Jarvis: "Work hard, play hard!"
Oliver Jarvis im Exklusivinterview über seine Ziele im Neuwagen, seinen andauernden Lernprozess und die richtige Mischung aus Arbeit und Entspannung
(Motorsport-Total.com) - Zwei Jahre lang hat er darauf hingearbeitet, jetzt hat Oliver Jarvis sein erstes großes Ziel erreicht: 2010 darf der junge Brite in der DTM in einem aktuellen Audi auf Punktejagd gehen. Damit wurde er für seine Leistungen in der vergangenen Saison belohnt, in der er unter anderem auf das Podium fahren und als erster Jahreswagenfahrer überhaupt eine Pole-Position holen konnte.

© Rolf Scholl
Oliver Jarvis will sich 2010 in einem Neuwagen von Audi beweisen
Im Exklusivinterview mit 'Motorsport-Total.com' berichtet Jarvis, was er bisher in der DTM gelernt hat und erläutert, warum für ihn auch 2010 ein Lernjahr wird. Er spricht über seine Ziele für die kommende Saison, erklärt, warum seine Philosophie "work hard, play hard" lautet, spricht über seine ersten Erkenntnisse im Neuwagen, DTM-Rennen in Schanghai und seine weiteren Ambitionen in Sachen Sportprototyp:#w1#
Frage: "Oliver, Gratulation zum Aufstieg in den Neuwagen. Was waren deine ersten Gedanken und Gefühle, als du es erfahren hast?"
Oliver Jarvis: "Ich war einfach nur glücklich. Ich habe in den vergangenen beiden Jahren hart gearbeitet und mich sehr bemüht. Als ich erfahren habe, dass ich den Neuwagen bekomme, wusste ich, dass sich die ganze Arbeit gelohnt hatte. Es tut mir ein bisschen leid, dass ich mich vom Phoenix-Team verabschieden muss, aber ich freue mich sehr, dass ich die Chance bekomme, in einem neuen Auto zu fahren und hoffentlich mit um den Titel zu kämpfen."
Frage: "Du kennst die Leute in deinem neuen Team natürlich schon länger, aber hast du schon begonnen, mit ihnen zusammenzuarbeiten?"
Jarvis: "Ja, ich war ein paar Mal bei Abt, um die Mechaniker und Ingenieure zu treffen. Wir haben schon angefangen, zusammenzuarbeiten. Ich kenne sie vom vergangenen Jahr, aber jetzt ist es wichtig, auch in der gemeinsamen Arbeit eine Beziehung zueinander aufzubauen, damit wir gegenseitiges Verständnis entwickeln. Wir haben damit bereits im Januar begonnen und ich werde weiter bei Abt sein, um Daten durchzugehen und die Zusammenarbeit fortzusetzen."
Frage: "Was hast du in deinen ersten beiden Jahren in der DTM gelernt?"
Jarvis: "Ich habe sehr viel gelernt. Ich muss sagen: Natürlich weiß man, wie hoch das Niveau ist, wenn man in die DTM kommt. Aber bevor man nicht wirklich im Auto sitzt, ist einem nicht klar, wie viel man lernen muss. Das Format des Rennwochenendes ist ziemlich einmalig. Aber ich glaube, dass ich in den Rennen selbst am meisten gelernt habe. Da ich aus dem Formelsport kam, musste ich mich erst daran gewöhnen, in einem Auto mit geschlossenem Cockpit zu fahren. Außerdem musste ich lernen, wie man die Boxenstopps optimal nutzt, mit schnellen In- und Outlaps. Das ist etwas, was ich in der Formel 3 nie gemacht hatte. Es war ein intensiver Lernprozess und ich werde auch in diesem Jahr weiterlernen. Und ich werde mich hoffentlich weiter verbessern."
Frage: "Gibt es spezielle Bereiche, in denen du dich besonders verbessern willst?"
Jarvis: "Ich denke, das muss ich in jedem Bereich tun. Ich steige auf, ich habe viele harte Gegner. Allein im Audi-Team von Abt fahren drei fantastische Piloten, dazu kommen die Mercedes-Fahrer. Deshalb muss ich mich überall steigern, wenn ich konkurrenzfähig sein möchte.Ich werde hart arbeiten und mein Bestes geben."
Frage: "Was wird sich nun als Neuwagenpilot an deiner Arbeit ändern - jetzt in der Vorbereitung und dann auch an den Rennwochenenden?"
Jarvis: "Die Vorbereitung im Winter wird recht ähnlich sein wie bisher, außer, dass ich ein bisschen mehr Zeit mit dem Team verbringen werde. Es ist für mich ein neues Team, da ist es wichtig zu lernen, wie alle arbeiten. Aber abgesehen davon werde ich die Saison genauso angehen wie bisher. Zum Glück kann ich ein bisschen mehr testen als im Jahreswagen. Und dann muss ich natürlich herausfinden, was die Unterschiede zwischen dem neuen Auto und dem Auto, das ich im vergangenen Jahr gefahren bin, sind."
Die Teamkollegen als Lehrmeister

