• 18.08.2008 11:04

Risiken und Nebenwirkungen eines V8

Ein Sound, der süchtig macht: Vor der Droge SL 63 AMG schützen - wenn überhaupt - sein Preis oder kleine Schönheitsfehler

(Motorsport-Total.com/autogericke.de) - Erhältlich ist er rezeptfrei für 145.240 Euro beim Mercedes-Händler, zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie folgenden Fahrbericht. In einer Zeit, da wir uns fragen, für welche Klangkulisse wohl in Zukunft Elektromotoren und andere alternative Antriebe auf unseren Straßen sorgen werden, holt Mercedes mit dem SL 63 AMG zum großen Schlag in Sachen Motorsound aus fossilen Treibstoffen aus: Der V8 im 525 PS starken Roadster grummelt, blubbert und brüllt so verführerisch, dass sich der Gasfuß verselbständigt und völlig instinktiv das Auspuffkonzert zu immer neuen Höhepunkten dirigiert.

Sound mit Suchtpotenzial

Die Symphonie in SL Moll, Opus 63 macht süchtig, und wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, klingt nichts mehr wie zuvor. Das V8-Dröhnen des mächtigen 6,3-Liter-Motors von AMG klingt im Vergleich zu anderen V8-Motoren etwa so, als würde man eine audiophile CD zuerst auf einer exklusiven High End-Dolby-Surround-Anlage hören (SL 63), und dann in einem tragbaren CD-Player aus den 80er Jahren mit ausgeleierten Lautsprechermembranen abspielen (andere V8).#w1#

Weitere Risiken und Nebenwirkungen der Droge SL 63 AMG: Der Preis von 145.240 Euro, der viele gefährdete Personen vor der Sucht SL 63 AMG bewahrt. Wer dennoch empfänglich für die Droge ist, könnte sich zum Schutz vor der Sucht einige Schönheitsfehler vor Augen halten. Zum Beispiel Plastik, wo man Aluminium erwartet und auf den ersten Blick auch vermutet - etwa an den Flanken des exklusiven Roadsters. Hier signalisieren Zierblenden, mit wem man es zu tun hat. "6.3 AMG" steht aber auf ordinärem Kunststoff. Das gilt auch für die Drehregler der Klimaanlage im Innern des SL.

Passanten: Überrascht oder begeistert

Doch das wär's auch schon im Großen und Ganzen mit abschreckenden Argumenten. Die würden höchstens den von einem Plastik-Helm behüteten Fahrradfahrer überzeugen, der an der Ampel neben mir in die Pedale tritt und beim Losfahr-Stakkato meines V8 die Nase rümpft. Das ist jedenfalls, was ich von ihm kurz im Innenspiegel wahrnehme, ehe er als strampelnder Punkt am Horizont verschwindet.

Wer dagegen genüsslich und angstfrei ohne Fahrradhelm das mobile Leben genießt oder als Fußgänger dem SL 63 AMG-Sound begegnet, lauscht eher überrascht bis begeistert. Das hängt ganz von der Vorkenntnis ab: Die meisten Passanten sind überrascht, dass es so etwas auf öffentlichen Straßen überhaupt gibt. Wenigen anderen steht ins Gesicht geschrieben, dass sie von der Existenz eines solchen Autos wussten, aber nie mit einer direkten Begegnung gerechnet haben.

Aber egal: Wer den SL 63 vorsichtig von der Ampel weg anfährt, zieht schon die Blicke auf sich. Wer dabei auch noch den Lautstärkeregler (sonst "Gaspedal" genannt) aufdreht (sonst "durchtritt"), tut dies natürlich umso mehr.

Von Airscarf bis Windschott

Was fällt am Suchtmittel SL 63 AMG noch auf? Außen sieht der potente SL sehr sportlich aus. Die Formel 1 lässt grüßen beim Anblick der pfeilförmigen Frontschürze oder des Diffusors am Heck. Insgesamt ein schlüssiger Mix mit den kantigen Zitaten der neuen Designsprache von Mercedes. Innen genießt der Fahrer edelstes Ambiente (Beispiel: Nappaleder und Carbon), höchsten Komfort (Beispiel: Airscarf" genannter warmer Luftstrom aus den Kopfstützen) und sportliches Fahrgefühl (Beispiel: Exakt einstellbare Sitze mit viel Seitenhalt).

