• 28.10.2008 13:45

  • von Britta Weddige

Der große DTM-Saisonrückblick: Teil 1

Elf Rennen in sechs Ländern, ein spannender Titelkampf bis zum Finale und der große Triumph von Timo Scheider - Wir lassen die Saison 2008 Revue passieren

(Motorsport-Total.com) - Mit einem fulminanten Finale in Hockenheim ist die DTM-Saison 2008 zu Ende gegangen. Es war das Jahr des Timo Scheider. Es war aber auch das Jahr, in dem der Stern von Paul Di Resta endgültig aufgegangen ist - und das Debütjahr von Ralf Schumacher. 2008 war eine Saison, in der Mercedes zunächst schon vom neuen Audi A4 geschlagen schien und sich dann erfolgreich zurückgekämpft hat. Die Dominanz der Neuwagen, der Durchbruch eines "Spätzünders", aufstrebende Jungstars und gescheiterte Titelkandidaten - all das hat die Saison geprägt, auf die 'Motorsport-Total.com' nun zurückblickt.

Titel-Bild zur News:

Hockenheim war auch 2008 Schauplatz von Auftakt und Saisonfinale

Der erste Teil des Rückblicks reicht von Hockenheim bis Mugello, vom Audi-Dreifachtriumph beim Auftakt über Scheiders lang ersehnten ersten Sieg in Oschersleben bis zum erfolgreichen Mercedes-Konter in der Toskana. Schon in diesen drei ersten Rennen zeigte sich die Tendenz, wer in dieser Saison am Ende um den Titel kämpfen wird.#w1#

Hockenheim: Audi-Dreifachtriumph zum Auftakt

Die Saison begann am 13. April mit einem Ingolstädter Paukenschlag in Hockenheim. Audi trat erstmals mit dem ganz neuen Audi A4 DTM an - und holte bei der Jungfernfahrt gleich einen Dreifachsieg. Mattias Ekström wiederholte seinen Vorjahressieg, Timo Scheider holte mit Platz zwei sein bis dahin bestes DTM-Ergebnis, Tom Kristensen fuhr als Dritter ebenfalls aufs Podest. Bester Mercedes-Pilot war in Hockenheim Bruno Spengler auf Rang vier. Der Kanadier konnte sich bis ins Ziel gegen den von hinten angreifenden Martin Tomczyk wehren und verhinderte so einen Vierfachtriumph des neuen A4. Tomczyk wurde Fünfter vor dem Mercedes-Trio Jamie Green, Gary Paffett und Bernd Schneider. Paffett war damit bester Jahreswagen-Pilot und Rekordmeister Schneider konnte als Achter wenigstens noch einen Punkt holen. Promi-Debütant Ralf Schumacher hatte bis auf einen Rempler mit Christijan Albers ein Rennen ohne Zwischenfälle und kam als 14. ins Ziel.

Tom Kristensen, Mattias Ekström und Timo Scheider

Tom Kristensen, Mattias Ekström und Timo Scheider beim Saisonauftakt Zoom

"Es ist ein toller Start in die Saison", erklärte Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich nach dem Hockenheim-Rennen. "Ich freue mich besonders für die Mannschaft, denn die hat es sich wirklich verdient, denn die vergangenen Wochen waren schon sehr intensiv." Sieger Ekström bezeichnete seinen neuen Dienstwagen danach als "Kanone".

Der Schwede hatte sich nicht einmal zwei Wochen vor dem Saisonauftakt bei einem Testunfall eine Gehirnerschütterung zugezogen. Zwischenzeitlich war sogar unklar, ob er beim Auftakt überhaupt antreten kann. Doch dann erlebte der Titelverteidiger ein Wochenende nach Maß. "Man wünscht sich immer einen guten Start in die Saison", bilanzierte Ekström damals. "Ich habe zehn Punkte und darüber bin ich sehr froh. Audi hat einen Dreifachsieg geholt, das ist klasse. Es ist einfach wunderbar, dass wir die Saison so beginnen konnten." Allerdings musste er sich schon bei diesem Rennen gegen Scheider erwehren - wenig später konnte Scheider seinen schwedischen Teamkollegen überflügeln.


