher Stelle geworfen. Man kann nur mit dem Kopf schütteln und gleichzeitig anerkennend nicken. Der 908 ist beim Test auf der langen Geraden satte 27 km/h schneller gewesen als wir in unseren Sessions.

Es ist ganz eindeutig, dass die Diesel immer noch mindestens den gleichen Vorsprung vor allen Benzinern haben wie in den vergangenen Jahren auch. Die kleinen Eingriffe des ACO haben überhaupt keine Wirkungen gezeigt. Das wundert mich allerdings auch nicht, denn beim ACO gibt es bis heute keinen Fachmann für Diesel.

Diesel immer noch mit Vorsprung

Auch wenn Highcroft mit dem Acura in Sebring scheinbar nahe dran war: Ich bin sicher, dass der Abstand weiterhin riesig sein wird. Ich rechne in Spa-Francorchamps mindestens mit einem Vorteil von drei Sekunden pro Runde für die Diesel - eher sogar mehr. In Le Mans können daraus auch schnell mal zehn Sekunden werden.

Natürlich hat der ACO neuerdings die Chance, bei Bedarf noch einmal regulierend einzugreifen. Aber wer glaubt schon wirklich, dass Audi und Peugeot beim Vortest oder in Spa alles zeigen? Nein, denen geht es dort ganz und gar nicht um Bestzeiten, sondern nur um Abstimmungsfahrten. Für die zählt nur Le Mans, sonst nichts.

¿pbvin|64|3541||0|1pb¿Ob Aston Martin vielleicht mit dem neuen Benziner-LMP1 eine Chance hat? Das ist wirklich schwierig einzuschätzen. Das Wochenende in Le Castellet haben sie als Test genutzt. Es ist klar, dass bei denen noch nicht alles perfekt laufen kann. Aber wenn sie mal aus der Box kamen, dann waren sie langsam und unzuverlässig zugleich - keine gute Kombination.

In diesem Jahr dürfen wir uns also nur noch auf einen einzigen weiteren Sieg realistische Chancen ausrechnen. Die Rennen in Spa, Imola und Silverstone zählen zum ILMC, nur beim Finale in Estoril sind wir LMS-Leute wieder unter uns. Zwischen Rebellion, dem Zytek und uns bleibt es hoffentlich eng. Dann haben wir die Chance auf den nächsten LMS-Titel.

Zum Abschluss noch einmal meinen herzlichsten Dank an alle, die uns auch während des schwierigen vergangenen Jahres immer die Daumen gedrückt haben. Es hat sich gelohnt, wie man nun sieht. Wir hoffen auf eine tolle Zukunft. Ich freue mich so sehr, im Juni endlich wieder angreifen zu können. TV-Fachmann war nett, aber auf Dauer kein Job für mich. Dafür hängt mein Herz zu sehr an der Boxenmauer.

Viel Grüße,

Henri Pescarolo

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Qualifying 1 Sa. 09:15 Uhr
Rennen 1 Sa. 15:15 Uhr
Qualifying 2 So. 09:15 Uhr
Rennen 2 So. 15:15 Uhr

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