• 01.09.2011 09:17

  • von Roman Wittemeier

Titelkampf: Tomczyk darf auf Hilfe hoffen

Audi hat derzeit noch zwei "Spengler-Jäger" im Titelkampf - Timo Scheider würde Martin Tomczyk im Fall des Falles sogar unterstützen: "Entscheidung würde leicht fallen"

(Motorsport-Total.com) - Mit sieben Punkten Vorsprung geht Mercedes-Speerspitze Bruno Spengler in die letzten vier Saisonläufe der DTM. Ein gutes Polster, aber keineswegs ein Ruhekissen. Im vergangenen Jahr musste der Kanadier schmerzhaft erfahren, wie schnell ein solches Polster aufgebraucht sein kann. Zwei Audi-Piloten wittern noch ihre Chance. Martin Tomczyk ist der aussichtsreichste Verfolger, Timo Scheider befindet sich ebenfalls noch im Titelkampf.

Titel-Bild zur News:

Im Fall eines Falles würde Timo Scheider seinen Markenkollegen ziehen lassen

"Ich denke von Rennen zu Rennen, versuche immer das Beste aus einem Wochenende zu machen", beschreibt Tomczyk seine Herangehensweise. "Sieben Punkte Rückstand - das klingt wenig, aber in der DTM ist das sehr viel. Die Performance von Bruno Spengler ist in diesem Jahr hervorragend und sehr konstant. Es wird also ein hartes Stück Arbeit", meint der Rosenheimer, der sensationell mit einem Jahreswagen zum Titel fahren könnte.

In den vergangenen beiden Rennen büsste Tomczyk im Vergleich zu Spengler acht Punkte ein. Ein solches Szenario wäre allerdings jederzeit auch andersherum denkbar. "Ich hoffe, dass ich in Brands Hatch vor ihm ins Ziel komme. So könnte ich den Rückstand verringern. Ich möchte die Meisterschaft recht lange offen halten, um sie eventuell zum Schluss sogar für Audi zu entscheiden", sagt der 29-Jährige vor dem Rennwochenende in Großbritannien.

Auf der Zielgeraden der Saison möchte sich Scheider erst noch einmal richtig ins Geschäft bringen. Aktuell hat der zweimalige Champion satte 18 Punkte Rückstand. Zu viel? Vielleicht - aber ein Blick auf 2010 offenbar das, was alles auf dem vermeintlichen Weg zum Titel passieren kann. Damals holte ausgerechnet Timo Scheider innerhalb der letzten Rennen gewaltig auf Bruno Spengler auf: 18 Punkte an gerade einmal drei Wochenenden...

Scheider mit realistischer Einschätzung

"Man muss es aber realistisch sehen", sagt Scheider. "Die Saison ist bei mir bislang etwas schwierig gewesen, dennoch habe ich meist solide Punkte mitnehmen können. Genau das ist an jedem Wochenende mein Ziel. Auf dem Weg zu einem Titel können auch die Punkte für sechste oder siebte Plätze wichtig sein. Aber es bräuchte vorne schon ein oder zwei Ausfälle und gleichzeitig Topresultate von mir, damit ich wieder realistische Titelchancen habe."

"Aus unserem Lager hat Martin im Moment die besten Chancen. Das wird wohl auch erst einmal so bleiben", schätzt Scheider die Situation ein. Ob sich der Phoenix-Pilot auf die Unterstützung des gesamten Audi-Lagers verlassen könnte? "Der interne Wettbewerb ist sicherlich noch da. Aber ich kann meine Chancen realistisch einschätzen", drückt sich Scheider zunächst noch kryptisch aus. Aber es folgen wenig später viel deutlichere Worte.

Martin Tomczyk, Timo Scheider

Keine konkreten Absprachen nötig: Die beiden Audi-Piloten verstehen sich Zoom

Scheider würde Tomczyk bei dessen Titeljagd im Zweifel helfen - ganz eindeutig. "Sollte eine solche Situation eintreten, dann darf man sich gern mal an Jahre erinnern, wo Martin Tomczyk kollegial gehandelt und auch mir geholfen hat. Wenn ich den Martin unterstützen kann und selbst nur ein oder zwei Punkte dadurch verliere, dann kann man davon ausgehen, dass ich mir mit Sicherheit Gedanken darüber machen werde", sagt er, ohne das Wort "Stallorder" in den Mund zu nehmen.

"Wenn man sich mal Gedanken darüber macht, wer einem wann schon mal geholfen hat, dann braucht man keine Teamorder", erklärt Scheider. "Wir sind alle Profi genug. Speziell Martin und ich wissen, was wir zu welchem Zeitpunkt in diesem Team geleistet haben. Es besteht eben nicht nur aus Nehmen, sondern auch aus Geben. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, und ich etwas geben kann, damit Martin und Audi einem möglichen Titelgewinn näherrücken, dann wird mir eine Entscheidung leicht fallen."

"Es besteht eben nicht nur aus Nehmen, sondern auch aus Geben." Timo Scheider

Hat der Spengler-Wechsel Auswirkungen?

Der zweimalige Champion stellt sich also in den Dienst der Tomczyk-Sache. Gilt dies für alle anderen Audi-Piloten gleichermaßen? Scheider schüttelt unsicher mit dem Kopf: "Man muss eines ganz klar sehen: Es ist noch nicht klar, wie viele Fahrzeuge die einzelnen Hersteller 2012 einsetzen. Da gibt es vielleicht noch Druck bei Piloten, die bisher noch nicht so gut positioniert waren. Die kämpfen um jedes einzelne Ergebnis. Daraus entstehen spannende Positionskämpfe. Ich bin nicht sicher, ob jeder die gleichen Gedanken hat wie ich..."

¿pbvin|1|4024||0|1pb¿Die großen Fragen sind derzeit außerdem, welche Gedanken Titelfavorit Spengler hat und wie man nach seinem angekündigten Wechsel zu BMW im Team zu ihm steht. "Ich glaube nicht, dass dies irgendwelche Auswirkungen haben wird. Für mich persönlich wird sich im Titelkampf nichts ändern", sagt Tomczyk. "Ich halte mich aber derzeit noch etwas zurück: Solange die offizielle Bestätigung von BMW nicht da ist, fährt Bruno für Mercedes."

"Auch wenn es die Spatzen von den Dächern pfeifen: Ich halte mich auch zunächst zurück", stimmt Scheider zu. Doch beim Wahl-Österreicher hört man deutlich heraus, dass er den Spengler-Wechsel zu BMW ebenfalls als gesichert ansieht. "Welcher Hersteller dem Bruno womöglich da jetzt einen Korken in den Auspuff steckt, weiß ich nicht. Wichtig ist ohnehin nur, dass es noch vier Rennen zu fahren und wichtige Punkte zu holen gibt."