• 12.07.2013 08:34

  • von Dominik Sharaf

So klappt's auch mit Oma: Schumacher würdigt Kontroversen

Der Ex-Mercedes-Pilot erklärt im 'Motorsport-Total.com'-Interview, wieso Kontroversen wichtig sind und das Spektakel um eine Facette bereichern

(Motorsport-Total.com) - Seit Saisonbeginn ist Ralf Schumacher als Teamverantwortlicher der Mücke-Mannschaft in einer neuen Rolle in der DTM unterwegs. Den Serieneinsteigern Pascal Wehrlein und Daniel Juncadella steht er dabei mit Rat und Tat zur Seite. Dem Duo rät der 38-Jährige, im Funk Contenance zu wahren, sonst aber Klartext zu sprechen - auch in der Öffentlichkeit. Warum die politische Komponente für das Spektakel auch ein Gewinn ist, schildert Schumacher im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.

Titel-Bild zur News: Ralf Schumacher

Zwei Herzen in der Brust: Ralf Schumacher als Sportler und als PR-Stratege Zoom

Frage: "Ralf, du arbeitest als Fahrercoach bei Mücke mit Pascal Wehrlein zusammen. Er ist fast 20 Jahre jünger ist als du. Gibt es etwas, was diese Fahrergeneration von deiner unterscheidet?"
Ralf Schumacher: "Junge Leute hat es immer gegeben. Die Herangehensweise ist die gleiche und man erkennt sich selbst wieder. Es ist schön anzusehen, wie sich beide Fahrer integriert haben und ihren Job machen. Sie fahren auf Augenhöhe mit Markenkollegen, die deutlich länger dabei sind."

Frage: "Musst du die Jungs manchmal in ihrem Eifer bremsen?"
Schumacher: "Hier und da ist das mal nötig. Dass man ihnen sagt, was wichtig ist und wo die Grenzen sind, die man einhalten sollte, um nichts kaputt zu machen oder ein problemfreies Wochenende zu gewährleisten. Das sind Dinge, die die beiden noch nicht so beherrschen. Ab und zu ist es mal notwendig, aber insgesamt selten."

So politisch wie vor 20 Jahren auch

Pascal Wehrlein

Cool bleiben auch wenn es hitzig wird: Wehrlein repsektiert Mentor Schumacher Zoom

Frage: "Spürst du, dass dir junge Fahrer Respekt entgegenbringen? Bist du eine Autoritätsperson?"
Schumacher: "Ich denke schon, aber das muss man sie selbst fragen. Bis jetzt hatte ich jedenfalls noch keine Probleme damit, dass sie das umsetzen, was ich von ihnen verlangt habe."

Frage: "Wenn du auf die vergangenen 20 Jahre blickst: Hat sich der Motorsport verändert? Ist er politischer geworden?"
Schumacher: "Nein, der Motorsport war immer gleich. Ich habe es in verschiedenen Teams miterlebt. Je mehr Geld involviert ist, je mehr Druck von Herstellern, Werken und Sponsoren da ist, desto politischer ist das Thema. Und desto mehr muss man nach rechts und links schauen, sich nicht nur auf den reinen Motorsport konzentrieren. Das ist eine wichtige Aufgabe, weil der Motorsport auch noch eine andere Verantwortung hat und sich Umstrukturierungen sowie Konzerninteressen stellen muss."

Frage: "Wird in der jüngsten Vergangenheit zu viel diskutiert? Würdest du dir wünschen, dass dieses Element wieder mehr in den Hintergrund rückt?"
Schumacher: "Da schlagen zwei Seelen in meiner Brust. Als reiner Motorsportler sage ich: 'Der Motorsport ist das einzige, was mich interessiert.' Aber er lebt auch von den Zuschauern und dem Interesse von Außen. Er muss Emotionen generieren. In dem Moment, in dem man über andere Dinge diskutiert, erreicht man andere Leute, nicht nur die Fans: die Mutter, die Oma, die Kinder. Die sagen: 'Mensch, was ist da los?" Das ist eine Facette, die wir nicht vernachlässigen dürfen."

Geschrei im Funk: ein Fauxpas

Frage: "Interessiert sich die Oma dafür, wenn über Reifen diskutiert wird?"
Schumacher: "Wenn die Oma mitbekommen hat, dass dem armen Sebastian jetzt schon wieder die Reifen zerfleddert sind, dann guckt sie schonmal rein und fragt sich, was denn da los ist. Meistens stehen damit auch Boulevardthemen in Verbindung. Etwa, wenn sich zwei Fahrer ins Gehege kommen und es Geschrei gibt. Das hat mit dem Motorsport nichts zu tun, trägt aber dazu bei, dass er interessanter wird."


Fotos: DTM auf dem Lausitzring


Frage: "Was rätst du also deinen Schützlingen? In den Medien mal für einen Paukenschlag sorgen und sich positionieren?"
Schumacher: "Die beste Gelegenheit, um sich als Fahrer zu positionieren, ist die Strecke. Ich bin grundsätzlich kein Fan davon, im Funk zu schreien. Ich habe das selten gemacht - ich wüsste gar nicht, ob überhaupt, und wenn dann nur einmal oder zweimal in meiner Karriere. Das sind Dinge, die ich nicht wirklich nachvollziehen kann. Das rate ich den beiden auch. Ich habe aber kein Problem damit, hinter den Fahrern zu stehen, wenn es Emotionen gibt und das auszutragen - wenn es nötig ist, auch öffentlich. Das ist kein Problem und sollte auch so sein. Von diesen Dingen lebt der Motorsport."