Fotos: Rennwochenende in Hockenheim


Audi-Youngster Oliver Jarvis gehörte zu jenen Piloten, die beim Saisonauftakt ebenfalls auf sich aufmerksam machten. Der junge Brite hatte sich Startplatz acht geholt und konnte sich beim Start auf Rang sechs verbessern. Dann wurde er allerdings nach hinten gereicht. In seinem ersten DTM-Rennen fehlte ihm einfach noch die Erfahrung, sich gegen die routinierten Kollegen zu wehren.

Bei Mercedes herrschte nach dem Saisonauftakt jedoch erst einmal Katerstimmung. "Wir haben heute ohne Podiumsplatz eine kleine kalte Dusche bekommen, aber kaltes Wasser hält alle im Team hellwach", bilanzierte Motorsportchef Norbert Haug damals. Dabei wäre ein Podiumsplatz durchaus drin gewesen, denn Di Resta hätte den zweiten oder dritten Platz holen können, wenn nicht beim Boxenstopp seine Kupplung geklemmt hätte. Diese verlorenen Punkte waren die ganze Saison über immer wieder ein Thema in Di Restas Titelkampf - und haben vielleicht am Ende sogar verhindert, dass er Meister wird. Unabhängig von Di Restas Leistung blieb nach dem Saisonauftakt der Eindruck, dass Audi einfach schneller ist als die Stuttgarter.

Oschersleben: Scheiders erster Sieg

Nur eine Woche später schlug am 20. April in Oschersleben die große Stunde von Timo Scheider: In seinem 76. DTM-Rennen holte der Audi-Pilot seinen lang ersehnten ersten Sieg. Er hatte das Rennen von der Pole Position weg bis ins Ziel im Griff und ließ seinen Konkurrenten keine Chance, ihm den Erfolg streitig zu machen. "Das war wirklich überfällig, es ist ein geiler Tag, danke an alle, die an mich geglaubt haben - es ist so geil! Unglaublich", jubelte Scheider, sprang auf das Dach seines A4 und legte einen Freudentanz hin.

Timo Scheider

Daumen hoch: Timo Scheider nach seinem ersten DTM-Sieg Zoom

Mit diesem Sieg übernahm Scheider auch die Führung in der Gesamtwertung - er sollte sie bis zum Finale in Hockenheim nicht mehr abgeben. Und in Oschersleben durfte Scheider auch beginnen, vom Titelgewinn zu Träumen: "Ich hoffe es. Ich werde alles dransetzen", gab er zu Protokoll. "Die ersten zwei Wochenenden waren fast perfekt für mich. Wenn es so weitergeht, möchte ich meine Augen nie wieder aufmachen und nicht zum Träumen aufhören!"

Auf Platz zwei folgte mit Martin Tomczyk ebenfalls ein Audi-Mann. Die Mercedes-Piloten konnten nach der kalten Dusche in Hockenheim jedoch aufholen: Bruno Spengler kam als Dritter noch auf das Podest, dahinter folgten seine HWA-Kollegen Paul di Resta und Jamie Green. Markus Winkelhock fuhr im Audi-Jahreswagen ein taktisch kluges Rennen und holte sich als Sechster seine ersten DTM-Punkte. Mike Rockenfeller und Mattias Ekström belegten die Plätze sieben und acht. Ekström musste sich mit einem im Startgetümmel ramponierten Auto durchs Rennen kämpfen. Ralf Schumacher kam auf einen guten zehnten Platz. Tom Kristensen war der tragische Held, zuerst bekam er eine Durchfahrtsstrafe wegen Frühstarts, dann gab es Probleme in der Box und schließlich beendete eine Kollision das Rennen des Dänen, der auf Platz zwei gestanden hatte.


Fotos: Rennwochenende in Oschersleben


Auch Rekordchampion Bernd Schneider fuhr in Oschersleben zu früh los und kassierte eine Durchfahrtsstrafe, die ihn zurück ans Ende des Feldes warf. "Ich wollte auch unbedingt einen guten Start haben - ohne einen Frühstart zu machen. Aber ich habe direkt gemerkt, dass ich zu früh war, weil die anderen noch standen. War blöd - saublöd gelaufen", berichtete Schneider, der nur Zwölfter wurde und damit nach zwei Rennen gerade einmal einen Punkt auf seinem Konto hatte. "Die ersten beiden Rennen sind nicht so gelaufen, deshalb muss ich in den nächsten Rennen alles nachholen", übte er sich in Galgenhumor: "In Mugello werde ich Erster, Zweiter und Dritter. Dann habe ich alles wieder aufgeholt."

