Scheider-Schubser beschäftigt DTM: "Schlecht für den Sport"

Der Vorfall rund um Timo Scheider ist in der DTM-Welt in aller Munde: Enttäuschter Pascal Wehrlein hadert, Norbert Haug appelliert an Sportsgeist

(Motorsport-Total.com) - Der Vorfall um Timo Scheider in Spielberg hat für eine Menge Diskussionsstoff gesorgt. Der Audi-Pilot erhielt in der letzten Runde des Sonntagsrennens über Funk das Kommando "Timo, schieb ihn raus" von Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich. Mit einem kleinen Schubser beim Anbremsen von Kurve drei räumte Scheider schließlich die beiden Mercedes von Robert Wickens und Spitzenreiter Pascal Wehrlein ins Kiesbett.

Titel-Bild zur News: Timo Scheider, Robert Wickens, Pascal Wehrlein

Diese Aktion sollte in der DTM noch für viel Aufsehen sorgen Zoom

Im Anschluss entstand eine Posse: Ullrich wollte den Funkspruch erst nicht gegeben haben, dann räumte Audi ein, dass es doch die Worte des Sportchefs waren, die ins Cockpit von Scheider drangen. Wenige Stunden nach dem Rennen wurde der Phoenix-Pilot aus dem Rennen ausgeschlossen, doch das nimmt Mercedes nur mit einem halben Lächeln zur Kenntnis. "Das ist sicherlich konsequent und die richtige Herangehensweise, aber es hilft uns nicht so viel, weil Pascal Wehrlein im Kampf um die Meisterschaft wichtige Punkte verloren hat", seufzt Teamchef Ulrich Fritz bei 'Sky'.

Denn durch den Rammstoß verlor Wehrlein wichtige Punkte auf die in der Meisterschaft nun vor ihm liegenden Audi-Fahrer Mathias Ekström und Edoardo Mortara. "Es wurde aktiv in die Meisterschaft eingegriffen, das heißt, ich habe viele Punkte auf Mattias Ekström im Meisterschaftskampf verloren, deswegen bin ich sehr enttäuscht", erklärt der betroffene Wehrlein gegenüber 'Sky'.

Haug: Sportlichkeit wichtiger als Siege

Zuvor wurde kritisiert, dass Robert Wickens mit einem Blockademanöver Wehrlein an Scheider vorbeibrachte, um seinem Teamkollegen in der Meisterschaft zu helfen, was Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich sauer aufgestoßen war. Doch Wehrlein betont: "Ich kann nur sagen, dass mein Überholmanöver fair war. Ich habe ihn überholt, ohne ihn zu berühren. Alles, was dann hinterher passiert ist, entspricht überhaupt keiner Fairness."


Fotostrecke: Spielberg 2015: Die "Schieb-ihn-raus"-Affäre

"Wenn man die Live-Bilder im Fernsehen anschaut, dann ist der Funkspruch schon deutlich gefallen, bevor der Unfall passierte, von daher muss sich jeder sein eigenes Bild machen", zweifelt auch Mercedes-Teamchef Fritz die Fairness bei Audi an. Und auch der ehemalige Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug prangert gegenüber 'SID' die Vorgehensweise seiner einstigen Rivalen an: "Das ist schlecht für unseren Sport. Ein Rennergebnis wurde verfälscht - ein Vorgang, der am Saisonende womöglich das Endergebnis beeinflussen kann."

Und Haug legt nach und appelliert an den Sportsgeist der Teilnehmer in der DTM: "Es gibt im Sport viel Wichtigeres als Pokale, Trophäen, Siege und gewonnene Meisterschaften. Nämlich Stil, Respekt vor dem Gegner, Ehrlichkeit, Sportlichkeit und auch Mut und Kraft, zweiter Sieger werden zu können."

Wehrlein will angreifen - aber fair

Auch der Deutsche Motor Sport Bund DMSB hat sich in den Vorfall eingeschaltet und möchte die Vorkommnisse untersuchen. Aufgrund einer "möglichen unsportlichen Anweisung per Funk" wird sich Audi demnächst vor dem Sportgericht des DMSB erklären müssen. DMSB-Präsident Hans-Joachim Stuck wollte sich auf Anfrage von 'Motorsport-Total.com' nicht zu dem Vorfall äußern: "Das Verfahren ist schwebend. Es gibt ein Sportgerichtsverfahren, und dem darf ich nicht vorgreifen", meint "Strietzel".

Doch egal, was bei der Anhörung herauskommt: Es bringt Pascal Wehrlein die verlorenen Punkte nicht zurück. Der Deutsche hat den Rückschlag geschluckt und will demnächst wieder angreifen: "Volle Attacke, aber auf fairer Basis", betont er. "Ich möchte niemandem drohen und ich möchte nicht mit solchen Situationen für Furore sorgen, so wie es Audi jetzt gemacht hat. Ich möchte einfach fair auf der Strecke gewinnen und Erfolge einfahren."

Anm. d. Red.: In einer ersten Version dieses Artikels wurde behauptet, Pascal Wehrlein habe die Meisterschaftsführung durch den Dreher verloren. Das wäre jedoch auch der Fall gewesen, wenn er auf Platz sechs ins Ziel gekommen wäre. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.