• 04.11.2021 12:01

  • von Manuel Lehbrink

Project 356: Dieser Porsche-Klassiker soll in die Antarktis

Die Amateur-Rallyefahrerin Renée Brinkerhoff ist mit ihrem Porsche 356 für den guten Zweck bereits rund um die Welt gereist - Jetzt ist noch die Antarktis dran

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Wirklich autofreundlich ist die Antarktis eigentlich nicht. Und wohl kaum jemand würde auf die Idee kommen, den unwirtlichen Kontinent dazu mit einem seltenen Porsche 356 zu befahren. Anders gestrickt ist allem Anschein nach Renée Brinkerhoff, die nun mit ihrem Zuffenhausener Oldtimer zur letzten Etappe der "Project 356 World Rally Tour" aufbrechen möchte.

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Project 356 World Rally Tour: Antarktis Zoom

Nach fast zwei Jahren Verspätung ist es also endlich soweit. Ein extremes Unterfangen beginnt: Nachdem die Amateur-Rallyefahrerin ihren 65 Jahre alten Sportwagen mittlerweile bei Rennen auf sechs Kontinenten und in jedem Gelände auf die Probe gestellt hat, ist die Antarktis der letzte Kontinent ihrer Tour. Insgesamt 573 Kilometer liegen vor ihr und dem Team von Valkyrie Racing. Und um den rauen Bedingungen in der Antarktis standzuhalten, konnte der Sportwagen natürlich nicht im Serienzustand bleiben und wurde extra überarbeitet.

"Wir sind sehr stolz darauf, dass wir jede Langstreckenrallye bei der wir am Start waren, auch erfolgreich abgeschlossen haben. Unser eigentliches Ziel war es, unsere Rennaktivitäten weltweit sichtbar zu machen, um unsere Kampagne gegen den Kinderhandel wirksam zu unterstützen", sagt Brinkerhoff. "Wir wollten Grenzen überwinden und neue Rekorde aufstellen. Wir hoffen, mit unserer Antarktis-Expedition genau das zu erreichen."

Bei guten Wetterbedingungen werden Renée Brinkerhoff und das Team die Antarktis-Tour am 5. Dezember starten und noch vor Jahresende abschließen. Der präparierte Porsche 356 ist bereits mit dem Schiff von der Werkstatt in England unterwegs nach Südamerika. Nach seiner Ankunft in Chile wird er auf dem Luftweg in die extreme Umgebung von Union Glacier in der Antarktis transportiert. Ende November wird sich dann auch das Team in Chile treffen, um die lang erwartete und ursprünglich für Ende 2020 geplante Reise anzutreten.

Project 356 World Rally Tour: Antarktis

Project 356 World Rally Tour: Antarktis Zoom

Die mehr als 18-monatige Verschiebung ermöglichte eine komplette Überarbeitung des Sportwagens mit Sechszylinder-Saugmotor, um ihn für das arktische Terrain auszurüsten. Kieron Bradley, der selbst viel Expeditionserfahrung mitbringt, betreute den Umbau als leitender Fahrwerksentwicklungsingenieur. Bradley ersetzte die Hinterreifen des Fahrzeugs durch Raupenketten. Vorne montierte er ein Paar Skier zusammen mit einem speziellen Stütz- und Aufhängungssystem. Zur Stabilisierung der beiden hinteren Raupen kommt eine Einarmaufhängung mit Spiralfederung zum Einsatz.

Das Gesamtgewicht des Porsche 356 erhöhte sich durch die zusätzlichen Skier und Raupen. Zunächst war dies problematisch, denn ein niedriges Gewicht ist wichtig, damit das Fahrzeug auf dem Eis fahren kann und nicht einsinkt. Jedoch ist es gelungen, das Gewicht pro Quadratzoll, also den "Fußabdruck", auf unter vier Prozent des normalen Bodendrucks zu reduzieren.

"Der von uns entwickelte Ski muss 40 bis 50 Prozent der Arbeit übernehmen, indem er den Schnee verdichtet und präpariert, sodass die Raupeneinheit darauf fahren kann - wobei der untere Schild die Richtung vorgibt. So wird verhindert, dass die Raupen im lockeren Schnee versinken", erklärt Bradley. Eine weitere Herausforderung im Rahmen von Bradleys Arbeit bestand darin, dass die Skier und Raupen leicht abnehmbar sein müssen. Denn nur so können die Spike-Eisreifen montiert werden, ohne die Spureinstellung zu verändern. Für den Wechsel wird ein pneumatisches Hebekissen verwendet.


Fotostrecke: Project 356 World Rally Tour: Antarktis

Neben Renée Brinkerhoff wird auch der britische Forscher Jason de Carteret als Navigator im Porsche 356 an der Polartour teilnehmen. De Carteret hat bereits mehr als 50 Expeditionen geleitet, unter anderem zum Nord- und Südpol. Zusammen mit Kieron Bradley hat er zwei Weltrekorde für die schnellste Überlandfahrt zum Südpol in dem von ihnen entwickelten Thomson-Reuters-Polarfahrzeug aufgestellt.

"Wie so oft, wenn ich mit meinem 356 ein neues Terrain betrete, hatte ich bisher keine Gelegenheit, das Auto zu testen", sagt Brinkerhoff. "Der Test wird kommen, wenn wir am Union Glacier sind. Wir sind sehr zuversichtlich, dass sich das neue Design bestens bewähren wird. Wie mir Jason und Kieron gesagt haben, gibt es kein vergleichbares Gelände auf der Erde und daher keinen Ort, an dem ein Test durchgeführt werden kann."

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Brinkerhoff verfolgt mit ihrer "Project 356 World Rally Tour" das Anliegen, den Kinderhandel weltweit zu bekämpfen. Durch Valkyrie Gives, den philanthropischen Ableger des Rennteams, hat sie nahezu eine halbe Million US-Dollar gesammelt. 100 Prozent des Erlöses kommen den Opfern von Kinderhandel in aller Welt zugute. Mit dem Abschluss der Tour wird Brinkerhoff fast 20.000 Meilen über alle sieben Kontinente und Langstreckenrallyes wie Peking-to-Paris, East African Safari Classic Rally und La Carrera Panamericana gefahren sein.

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