Mugello: Mercedes schlägt zurück

Jamie Green

Jamie Green holte in Mugello den dritten Sieg seiner DTM-Karriere Zoom

Im italienischen Mugello gab es am 4. Mai zwar keinen Dreifachsieg von Bernd Schneider, aber einen Doppelsieg von Mercedes. Jamie Green und Paul Di Resta sorgten dafür, dass die Stuttgarter die Audi-Dominanz beenden konnten. Green stürmte vom Start weg zu seinem dritten DTM-Sieg, di Resta wurde Zweiter vor Tom Kristensen, dem besten Audi-Piloten.

"Die ersten zwei Rennen waren schwierig für mich. Umso schöner ist es, nach Mugello zu kommen und zu gewinnen", gab Green nach seinem Sieg erleichtert zu Protokoll. "Es war aber kein einfacher Sieg, denn Paul hat speziell im Mittelstint Druck gemacht. Ich habe aber alles gut kontrolliert, finde ich." Auch Di Resta jubelte: "Mercedes und ich haben ein gutes Resultat gebraucht", meinte er. "Es war überfällig, dass ich dieses Jahr auf das Podium komme, aber heute hatten wir eindeutig den Speed."


Fotos: Rennwochenende in Mugello


Nach diesem dritten Rennen zeigte sich schon eine erste Tendenz im Mercedes-Lager. Green und Di Resta lösten allmählich Bruno Spengler und Bernd Schneider als Speerspitzen bei den Stuttgartern ab. Die Frage war damals allerdings, ob sie mit ihrem Doppelsieg Mercedes auch wieder ins Titelrennen bringen konnten. "Das ist jetzt immer noch nicht ganz klar, aber wir sind mit diesem Sieg vor dem Plan, weil wir natürlich noch einiges nacharbeiten müssen", sagte Norbert Haug damals in der Toskana. "Es war - darauf lege ich Wert - ein verdienter Sieg, nicht irgendwie durch äußere Einflüsse. Das tut gut."

Mercedes-Altstar Schneider holte in Mugello den vierten Rang. Damit sammelte der Routinier fünf weitere Punkte für sein Konto. Audi-Rookie Oliver Jarvis wurde für seine guten Leistungen richtig belohnt und holte als Fünfter seine ersten DTM-Punkte. Er war gleichzeitig bester Jahreswagen-Pilot in Mugello. Mattias Ekström belegte Rang sechs vor Markus Winkelhock, der letzte Punkt ging an den Achten Alexandre Prémat. Den Zuschauern wurde wieder einmal ein Leckerbissen geboten: Eine spannende Startphase, Gedränge in der Box und heiße Duelle auf der Strecke prägten das Mugello-Rennen.

Timo Scheider

Timo Scheider verschenkte sein Rennen in Mugello schon am Start Zoom

Auf der Pole stand Timo Scheider, doch der erlebte in Mugello einen seiner Saisontiefpunkte: Er leistete sich einen Frühstart. Der Audi-Pilot fiel zurück und startete mit einer schnellsten Rundenzeit nach der anderen eine Aufholjagd quer durchs Feld. Am Ende wurde er Zehnter. Mit 18 Punkten war Scheider aber weiter Tabellenführer, neuer Zweiter war Green mit 17 Zählern. "Shit happens", ärgerte sich Schneider über den Frühstart, den er voll auf seine Kappe nahm. "Aber ich bin immer noch Tabellenführer, das ist das Wichtigste von dem ganzen Wochenende und das nehme ich mit zum Lausitzring. Wir hatten hier die Pole Position und waren im Rennen sensationell schnell unterwegs. Von daher dürfen wir den Kopf nicht hängen lassen, müssen nach vorn schauen. Da bin ich ganz optimistisch."

Am Lausitzring schaffte es Scheider tatsächlich wieder aufs Podium. Doch der Sieg ging dort an Mercedes-Jungstar Paul Di Resta. Mehr dazu lesen Sie morgen im zweiten Teil des großen Saisonrückblicks.