ADAC über Sim-Racer-Schicksal: "Können ihm versprochene Saison nicht geben"

Wieso man es beim ADAC gewagt findet, dass die ITR E-Sport-Champion Kevin Siggy eine DTM-Trophy-Saison versprochen hat, ihn aber nicht im Regen stehenlassen will

(Motorsport-Total.com) - Der hochkarätige slowenische Sim-Racer Kevin Siggy gewann 2022 die DTM-Esports-Championship und dann auch noch ein reales Shootout auf dem Red-Bull-Ring gegen seine vier stärksten Rivalen. Als Belohnung wurde ihm von der damaligen DTM-Dachorganisation ITR eine komplette Saison in der mit GT4-Boliden ausgetragenen DTM-Trophy versprochen - die dann aber im Zuge der ADAC-Übernahme der DTM aufgelöst wurde.

Titel-Bild zur News: GT4 Germany

Sim-Racer Kevin Siggy erhält vom ADAC keinen Startplatz in der GT4 Germany Zoom

Jetzt steht Siggy mit leeren Händen da. Aber wie reagiert nun der ADAC auf das Schicksal des 24-Jährigen, der bei seinen Bemühungen um eine Rennlizenz, die für den Start in der DTM-Trophy nötig gewesen wäre, auch noch Geld ausgegeben hat?

"Mir tut der Junge Leid", sagt ADAC-Motorsportchef Thomas Voss im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Ich kenne ihn persönlich überhaupt nicht, er hat sich bei uns auch nicht zu diesem Thema gemeldet. Ich weiß auch nicht, ob er sich bei der ITR gemeldet hat."

"Werden mit Sicherheit etwas für ihn finden"

Obwohl rein faktisch die ITR und ihr Geschäftsführer Benedict Böhme zuständig wäre, will Voss den in den Niederlanden lebenden E-Racer nicht im Regen stehen lassen. "Wenn er sich bei uns meldet, dann werden wir mit Sicherheit etwas finden, mit dem wir ihm etwas Gutes tun können. Aber die versprochene Saison können wir ihm leider nicht geben."

Theoretisch wäre es möglich, den Youngster in der GT4 Germany einzusetzen, die mit den gleichen Fahrzeugen ausgetragen wird. Für Voss ist die Angelegenheit aber nicht ganz unproblematisch. "Ich persönlich - und das hat jetzt nichts mit dieser ITR-Geschichte zu tun - finde es mutig, so eine Saison zu versprechen", sagt er.

Voss erinnert an tödlichen Unfall auf der Nordschleife

"Ich kann mich dunkel erinnern - und das ist noch gar nicht so lange her, aber der eine oder andere scheint es vergessen zu haben -, dass es ein Sim-Racer war, der am Nürburgring mal abgeflogen ist", verweist er auf den VLN-Unfall des Briten Jann Mardenborough, der 2015 mit einem Nissan GT-R in den Zuschauerbereich flog, wodurch ein Fan getötet wurde. Der Brite hatte sich 2011 beim Sim-Racer-Casting GT-Academy durchgesetzt.

"Alle haben damals über Sim-Racing geschimpft - und wie kann ich denn Sim-Racer auf so ein GT3-Auto lassen. Und der fährt dann in die Zuschauer und richtet Schaden an", blickt Voss zurück. Beim ADAC ist man diesbezüglich vorsichtig. "Wir haben auch eine eigene GT-Masters-Esports-Championship und haben den Sieger immer nur Testfahrten machen lassen."

"Reden hier über ein GT4-Auto mit fast 500 PS"

Damit wolle Voss die Fähigkeiten von E-Sportlern in realen Boliden nicht schmälern. "Es gibt ja genügend tolle Beispiele, ob ein Laurin Heinrich oder ein Tim Heinemann, die es wirklich ins reale Auto geschafft haben", sagt er. "Aber jemandem, den ich gar nicht kenne und wo ich noch nicht weiß, wie er das wirklich kann, so etwas vor der Saison zu versprechen, halte ich persönlich für schwierig. Das würde ich innerhalb des ADAC nie machen "

Die Tatsache, dass Siggy zumindest beim Shootout auf dem Red-Bull-Ring einen Tag lang mit dem BMW M4 GT4 und dem Boliden aus dem BMW-M2-Cup unterwegs war, lässt Voss nur bedingt gelten. "Man muss sich im Klaren sein: Wir reden hier über ein GT4-Auto mit fast 500 PS. Und über Situationen, die im Sim-Racing anders stressen", holt er aus.

"Ich sag nur: Fahrerfeld um dich rum, echtes Kiesbett, echte Mauer - das tut etwas anders weh als wenn du im E-Sport einfach nur auf den Reset-Knopf drückst und dich wieder auf Start stellst", argumentiert er. "Auch psychisch ist das eine ganz andere Belastung im Rennauto. Und ob einer das wirklich kann oder nicht kann, das kann ich nicht sagen, wenn der 'nur' Sim-Racer ist. Auch wenn er sicher tolle Bewegungsabläufe hat."