© xpb.cc
Jarvis und Ekström: Gemeinsam auf dem Podium und auf dem Tennisplatz Zoom
Frage: "Du hast die anderen drei Fahrer bei Abt schon erwähnt - sie sind natürlich Gegner, aber auch Teamkollegen. Wie wird die Zusammenarbeit mit ihnen aussehen?"
Jarvis: "Ich hoffe gut. Bisher kommen wir alle bestens miteinander aus. Mattias wohnt ganz bei mir in der Nähe und wir verstehen uns sehr gut. Wir spielen hin und wieder Tennis zusammen. Auch mit Timo und Martin komme ich bestens aus. Sie wohnen zwar ein bisschen weiter weg, aber ich hoffe, dass wir gut zusammenarbeiten und Audi helfen werden, erneut den Titel zu gewinnen."
Frage: "Was kannst du von deinen neuen Teamkollegen lernen?"
Jarvis: "Es gibt einiges, was ich von ihnen lernen kann. Timo und Eki haben zusammen vier Titel geholt und Martin fährt schon länger für Abt als ich Autorennen bestreite. Sie haben unheimlich viel Erfahrung darin, mit dem Druck umzugehen, Rennen in der DTM zu gewinnen und natürlich auch, Meisterschaften zu gewinnen. Ich werde sie also genau beobachten und versuchen, das ganze Jahr über von ihnen zu lernen."
Frage: "Zudem ist das Team auch als eine Mannschaft bekannt, die gern mal feiert... Wirst du dich auch deshalb dort wohlfühlen?"
Jarvis: "Ja, ich verstehe mich schon jetzt mit den meisten Teammitgliedern sehr gut. Ich mag die Art, wie sie arbeiten. Ich glaube, dass es im Rennsport wichtig ist, auch einmal zu entspannen, denn die Jungs arbeiten wirklich hart. Wir haben in England ein Sprichwort: 'Work hard, play hard'. Ich mag diese Philosophie, sie funktioniert bei mir gut. Es ist wichtig, zwischendurch einmal abzuschalten und auch zu feiern."

© xpb.cc
In Zandvoort holte Jarvis als erster Jahreswagenfahrer die Pole-Position Zoom
Frage: "In dieser Saison soll es am Freitag wieder ein Training geben. Kommt dir das entgegen, vor allem, weil du jetzt in einem neuen Auto und einem neuen Team fährst?"
Jarvis: "Ich hatte kein Problem damit, dass wir in der vergangenen Saison keinen Freitag hatten. Aber ich begrüße es. So habe ich ein bisschen mehr Zeit, um mich mit den Ingenieuren zusammenzusetzen und Dinge durchzuarbeiten. Vor allem, wenn man ein Problem hat und nicht auf Anhieb zur einer vernünftigen Pace findet, hat man nun Freitagabend und -nacht die Zeit, zu analysieren, warum man nicht schnell ist oder wo das Problem liegen könnte."
Frage: "Bist du schon mit dem neuen Auto gefahren? Kannst du schon etwas über Unterschiede zu deinem bisherigen Auto sagen?"
Jarvis: "Ich bin einen Zweitagestest damit gefahren. Aber es ist schwierig, etwas über Unterschiede zu sagen, weil ich auf dieser Strecke nie zuvor gefahren war. Doch ich hatte das Gefühl, dass das Auto am Heck ein bisschen stabiler ist und hinten etwas mehr Traktion hat. Und insgesamt natürlich mehr Downforce."
Gespannt auf Schanghai
Frage: "Für dieses Jahr ist geplant, das Saisonfinale in Schanghai auszutragen. Was sagst du dazu?"
Jarvis: "Das ist eine interessante Frage. Natürlich ist es schade, wenn die Saison nicht in Hockenheim zu Ende geht. Denn in den vergangenen beiden Jahren, in denen ich DTM gefahren bin, haben wir dort jeweils ein unglaublich tolles Finale erlebt, mit vielen Fans und Zuschauern. Auf der einen Seite finde ich es also schade, wenn das Finale nicht in Hockenheim ausgetragen wird. Doch auf der anderen Seite ist es toll, eine neue Strecke und einen neuen Veranstaltungsort zu bekommen, vor allem in China. Wir müssen das Positive sehen: Damit werden neue Märkte erschlossen und es ist eine tolle Möglichkeit, die DTM weltweit zu etablieren. Ich selbst fahre gern in verschiedenen Ländern und auf verschiedenen Strecken, also freue ich mich darauf."
Frage: "Im November bist du in einem Audi in der Asian-Le-Mans-Series gefahren. Planst du weitere Einsätze im Prototyp?"
Jarvis: "Ich denke, dass Audi möchte, dass ich mich in diesem Jahr vor allem auf die DTM konzentriere, speziell, weil ich die Möglichkeit habe, einen Neuwagen zu fahren. Mich selbst würde es weiterhin natürlich reizen, wieder Prototypen zu fahren. Vielleicht bekomme ich in diesem Jahr einen Einsatz, aber für die Zukunft wären Prototypen für mich durchaus eine Option - neben der DTM, nicht statt der DTM!"
Frage: "Nehmen wir an, wir hätten bereits Ende Oktober. Welche Schlagzeile würdest du gern über dich lesen?"
Jarvis: "Ich würde gern lesen: 'Jarvis überrascht'. Ich würde in diesem Jahr gern für ein paar Überraschungen sorgen. Bei Audi fahren etablierte Piloten und wenn ich Siege und Podestplätze holen und vielleicht sogar mit um den Titel kämpfen könnte, wäre es ein großartiges Jahr. Ich muss realistisch bleiben, ich weiß, dass es ein hartes Jahr wird. Doch ich würde die etablierteren Fahrer gern das eine oder andere Mal überraschen."

