Pirelli will weiter Mindestdruck in DTM: "Wissen, dass wer Grenze überschreitet"

Warum Pirelli gerade vor Zandvoort auf den Mindestreifendruck drängt, wovor man Angst hat und wieso die Italiener trotz Oschersleben den Teams nicht vertrauen

(Motorsport-Total.com) - Die Zielvorgabe war klar: Spätestens vor dem zweiten Saisonwochenende, das von 23. bis 25. Juni in Zandvoort über die Bühne geht, wollte Pirelli den Minimum-Reifendruck in der DTM einführen. Denn im Vorjahr gab es auf dem Dünenkurs im ADAC GT Masters Reifenschäden, die die Italiener unbedingt verhindern wollen.

Titel-Bild zur News: Dennis Olsen

Nach dem Stopp müssen die kalten Reifen rasch auf Temperatur gebracht werden Zoom

"Alle Strecken im Kalender haben unterschiedliche Herausforderungen, aber am bedeutendsten sind Zandvoort und Sachsenring", bestätigt Pirellis Reifenchef Matteo Braga im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Dort gibt es schnelle Kurven, es ist winkelig - und in Zandvoort haben wir auch noch die überhöhte Kurve."

Die zahlreichen Teams, die heute eine der wenigen Testgelegenheiten auf dem Dünenkurs nutzen, wissen aber noch immer nicht, ob die Regelung in eineinhalb Wochen kommt oder nicht. Wie schon vor dem Saisonauftakt, als Pirelli ebenfalls auf eine Einführung drängte, hat das damit zu tun, dass eine faire Überwachung alles andere als einfach ist.

Pirelli über Mindestdruck ab Zandvoort: "Ich hoffe es"

Auf die Frage, ob man davon ausgehen könne, dass ein Minimum-Reifendruck in Zandvoort eingeführt wird, antwortet Braga: "Wenn wir ein System finden, das funktioniert und das auch zuverlässig ist, dann denke ich schon. Ich hoffe es."

Das soll dann aber nicht nur für die zwei heikelsten Strecken im Kalender gelten, sondern überall. "Für die Teams ist es viel besser, wenn sie immer mit den gleichen Regeln arbeiten als wenn sich diese von Rennen zu Rennen ändern", argumentiert Braga. "Denn am Ende ist das Teil des Lernprozesses für Ingenieure, Teams und Fahrer."

Warum die Teams die Grenzen überschreiten

Aber warum vertraut man den Teams nach dem Auftakt in Oschersleben, wo es keinerlei Reifenschäden gab, nicht einfach? "Immer dann, wenn wir ein Produkt zur Verfügung stellen, dann stellen wir sicher, dass es nach unseren technischen Parametern eingesetzt wird", erklärt Braga. "In diesem Fall haben wir speziell nach dem Stopp durch die kalten Reifen Bedingungen, bei denen diese Parameter nicht eingehalten werden."

Eine Anspielung darauf, dass die Teams über einen möglichst niedrigen Luftdruck versuchen, den in der DTM nicht vorgeheizten Reifen auf Temperatur zu bringen. "Alle können tun, was sie wollen. Und wir wissen, dass jemand die Grenzen überschreitet, wenn wir den Freiraum lassen."

Meistens habe man "mit einem niedrigeren Druck eine bessere Performance. Dadurch ist die Auflagefläche größer", erklärt Braga.

Pirelli: Mindestreifendruck auch sportlich fairer

Es handle sich aber um ein Sicherheitsrisiko, das Pirelli vermeiden will. "Wenn die Bedingungen dafür sorgen, dass die Last zu hoch ist und es zu lang dauert, bis der stabile Reifendruck erreicht wird, dann ist der Reifen in diesem Zeitraum überlastet. Dafür ist er nicht gebaut. Wie jede Konstruktion kann er dann kollabieren."

Matteo Braga

Pirellis Rennsport-Manager Matteo Braga hält einen Mindestdruck für fairer Zoom

Dennoch fragen sich viele im DTM-Fahrerlager, warum ein Minimum-Reifendruck zum Beispiel bei den Michelin-Reifen in den vergangenen zwei Jahren nicht notwendig war. "Ich weiß nicht, warum sie das nicht eingeführt haben, aber ich will nicht über sie sprechen", sagt Braga, der sich - sollte eine faire Überwachung möglich sein - allein aus Sicherheitsgründen klar für eine Einführung ausspricht.

Zudem verspricht er sich davon einen ausgeglicheneren Wettbewerb. "Denn wenn jemand ständig über das Limit geht und dabei einfach nur Glück hat, dann hat er einen Vorteil gegenüber den anderen", meint Braga. Die Teams sind hingegen anderer Meinung, da die in den Boliden verbauten Sensoren unterschiedliche Messtoleranzen aufweisen.

Wann wird der Reifendruck gemessen?

Wie weit ist man also, was die Überwachung der Luftdrücke angeht? "Wir schauen uns nach wie vor verschiedene Zeitpunkte an", sagt Braga. Und verweist auf den Test in Spielberg Mitte April, bei dem man eine eigenen Testsession für Messungen genutzt hat.

"Wir haben uns den Druck in der Box, beim Boxenausgang, nach einer Runde, beim Boxeneinfang und im Parc Ferme angeschaut. Jetzt versuchen wir herauszufinden, welcher Zeitpunkt nicht nur am zuverlässigsten ist, sondern auch gleiche Chancen für die Marken bietet."

Welcher Weg ihm am liebsten wäre? "Wenn wir den Reifen selbst aufpumpen und dann versiegeln. Das wäre am effizientesten", antwortet er mit Augenzwinkern.

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