Das elektrisch ausfahr- und versenkbare Windschott sorgt für nahezu Windstille bei offen gefahrenen 200 km/h und mehr. Nur der rechte Oberarm meldet erhöhten, aber immer noch erträglichen Luftzug im Cockpit. Wer dennoch von offen auf geschlossen wechseln möchte, tut dies per Knopfdruck in flotten 16 Sekunden.

Neue 7-Gang-Automatik

Schalten kann der AMG-Pilot über Paddel. Aber: Wer eine Weile den Automatik-Modus des neuen 7-Ganggetriebes genossen hat, kann auf die Paddelei getrost verzichten. Die Automatik namens "Speedshift MCT" arbeitet dank Multi-Kupplungs-Technologie wandlerfrei und somit ohne Schlupf oder Zugkraftunterbrechung und mit geringen Schaltpausen.

Titel-Bild zur News:

Die Schaltmodi reichen von "komfortbetont" bis "besonders sportlich" und schließlich "manuell". Je nach Modus wechselt die Automatik bei bestimmten Drehzahlen die Gangstufe. Und je sportlicher die Moduswahl, umso kürzer die Schaltzeiten, bis runter auf 100 Millisekunden. Wie gesagt: Selbst den Gang wählen muss im SL 63 AMG wahrlich nicht sein.

Außerdem erfreut sich der Pilot an dreistufigem ESP, an der elektronischen Dämpferregelung ABC ("Active Body Control") oder an der sogenannten Parameterlenkung: Die Servounterstützung hängt von der gefahrenen Geschwindigkeit ab.

Motto: Je schneller, desto straffer. Des weiteren bietet der SL 63 AMG Platz für großgewachsene Insassen und für reichlich Gepäck bzw. Mitbringsel von der Roadster-Tour: 339 Liter fasst der Kofferraum bei geschlossenem Dach, immerhin noch 235 Liter beim offen Fahren. Und der Clou: Auch wenn das Dach im Kofferraum verstaut ist, kommt man noch ungehindert an sein Gepäck - das ist bei solchen Klappdach-Konstruktionen eine rühmliche Ausnahme.

Suchtpotenzial schon im Stand

Was es noch zur Droge SL 63 AMG zu sagen gibt: Eine Nebenwirkung ist nicht so schlimm wie befürchtet. Im Testbetrieb mit reichlich Soundorgien aus den beiden Doppelendrohren im Wechsel mit gemütlichem Cruisen blieb der Durchschnittsverbrauch knapp unter 14 Liter. Für ein Auto mit diesen Fahrleistungen imponierend: 525 PS (386 kW), ein Drehmoment von 630 Nm bei 5.200/min., 0 auf 100 km/h in 4,6 s - all dies übrigens bei einem Hubraum von nicht 6,3, sondern exakt 6,208 Litern.

Bei 250 km/h ist Schluss mit dem Vortrieb. Macht überhaupt nichts, denn süchtig macht der stimmgewaltige SL 63 AMG schon im Stand kurz nach dem Anspringen. Das Leerlauf-Grummeln kündigt an, dass es gleich was auf die Ohren geben wird, die folgenden Klangerlebnissen halten weit mehr, als die ersten Geräusche bereits versprochen haben.

Risiken und Nebenwirkungen

Fazit: Die meisten Risiken und Nebenwirkungen des SL 63 AMG nimmt man gerne in Kauf. Ausnahme Kaufpreis. Der bewahrt die meisten von uns vor dieser Sucht. Wenige Glückliche dagegen können die 145.240 Euro nicht abschrecken, und dann versagen sie als Gegenmittel völlig.

Motorvision.de

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